Es "vettelt" wieder: Pole-Position in Bahrain!
Red Bull ist wieder da: Platz eins und drei im vierten Qualifying 2012 - Topfavorit Nico Rosberg Fünfter - Michael Schumacher schon in Q1 ausgeschieden
(Motorsport-Total.com) - Mit einer kleinen Überraschung endete das heutige Qualifying zum Grand Prix von Bahrain auf dem 5,412 Kilometer langen Kurs in der brennend heißen Sakhir-Wüste nahe Manama. Denn die Pole-Position sicherte sich nicht Topfavorit Nico Rosberg (Mercedes) und auch keiner der beiden McLaren-Piloten, sondern zum zweiten Mal nach 2010 Weltmeister Sebastian Vettel (Red Bull), der nun seinen ersten Sieg auf dem Bahrain International Circuit anvisiert.
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Lewis Hamilton, der erleichterte Polesetter Sebastian Vettel und Mark Webber Zoom Download
Bei 30 Grad Hitze und rundherum friedlicher Atmosphäre an der Rennstrecke verheimlichte Vettel nicht, dass ihm durch den ersten Sieg im Qualifying-Stallduell mit Mark Webber ein Stein vom Herzen fällt: "Yes, Baby, ich liebe euch! Diese Pole ist für euch", brüllte er am Boxenfunk. Denn: "Die Jungs haben extrem hart gearbeitet und sich das komplett verdient. Ich weiß nicht, wie die das machen, jede Nacht nur zwei, drei Stunden zu schlafen und dieses Tempo wochenlang durchzuhalten."
Ein Reifensatz reicht für die Pole
Der 24-Jährige hatte für Q3 im Gegensatz zu den McLaren-Piloten nur noch einen frischen Reifensatz zur Verfügung und katapultierte sich damit in 1:32.422 Minuten an die Spitze. "Ich wusste, dass die Runde da ist, und habe am Ende dann geschafft, sie rauszuholen", strahlt er. "Hier und da habe ich vorher kleine Fehler gemacht, aber ich wusste: Wenn im dritten Qualifying alles passt, dann sollten wir vielleicht ganz vorne ein Wörtchen mitreden. Es hat gereicht. Deswegen bin ich sehr glücklich."
Zunächst hatte Webber (1:32.637 Minuten) die Führung übernommen, aber der Australier wurde im Finish noch von seinem Teamkollegen unterboten. Auch Lewis Hamilton zog an ihm vorbei und wurde mit 0,108 Sekunden Rückstand Zweiter. "Ich bin sehr glücklich", sagt der McLaren-Pilot. "Wir haben versucht, das Setup über das Wochenende zu verbessern. In Q1 wurde es sogar noch knapp, aber zum Glück hat es gereicht. Die zwei Runden in Q3 waren großartig."
Nicht so bei Topfavorit Rosberg, der die Freien Trainings dominiert hatte. Der Schanghai-Sieger meisterte zwar den ersten Sektor genau wie Polesetter Vettel in 29,4 Sekunden, verlor aber im Mittelabschnitt etwas Boden und traf dann auch die Zielkurve nicht genau. Am Ende hatte er 0,399 Sekunden Rückstand. "Er muss enttäuscht sein", meint Experte Marc Surer. "Nico dominiert alle Freien Trainings, aber wenn's drauf ankommt nur Fünfter."
Rosberg nach Enttäuschung gelassen
"Das ist doch auch mal was Schönes, dass man über Platz fünf enttäuscht ist. Soweit ist es schon", kann Rosberg trotzdem lächeln. "Dennoch: Am Ende war ich einfach nicht schnell genug. Für morgen habe ich jedoch einen neuen Satz Reifen. Das war unsere Strategie: Ein bisschen Kompromiss im Qualifying eingehen, auch in Sachen Setup und so weiter, damit wir im Rennen dann schneller sind. Deswegen bin ich noch sehr guter Dinge."
