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Vettel-Sieg fixiert Konstrukteurs-WM für Red Bull
Auch als Doppelweltmeister bleibt Sebastian Vettel Extraklasse: Sieg in Südkorea vor Lewis Hamilton, der sich gegen Mark Webber behaupten kann
(Motorsport-Total.com) - Nur eine Woche hat Red Bull warten müssen, um nach der Fahrer- auch die Konstrukteurs-WM zu gewinnen: Mit den Plätzen eins und drei beim (trockenen) Grand Prix von Südkorea schaffte der österreichisch-britische Rennstall die erfolgreiche Titelverteidigung. Der Sieg ging an Sebastian Vettel, der eine überraschend dominante Performance ablieferte.
"Ich bin ungeheuer stolz auf das Team", freut sich Weltmeister-Teamchef Christian Horner. "Sie haben in diesem Jahr absolut phänomenale Arbeit geleistet. Dieser zweite Titel ist etwas ganz Besonderes, worauf alle Teammitglieder sehr stolz sein dürfen - auch Herr Mateschitz, der vor erst sieben Jahren die Vision hatte, mit einem eigenen Team in der Formel 1 an den Start zu gehen. Ich hoffe, er konnte diesen Augenblick zu Hause in Österreich genießen."
Wieder unglücklicher Start von Button
Doch zum Renngeschehen: Nachdem Jenson Button (McLaren) wie schon in Suzuka gut weggekommen war, seinen Start aber nicht nutzen konnte, war Vettel kaltschnäuzig genug, seinen Windschatten nach der langen Gerade zu nutzen und an Polesetter Lewis Hamilton (McLaren) vorbei in Führung zu gehen. Von da an lieferte der alte und neue Weltmeister eine makellose Performance ab, die er mit seinem zehnten Sieg im 16. Saisonrennen krönte.
"Jetzt ist Korea vergangenen Jahres vergessen", erinnert sich Red-Bull-Motorsportkonsulent Helmut Marko an die Pleite von 2010, als es für sein Team noch einen Doppelausfall gesetzt hatte. Nun liegt Red Bull drei Rennen vor Schluss uneinholbar mit 140 Punkten Vorsprung in Führung. "Jetzt auch den Konstrukteurstitel in der Tasche zu haben, ist fantastisch", strahlt Vettel und ergänzt: "Ich bin heute sehr, sehr glücklich!"
"Schön zu sehen, dass das ganze Team weiter pusht. Die Vorbereitung war nicht ideal, denn nach dem letzten Rennen waren die meisten von uns - verdienterweise - verkatert", freut sich der 24-Jährige eine Woche nach der Weltmeister-Party von Suzuka über den nächsten Titel. "Ich bin wirklich ganz aus dem Häuschen, überglücklich, denn ich habe gut geschlafen und hatte mir eine Chance ausgerechnet, aber dass es so gut wird, hätten wir nicht gedacht."
Entscheidung in der ersten Runde
Den Grundstein für den heutigen Triumph legte er gleich in der ersten Runde, als er vom zweiten Startplatz aus in Führung ging. "Der Start an sich war gar nicht so gut, da hätte er ja fast einen Platz gegen Button verloren", analysiert Force-India-Testfahrer Nico Hülkenberg, TV-Experte bei unseren Kollegen von 'Sky'. "Aber dann hat er Windschatten von Hamilton, setzt sich vor Kurve vier daneben und geht vorbei."
Von da an machte Vettel alles richtig: Als in der dritten Runde DRS freigegeben wurde, hatte er bereits mehr als eine Sekunde Vorsprung, und auch nach dem Safety-Car-Restart in Runde 21 ließ er nichts anbrennen. "Das Safety-Car", grinst er, "habe ich nicht unbedingt gebraucht, denn da ist mir Lewis wieder näher gekommen, aber vor dem zweiten Boxenstopp konnte ich wieder einen Vorsprung herausfahren. Ich konnte pushen, wann ich musste."
Machtdemonstration am Ende
In der 55. und letzten Runde drehte der tragische Held des Vorjahres (in Führung liegend Motorschaden erlitten) auch noch die schnellste Runde im Rennen (1:39.605 Minuten) - fast so, als wolle er seine Dominanz demonstrieren. "Sebastian war das ganze Wochenende schnell und im Rennen war es schlichtweg unmöglich, ihn anzugreifen", applaudiert Hamilton. Auf der Ziellinie fehlten dem geschlagenen McLaren-Piloten zwölf Sekunden.
Dabei brauchte Vettel noch nicht einmal alle Soft-Pirellis, die er sich gestern aufgespart hatte: "Wir waren viel seltener an der Box als gedacht", sagt er. "Wir hatten viel mehr Verschleiß erwartet, aber der kam nicht. Irgendwann realisierst du dann, dass du nicht dreimal alle zehn Runden stoppen musst. Vor allem gegen Ende der Stints auf den weichen Reifen konnte ich auf Lewis Zeit gutmachen. Am Ende hatte ich genug Luft, das Rennen zu kontrollieren."
Spannend ging es nur hinter dem Weltmeister und Seriensieger zu, denn Hamilton, Mark Webber (Red Bull) und Geheimfavorit Jenson Button (McLaren) lagen nach knapp 1:40 Stunden innerhalb von weniger als drei Sekunden. Vor allem zwischen Hamilton und Webber ging es im Finish heiß her: "Mark ist gut gefahren", erklärt Hamilton. "Meine Reifen haben wegen Untersteuerns dauernd blockiert, aber verglichen mit zuletzt war es trotzdem ein gutes Wochenende."
