"Schumi" glänzt bei souveränem Vettel-Sieg in Monza
Sebastian Vettel triumphiert beim Monza-Event vor Jenson Button und Fernando Alonso - Irres Duell zwischen Michael Schumacher und Lewis Hamilton
(Motorsport-Total.com) - "Das Auto war einfach toll", sagt Sebastian Vettel (Red Bull) nach dem Großen Preis von Italien. In der Tat: Der amtierende Weltmeister legte beim letzten Formel-1-Rennen in der Europa-Saison eine klasse Geschwindigkeit vor und siegte nach 53 spannenden Runden souverän vor Jenson Button (McLaren) und Fernando Alonso (Ferrari). Die Titelverteidigung ist Vettel damit fast schon sicher.
© xpb.cc
Sebastian Vettel jubelt - und verdrückt auf dem Podest ein kleines Freudentränchen Zoom Download
Der junge Deutsche fuhr in Monza bereits zum zweiten Mal als Sieger über die Ziellinie - 2008 hatte Vettel im Königlichen Park erstmals einen Formel-1-Grand-Prix auf Platz eins beschlossen. 2011 durfte sich der WM-Spitzenreiter über den achten Saisonerfolg und seinen 18. Rennsieg in der Königsklasse freuen. Bei sommerlichen Temperaturen wussten aber auch andere zu begeistern.
Die spektakulärsten Szenen des 13. Saisonlaufs lieferten Michael Schumacher (Mercedes) und Lewis Hamilton (McLaren), die sich in der ersten Hälfte des Rennens regelrecht belagerten. Hamilton hetzte Schumacher vor sich her, konnte aber trotz zweier Überholzonen nicht am Routinier vorbeiziehen. "Schumi" wehrte sich vehement - und musste sich erst nach vielen Versuchen geschlagen geben.
Hamilton und Schumacher in Bestform
Das sehenswerte Duell zwischen den beiden Ex-Champions war aber nicht der einzige "Aufreger" im Großen Preis von Italien, denn schon am Start ging es mächtig zur Sache. Schuld daran war vor allem das Fahrzeug von Vitantonio Liuzzi (HRT), das über den Rasen angeschossen kam und gleich in der ersten Kurve Witali Petrow (Renault) und Nico Rosberg (Mercedes) abräumte - viele Trümmer flogen.
Bei diesem heftigen Unfall blieben die Beteiligten zum Glück unverletzt, doch speziell für Rosberg war der frühe Ausfall sehr bitter: Der junge Deutsche hatte als einziger Pilot aus den Top 10 auf härtere Reifen gesetzt und wäre womöglich ins Rampenlicht gefahren. Sein Teamkollege Schumacher sprang aber nur zu gerne in die Bresche und sorgte mit einem sensationellen Start für großes Aufsehen.
Der siebenmalige Weltmeister zeigte einmal mehr einen Blitzstart und nutzte die Konfusion auf den ersten Metern zu seinen Gunsten. Schumacher kehrte als Vierter aus der ersten Kurve zurück und sortierte sich hinter Alonso, Vettel und Hamilton ein. Auch hier hatte es Positionverschiebungen gegeben, denn Alonso entschied den Dreikampf um die Führung auf der Bremse klar für sich.
Vettel greift nach Platz eins
Danach war erst einmal Schluss mit Racing, denn aufgrund der Kollision in Kurve eins schickte die Rennleitung das Safety-Car auf die Strecke. Dadurch kamen die Protagonisten erst einmal zur Ruhe, ehe in Runde vier wieder freies Fahren angesagt war. Alonso und Vettel zogen sofort davon, Hamilton und Schumacher folgten dahinter. Und dann schienen sich die Ereignisse regelrecht zu überschlagen.
Erst zog Schumacher noch auf der Zielgeraden an Hamilton vorbei, dann griff auch Vettel an. Der WM-Spitzenreiter setzte sich in der Curva Grande außen (!) neben Alonso und war mit seinen linken Reifen sogar kurz im Gras - einschüchtern ließ sich Vettel aber nicht, blieb auf dem Gas und sicherte sich so die Innenseite in der Variante della Roggia. Dort gab Alonso kleinbei - und Vettel war vorne!
Während der Red-Bull-Fahrer den Grundstein für seinen späteren Sieg legte, begann für Mark Webber (Red Bull) der Anfang vom Ende: Der Australier krachte in der ersten Schikane leicht in das Heck von Felipa Massa (Ferrari) und rasierte sich den Frontflügel ab. Dies zwang Massa in einen Dreher, Webber konnte weiterfahren. Weit kam der Red-Bull-Pilot nicht: In der Parabolica flog er ab.
Webber versenkt den Red Bull
Augenscheinlich hatte sich ein Teil des Frontflügels unter dem Auto verklemmt, sodass Webber vor der berühmten Kurve zwar bremsen, aber nicht gut genug verzögern konnte. In den Reifenstapeln war Endstation - übrigens erstmals in dieser Saison für einen der beiden RB7. Zur Ruhe kamen die vielen Fans am Autodromo Nazionale di Monza trotzdem nicht, denn nun entbrannte vorne ein wildes Duell.