Der Deutsche landete hinter Jenson Button (+0,289), der von McLaren zwar auf einen zweiten Run geschickt wurde, diesen aber wegen einer schlechten Balance abbrach. Dabei wurde die Strecke gegen Ende hin immer schneller. "Es ist immer hilfreich, wenn du ein bisschen später fahren kannst, besonders heute. Diese Strecke scheint da ziemlich sensibel zu sein", argumentiert Webber, sucht aber nicht nach Ausreden: "Seb ist eine gute Pole gefahren. Ich bin zufrieden damit, so weit vorne zu stehen."
Denn: "Wir sind ziemlich überrascht darüber, so konkurrenzfähig zu sein, noch dazu auf einer Strecke, die unsere Stärken nicht forciert", erklärt er und stimmt mit Vettel überein, der Motorenhersteller Renault ein "großes Lob" ausspricht: "Auf dieser Strecke sind PS gefragt." Auch im Rennen, für das er optimistisch ist: "Unsere Rennpace war ziemlich konstant. Ich bin zufrieden mit dem Auto und glaube, dass wir dazu in der Lage sein sollten, morgen zu gewinnen."
Vettel schreibt Rosberg noch nicht ab
Aber: "Nico war das ganze Wochenende sehr stark und die Lotus-Jungs haben auch eine gute Rennpace", sieht Vettel neben McLaren und Webber noch weitere Gegner. Romain Grosjean (Lotus) belegte zwar am Ende nur den siebten Platz, hatte aber lediglich 0,586 Sekunden Rückstand auf die Pole-Position und fuhr in Q1 mit 1:34.041 Minuten knapp hinter Webber die zweitbeste Zeit auf der härteren Pirelli-Reifenmischung (Medium).
Teamintern setzte sich Grosjean diesmal klar gegen Kimi Räikkönen durch, der als Elfter um 0,129 Sekunden am Top-10-Cut scheiterte. "Wir hatten die Pace", seufzt der "Iceman". "Wir haben nur etwas riskiert, um einen Satz frischer Reifen aufzusparen. Wir hätten es ohne Probleme geschafft, hielten es aber für wichtiger, die Pneus zu haben. Schauen wir mal, was morgen passiert. Hier wird es schwieriger als in China. Da sitzen wir aber alle im selben Boot."
Ricciardo mitten in der Weltspitze
Die große Sensation der Session war zweifellos Daniel Ricciardo: Während sein Toro-Rosso-Teamkollege Jean-Eric Vergne als 19. schon in Q1 die Segel streichen musste und zu allem Überdruss auch noch die Anweisung eines FIA-Mitarbeiters ignorierte, statt in die eigene Box zur technischen Kontrolle zu kommen, belegte der junge Australier in den drei Qualifyings die Plätze zwei (mit weichen Reifen), neun und sechs und steht damit in der dritten Startreihe.
"Ich bin hochzufrieden, es war schon sehr cool", jubelt er. "Wir hatten einen guten Morgen. Wir dachten uns, dass wir eine Chance auf Q3 haben könnten, wenn wir alles auf die Reihe kriegen würden. Das ist uns gelungen. Mehr noch: Wir haben sogar den sechsten Platz erreicht. Ich bin sehr zufrieden mit dem Team und auch mit meiner persönlichen Leistung. Während der Qualifikation haben wir einige Veränderungen vorgenommen, die sich bezahlt machen. Ich freue mich sehr."
Die Startplätze acht bis zehn sicherten sich Sergio Perez (Sauber/+0,972), Fernando Alonso (Ferrari) und Paul di Resta (Force India), wobei Alonso und di Resta nicht mehr auf die Strecke gingen, um Reifen zu sparen. Die Force-India-Boliden wurden von der TV-Regie übrigens auffällig gemieden - möglicherweise eine Retourkutsche von Formel-1-Geschäftsführer Bernie Ecclestone dafür, dass das Team gestern das zweite Freie Training ausgelassen hat.
Keine perfekte Runde von Hülkenberg
Nico Hülkenberg wurde 13., hätte weniger als zwei Zehntelsekunden finden müssen, um ins Top-10-Finale einzuziehen. "Ich bin eine schnelle Runde gefahren, die nicht ganz gereicht hat, obwohl sie bis zum letzten Sektor gut war. Dann habe ich ein bisschen Übersteuern gekriegt und etwas Zeit verloren, sonst wäre es deutlich besser gewesen", glaubt der Deutsche und lässt die verpassten 90 Trainingsminuten von gestern nicht als Ausrede gelten.