Toller Fight Hamilton vs. Webber
Zugespitzt hatte sich das Duell der beiden ab dem zweiten Boxenstopp in der 34. Runde, als Webber zunächst schon an Hamilton vorbei war, der Brite aber mit Kämpferherz kontern konnte. Von da an war es stets knapp. "Ich bin enttäuscht, nicht Zweiter geworden zu sein", ärgert sich Webber. "Beim ersten Stopp haben wir gute Arbeit geleistet, aber beim zweiten Stopp haben wir genau das Falsche gemacht, nämlich in der gleichen Runde gestoppt. Schade, denn die Pace war heute gut."
Hinter den beiden lag Button auf der Lauer, aber man wartete vergebens auf eine Attacke des "Reifenflüsterers", der seine schonende Fahrweise heute nicht so gut ausspielen konnte wie vergangenen Sonntag in Suzuka. Für den Weltmeister von 2009 hatte das Rennen schon schlecht angefangen, als er in der ersten Runde nach einer misslungenen Attacke gegen Felipe Massa (Ferrari) selbst von Webber überholt wurde.
Ferrari: Potenzial nicht genutzt
Apropos Ferrari: Massa und Fernando Alonso verloren wegen abbauender Rundenzeiten am Ende ihres langen ersten Stints zwei Positionen gegen Button und Nico Rosberg (Mercedes). Ansonsten lag Alonso über weite Strecken in Massas Windschatten - erst mit einem langen zweiten Stint konnte er sich seinen Teamkollegen schnappen, doch mehr als Platz fünf war nicht mehr drin. "Ich gebe auf", meinte er in der vorletzten Runde über das Fernduell gegen Button.
Solche Probleme hätte Rosberg wohl gerne gehabt, denn der Mercedes-Pilot konnte sich nur kurz vor den Ferraris halten. Unterm Strich handelte er sich fast eine Minute Rückstand ein und verlor auch noch einen Platz gegen Jaime Alguersuari. Der fuhr seinerseits eines seiner besten Formel-1-Rennen, lag zwischendurch an dritter Stelle und holte in etwas mehr als einer Runde fast fünf Sekunden Vorsprung auf Rosberg heraus!
Im Kampf um den sechsten Platz in der Konstrukteurs-WM machte Toro Rosso damit Boden gut, denn Sebastien Buemi steuerte als Neunter ebenfalls zwei Punkte bei, während Force India nur einen Zähler (Paul di Resta, 2,6 Sekunden vor Adrian Sutil) holte und Sauber (Kamui Kobayashi 0,3 Sekunden vor Sergio Perez 15.) leer ausging. Auch Williams und Renault konnten leistungsmäßig keine Akzente setzen.
Petrow schießt Schumacher ab
Sehr wohl aber durch einen Zwischenfall, denn Witali Petrow (Renault) war in Runde 16 so sehr in ein Rad-an-Rad-Duell vertieft, dass er sich verbremste und Michael Schumacher (Mercedes) ins Heck rauschte - der Auslöser der einzigen Safety-Car-Phase. Alonso, der außen überholen wollte, überstand die Situation mit einem blauen Auge, wäre neben der Strecke um ein Haar von Petrows austrudelndem Renault gerammt worden.
"Ich habe den Unfall eigentlich gar nicht gesehen, sondern erst davon erfahren, als ich verkehrtherum da stand", schildert Schumacher. Schulzuweisungen verteilt er nicht: "Solche Rennsituationen passieren halt. Witali war bis jetzt ein super Sportsmann und das ist er auch nach wie vor. Wir sind alle Menschen und machen halt Fehler. Unsere ersten zwei Zusammenkünfte waren eher mir zuzuschreiben, denke ich. Diese Begegnung geht auf seine Kappe."
Wenige, dafür aber sehenswerte Duelle
Für die besten Zweikämpfe des südkoreanischen Nachmittags sorgten Button und Rosberg, als sie in der Boxengasse nebeneinander fuhren, Rosberg dank der guten Arbeit seiner Crew erst vorne lag, Button dann aber schlitzohrig kontern konnte, beziehungsweise Hamilton und Webber, als der Red-Bull-Pilot in der 49. Runde schon am McLaren vorbei war, in der DRS-Zone aber völlig chancenlos war, seine Position zu verteidigen.
Ein kleines Highlight setzte Heikki Kovalainen (Lotus) mit Platz 14 vor den Sauber-Piloten - sein sensationeller Start blieb kein Strohfeuer. Timo Glock (18./Marussia-Virgin) gewann sein Stallduell wieder klar, ebenso wie Daniel Ricciardo (HRT), der diesmal nicht nur seinen Teamkollegen Vitantonio Liuzzi schlagen konnte, sondern auch Jerome D'Ambrosio (Marussia-Virgin). Pastor Maldonado (Williams) schied aus, nachdem er zuvor schon eine Durchfahrstrafe erhalten hatte.
Weiter geht es in zwei Wochen mit der Grand-Prix-Premiere in Noida (Indien), doch in den beiden Weltmeisterschaften ist drei Rennen vor Schluss längst alles klar: Bei den Fahrern führt Vettel (349 Punkte) vor Button (222), Alonso (212), Webber (209) und Hamilton (196), während der alte und neue Champion Red Bull (558) bei den Konstrukteuren vor McLaren (418), Ferrari (310) und Mercedes (127) an der Spitze liegt.