Hamilton wollte Schumacher umgehend zurücküberholen, was immer wieder fehlschlug: Schumacher warf dem Briten die Türe jedes Mal aufs Neue vor der Nase zu und positionierte seinen Mercedes so geschickt, dass Hamilton stets zurückstecken musste. Der McLaren-Pilot schien auf den Geraden zudem in den Begrenzer zu geraten, sodass Schumacher in diesem Bereich leichte Vorteile hatte.
In Runde 16 bekam dieser aufregende Zweikampf eine ganz neue Dimension, denn Button hatte mittlerweile zu den Streithähnen aufgeschlossen. Dann die Sensation: Der Brite schnappte sich seinen Landsmann Hamilton in der Curva Grande, vor der Ascari-Schikane ging er außen (!) auch an Schumacher vorbei! Zwei auf einen Streich - und dann begann der Reigen der ersten Boxenstopps.
Die Reihenfolge kristallisiert sich heraus
Nach und nach kamen die Piloten zum Service herein und die Positionen an der Spitze kristallisierten sich immer klarer heraus, blieben aber zunächst bestehen. Schumacher kehrte nach seinem Stopp vor Hamilton zurück auf die Strecke und das Spielchen begann erneut. In Runde 27 war aber Schluss: In der Ascari-Schikane ging Hamilton vorbei und setzte sich sofort ab. Schumacher war geschlagen.
Nach der zweiten Boxenstopp-Serie fiel vorne dann die Entscheidung um den Podestplatz: Button hatte in den zurückliegenden Runden sukzessive aufgeholt und sich im Windschatten positioniert. In Runde 36 verlor Alonso schließlich auch den zweiten Rang an einen Konkurrenten, behielt aber den dritten Platz. Auf dieser Position sollte der Ferrari-Pilot letztendlich auch die Zielflagge sehen.
Lotus gewinnt den "Petit Prix" der Neuen
Mehr als Platz sechs hinter Vettel, Button, Alonso, Hamilton und Schumacher war aber nicht drin für den zweiten Ferrari-Fahrer, der unterm Strich aber klar vor Jaime Alguersuari (Toro Rosso), Paul di Resta (Force India) sowie Senna und Buemi seine Runden drehte. Pastor Maldonado und Rubens Barrichello (beide Williams) profitierten von zahlreichen Ausfällen, kamen aber nicht in die Punkte.
Eine recht ordentliche Leistung zeigte das Lotus-Team um Heikki Kovalainen (13.) und Jarno Trulli (14.), indem es das Rennen der neuen Rennställe für sich entschied. Timo Glock (Marussia-Virgin) beschloss das Klassement als 15. Unter den Ausfällen befand sich auch Adrian Sutil (Force India), der seinen Rennwagen frühzeitig abstellen musste. Technische Defekte waren hierbei wohl der Grund.
Einen rabenschwarzen Tag erlebte das Sauber-Team. Innerhalb von zehn Runden mussten Kamui Kobayashi und Sergio Perez die Segel streichen. Wie ein Uhrwerk lief dagegen der RB7 von Vettel an der Spitze des Feldes. Runde um Runde markierte der Deutsche neue Bestzeiten, ließ sich auch von den Überrundungen nicht aus dem Rhythmus bringen und kam nach 80 Minuten als Sieger ins Ziel.
Red Bull dominiert die Formel-1-Saison
Der Jubel der Fans war groß - auch, weil in Alonso zumindest ein Ferrari-Pilot mit auf dem Podest stand. Der Spanier ist nach der Europa-Saison der Formel 1 auch der schärfste WM-Verfolger von Vettel, der aber schon in wenigen Wochen alles klarmachen kann. Vettel führt nun mit 284 Punkten vor Alonso (172), Button (167), Webber (167) und Hamilton (158). Alle fünf haben noch Titelchancen.
Hinter Massa (82) belegen Rosberg (56) und Schumacher (52) die Positionen sieben und acht. Nick Heidfeld (ehemals Renault/34) ist Zehnter, Sutil (24) folgt auf Position zwölf. Glock ist nach wie vor ohne Punkte. In der Teamwertung geht Red Bull (451) mit großem Vorsprung auf die Übersee-Tournee. McLaren (325) und Ferrari (254) folgen mit Mercedes (108) und Renault (70) auf den Plätzen.
Randnotizen: Alguersuari (16) überholte seinen Toro-Rosso-Teamkollegen Buemi (13) in der Fahrerwertung - nicht unwichtig beim Kampf um die Cockpits für 2012. Force India (36) ging in Monza am Sauber-Team (35) vorbei und belegt nun Rang sechs. Die Chance auf einen Konter bietet sich den Beteiligten in zwei Wochen in Singapur - beim einzigen "Nachtrennen" im Formel-1-Kalender...