Red Bull dementiert Verschwörungstheorien
Christian Horner ist erstaunt, dass Sebastian Vettel überhaupt die Zielflagge gesehen hat, und verweist alle Verschwörungstheorien ins Reich der Fabeln
(Motorsport-Total.com) - In der 30. Runde des Grand Prix von Brasilien ging Sebastian Vettel bei Start und Ziel demonstrativ vom Gas, um Mark Webber vorbeizulassen. Doch was offiziell eine Folge von Getriebeproblemen war, stempelten Verschwörungstheoretiker im Internet prompt als orchestrierten Positionswechsel ab, schließlich kämpfte Webber heute noch um den zweiten Platz in der Fahrer-WM.
Trotz des Sieges reichte es am Ende nicht, um Jenson Button noch zu überholen, aber der Australier verbesserte sich tatsächlich noch vom vierten auf den dritten WM-Rang - vorbei an Fernando Alonso. Aber: "Ich garantiere, dass es ein echtes Problem war", stellt Teamchef Christian Horner klar. "Jeder, der unseren Boxenfunk gehört oder die Daten gesehen hat, weiß, dass das nicht stimmt. Wie hat er es nur bis zum Ende geschafft? Mir ist das ein Rätsel. Zum Glück hat es geklappt."
Zielankunft war sehr unwahrscheinlich
Bei Red Bull ist man vielmehr verwundert, dass Vettel überhaupt 71 Runden überstanden hat: "Zuerst dachten wir, dass er es vielleicht bis zur Rennhälfte schafft", gesteht Horner und erinnert sich: "Also schauten wir es uns ein paar Runden an. Dabei erkannten wir ein beständiges Muster. Dann haben wir Sebastian informiert und haben das Problem gemanagt, indem er seinen Fahrstil angepasst hat. Zu dem Zeitpunkt lag er souverän in Führung."
"Sebastian hat uns angefunkt und gesagt, dass er Mark durchlässt", berichtet der Brite. Das war für den weiteren Rennverlauf hilfreich: "So konnte sich Mark auf sein Rennen konzentrieren und Sebastian auf das Managen des Problems. Obwohl er die meisten Kurven einen Gang höher fahren und den Motor zurückdrehen musste, war seine Pace sehr stark. Von da an haben wir den Abstand nach hinten kontrolliert, zuerst auf Fernando, dann auf Jenson."
Doch Vettels Ehrgeiz war auch nach der WM-Entscheidung noch so groß, dass er den Grand Prix lieber gewonnen hätte. Bevor er sich schlussendlich bereit erklärte, seinen Teamkollegen durchzulassen, musste er mehrere Male von seinem Renningenieur Guillaume Rocquelin aufgefordert werden, das Getriebe zu schonen und früher zu schalten. Erst der Funkspruch, es sei "ein wirklich ernstes Problem", konnte ihn letztendlich einbremsen.
Heiß laufender Boxenfunk
Auch ein defekter Sensor, der nur falsche Daten ausspuckt, konnte früh ausgeschlossen werden: "Beim Boxenstopp haben wir Öl gesehen", erklärt Horner und geht ins Detail: "Wir glauben, dass kein Getriebeöl mehr übrig ist, denn in den letzten fünf Runden war es absolut am Limit. Wir haben auf die Daten gestarrt, ob es bis zum Ende reicht. Es war eine sehr reife Fahrt mit guter Kommunikation von seinem Ingenieursteam, um ihm bis zum Ende zu helfen."
Apropos Kommunikation: Als sich Vettel damit abgefunden hatte, heute nur Zweiter zu werden, hatte er die Muße, den Kommandostand daran zu erinnern, dass sich Ayrton Senna 1991 ebenfalls mit massiven Getriebeproblemen zu einem einzigartigen Sieg geschleppt hat. Horner: "Es war eine unserer dominantesten Vorstellungen. Wir haben versucht, Sebastian einzubremsen, aber er hatte noch Kapazitäten frei, um sich über Ayrton Senna 1991 zu unterhalten!"
Dennoch bedauert er die technischen Probleme: "Schade, denn es wäre großartig gewesen, einen echten Fight zwischen den beiden zu sehen, aber auch so ist es ein Doppelsieg. Das belegt die Stärke des Teams, wenn wir das trotz eines Problems schaffen. Wir haben vor ein paar Jahren in Montreal gelernt, wie das geht, und heute haben wir diese Lektion angewendet", lobt er die Reaktion der Ingenieure in Sao Paulo.