Kein Verständnis für Massas Durchfahrstrafe
Felipe Massa und Lewis Hamilton beurteilen die Kollision in Noida unterschiedlich, ebenso wie die Experten - Eddie Jordan sieht Massas Ferrari-Cockpit in Gefahr
(Motorsport-Total.com) - Dass Felipe Massa heute beim Grand Prix von Indien für seine Kollision mit Lewis Hamilton mit einer Durchfahrstrafe belegt wurde, können viele Experten nicht verstehen. "Ich habe da keine böse Absicht gesehen", findet zum Beispiel Ex-Formel-1-Pilot David Coulthard. "Für mich war das ein normaler Rennunfall. Manchmal passiert so etwas halt."
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Felipe Massa findet nicht, dass er sich für die Kollision schuldig fühlen muss Zoom Download
Dass Massa selbst nicht nachvollziehen kann, wofür er bestraft wurde, liegt in der Natur der Sache: "Ich habe später gebremst als er und war vor ihm, noch dazu auf der griffigen Seite. Dann habe ich eingelenkt und ihn links nicht gesehen. Er ist hinten und hat mein Hinterrad berührt", schildert der Ferrari-Pilot die Situation. "Ehrlich gesagt verstehe ich nicht, warum ich dafür eine Strafe bekommen habe. Das ist wirklich nicht verständlich."
Massa ist sich keiner Schuld bewusst
"Ich habe nichts falsch gemacht. Als ich gesehen habe, dass er sein Auto neben meins stellt, was soll ich da noch machen?", regt sich Massa über die Entscheidung der von Johnny Herbert angeführten Rennkommissare auf. "Soll ich ihn einfach vorbeilassen? Sicher nicht! Ich habe später gebremst, er war auf der schmutzigen Seite und er hat mich von hinten getroffen - nicht seitlich oder Rad an Rad. Wenn wir Rad an Rad gewesen wären, hätte ich nicht versucht, die Tür zuzumachen."
Für Verwunderung sorgen allerdings Massas Kopfbewegungen vor der Kollision, die darauf schließen lassen, dass er den McLaren sehr wohl gesehen hat. "Massa fährt innen und schaut rüber. Er hat ihn gesehen und zieht trotzdem rein", analysiert 'Motorsport-Total.com'-Experte Marc Surer. "Meiner Meinung nach hat er es drauf angelegt, dass es kracht. Er kann natürlich versuchen, mitzufahren um die Kurve, aber er kann nicht einfach reinziehen."
Auch Hamilton stöhnt: "Ich habe versucht, ihn zu überholen. Ich wollte noch zurückstecken, denn es sah nicht so aus, als würde er mir Platz lassen, aber wir sind kollidiert. Ich hatte ehrlich gesagt nicht das Gefühl, einen Fehler gemacht zu haben. Er hat mir keinen Platz gelassen. Ich würde sagen, es war ein Rennunfall." Der frühere Formel-1-Teamchef Eddie Jordan stimmt grundsätzlich zu: "Es war eng, es war halt Racing."
Jordan: Massas Cockpit in Gefahr?
Aber: "Konsens ist schon, dass es diesmal Massas Fehler war", meint der 'BBC'-Experte. "Massa hatte ein Wochenende zum Vergessen. Er muss aufpassen, denn es gibt viele junge Talente da draußen. Er hat zwar einen Vertrag für nächstes Jahr, aber seine Zukunft bei Ferrari ist nicht absolut garantiert. In der Formel 1 kannst du dir nie sicher sein. Er hat das Auto im Qualifying beschädigt und genau den gleichen Fehler im Rennen noch einmal gemacht."
Auch Hamilton findet grundsätzlich, dass es "nicht viel zu sagen" gibt. Dabei hatte er sich vor dem Rennen noch bemüht und einen ersten Schritt gemacht: "Wir hatten vor dem Rennen die Schweigeminute (für Dan Wheldon und Marco Simoncelli; Anm. d. Red.) und ich stand neben Felipe. Er hat lange nicht mit mir geredet, aber ich bin auf ihn zugegangen, habe meinen Arm um ihn gelegt und ihm viel Glück für das Rennen gewünscht."
Versöhnungsversuch vor dem Rennen?
Massa hat die Szene ein bisschen anders in Erinnerung: "Nein, er hat gar nichts versucht", winkt er mit säuerlicher Miene ab. "Als ich bei einem anderen Rennen versucht habe, mit ihm zu reden, ist er einfach an mir vorbeigegangen - da hat er mir nicht einmal ins Gesicht geschaut! Nach der Schweigeminute stand er heute neben mir, das stimmt. Da hat er mir ein gutes Rennen gewünscht. Was will er damit versucht haben? Das ist doch kein Gespräch!"
Ein Problem sieht er "vielleicht für ihn", aber er selbst empfindet sich nicht als Hamilton-Magnet: "Bei den ganzen Zwischenfällen hat er mein Auto berührt", stellt Massa klar. "Auch wenn es ein anderer Fahrer gewesen wäre, hätte ich mich genauso verhalten. Auf jeder anderen Strecke könnte er wahrscheinlich später bremsen als ich und ich könnte nichts dagegen machen. In dem Fall war ich aber vor ihm und er hat mich hinten berührt. Das hat nichts mit Lewis zu tun. Er hat mich berührt."
Das Gespräch mit den Rennkommissaren konnte aus seiner Sicht übrigens nicht für Klarheit sorgen: "Sie sagen, dass ich nach rechts gelenkt habe, als Lewis neben mir war. Stimmt, denn ich wollte auf die griffige Linie", erinnert sich der Ferrari-Pilot und vermutet, dass die vier Herren nicht fest entschlossen waren, ihn zu bestrafen, denn: "Das ist die einzige Erklärung, die sie mir gegeben haben. Sie waren sich ihrer Sache auch nicht ganz sicher."