Überraschungsmann in Q2 war Caterham-Pilot Heikki Kovalainen, der sensationell die erste Runde überstand, in der zweiten aber logischerweise keine große Rolle mehr spielte. "Heikki fuhr mit gebrauchten Medium-Reifen, um die weichen für das Rennen zu sparen. Alle Autos vor uns haben mehr Reifensätze verwendet als wir", weiß Cheftechniker Mike Gascoyne. Besonders befriedigend: Kovalainen verdrängte in letzter Minute einen gewissen Michael Schumacher aus den Top 17.
Der Mercedes-Pilot hatte keine andere Wahl, als sich das tatenlos von der Box aus anzuschauen, denn: "Bei uns hat zum Schluss leider der Heckflügel nicht mehr funktioniert. Das war auch der Grund, warum wir in der Box festhingen und nicht mehr rauskamen", ärgert er sich. "Das Element hat auf meiner zweiten Runde, die eigentlich okay gewesen wäre, nicht mehr funktioniert. Ich verlor auf dem letzten Stück eine halbe Sekunde. Damit war die Runde leider hin."
Probleme bei Maldonado
Schumacher rückt vom 18. auf den 17. Startplatz nach vorne, weil Pastor Maldonado (Williams) wegen eines Getriebewechsels vom 17. auf den 22. Rang nach hinten wandert. Der Venezolaner verlor heute sein Stallduell gegen Bruno Senna (15.), hatte allerdings mit KERS-Problemen zu kämpfen. Problemlos lief es hingegen bei Felipe Massa, der zwischenzeitlich vor Alonso lag, dann aber doch noch auf Platz 14 zurückfiel.
Alonso hatte eigentlich schon angekündigt, nicht mehr rausfahren zu wollen, um Reifen zu sparen - es sei ihm egal, ob er Zehnter oder Zwölfter wird, aber er sei nicht begeistert davon, drei weitere Runden auf die Reifen zu fahren, funkte er. Als sich jedoch Massa vor ihn schob und dessen Renningenieur Rob Smedley am Kommandostand befreit die Faust ballte, ging Alonso doch noch einmal raus - und schenkte seinem Teamkollegen eine halbe Sekunde ein.
Glock diesmal von Pic geschlagen
Die 107-Prozent-Hürde war diesmal für keinen der Teilnehmer eine Gefahr, auch wenn Timo Glock (Marussia) einen zweiten Run benötigte, um diese sicher zu nehmen. Der Deutsche erlebte überhaupt kein perfektes Qualifying, war diesmal sogar um gut zwei Zehntelsekunden langsamer als sein Rookie-Stallgefährte Charles Pic. Dazwischen im Marussia-Sandwich auf dem 22. Platz der Ergebnisliste: Pedro de la Rosa auf HRT.
Polesetter Vettel ist nach einem "Qualifying nach meinem Geschmack" bester Dinge für das vierte Saisonrennen, in dem es nach Button, Alonso und Rosberg den vierten Sieger geben könnte. Von den Reifen her sollte er kein großes Handicap haben: "Er hat einen Satz von den härteren Reifen mehr angefahren. Der hat aber nur eine schnelle Runde drauf", winkt Red-Bull-Motorsportkonsulent Helmut Marko ab. "Ich glaube nicht, dass das ein entscheidender Nachteil sein wird."
Pirelli empfiehlt übrigens eine Dreistoppstrategie mit einem kurzen ersten Stint, um die weichen Reifen schnell loszuwerden. Bei Red Bull scheint man ähnlich zu kalkulieren: "Nachdem wir nur sehr schwierig berechnen können, wie der Verschleiß sein wird, würde ich mit drei Stopps rechnen - wenn es gut läuft, dann mit zwei", sagt Marko. Aufgrund der zu erwartenden Hitze könnten die Reifen auf jeden Fall zum Entscheidungskriterium werden.