Barcelona: Hamilton einziger Gegner der "Bullen"
Mark Webber gibt am Freitag in Barcelona wie schon 2010 den Ton an und schlägt Sebastian Vettel klar - Red Bull nur durch Lewis Hamilton gesplittet
(Motorsport-Total.com) - Auf der Red-Bull-Paradestrecke in Barcelona konnte heute nur Lewis Hamilton mit den "Bullen" Mark Webber und Sebastian Vettel mithalten. Dem McLaren-Piloten gelang es sogar, das australisch-deutsche Duo zu sprengen und sich im sonnigen Freitagstraining zum Grand Prix von Spanien mit gerade mal 39 Tausendstelsekunden Rückstand den zweiten Platz zu sichern.
Die Nachricht des Tages war aber nicht die schon im Vorfeld erwartete Stärke der Red Bulls und auch nicht die grundsolide Leistung von Hamilton, sondern die Tatsache, dass Webber ("Das war schon mal nicht schlecht!") und nicht Vettel der dominante Mann war. Der Vorjahressieger absolvierte den Circuit de Catalunya in 1:22.470 Minuten und knüpfte damit an die Saison 2010 an, als er in Barcelona und Monte Carlo selbst für seinen Teamkollegen unschlagbar war.
Noch deutlich hinter den Testzeiten
Ob die beiden Topfavoriten schon am Limit waren, ist allerdings eine andere Frage, den mit zum damaligen Zeitpunkt noch weit weniger entwickelten Autos hat Michael Schumacher (Mercedes) schon beim letzten Wintertest im März eine Barcelona-Bestzeit von 1:21.268 Minuten markiert. Auffällig allerdings, dass Vettel sofort nach der Session zum Datenmonitor stürmte - möglicherweise, weil er sich seinen teaminternen Rückstand nicht ganz erklären kann...
Interessant: Die beiden Red Bulls waren im ersten Sektor um zwei Zehntelsekunden schneller als Hamilton, im dritten in etwa gleichauf, doch im kurvenreichen Mittelabschnitt war der McLaren mit 30,9 Sekunden das Maß aller Dinge. Kombiniert mit der Tatsache, dass Hamilton um sieben Zehntelsekunden schneller war als sein Stallgefährte Jenson Button (4.), deutet diese Sektorenbestzeit darauf hin, dass Hamilton möglicherweise weniger Benzin an Bord hatte.
"Ich glaube, dass auch andere Teams einen Schritt nach vorne gemacht haben", analysiert Vettel seinen dritten Platz zum Auftakt. Die starke Performance von Webber bereitet ihm heute noch kein Kopfzerbrechen: "Weiß ich nicht, ob ihm die Strecke hier mehr liegt als die anderen. Ich habe - außer vielleicht Bahrain - keine Strecke, die mir nicht gefällt. Ich weiß nicht, ob er die Luft hier gerne hat oder sich was einschmeißt, aber ich glaube, es wird ein ganz normales Wochenende."
Alonso kann noch schneller
Erster Verfolger hinter Red Bull und McLaren, die übrigens noch kurz vor der zweiten Session neue Teile für ihre Autos auspackten, war Lokalmatador Fernando Alonso (Ferrari/+1,098). Der Spanier fuhr im Renntrimm beinahe auf Red-Bull-Niveau und konnte seine simulierte Qualifying-Pace mit weichen Pirelli-Reifen nicht perfekt abrufen, weil er auf seiner schnellsten Runde vom langsam fahrenden Nick Heidfeld (Renault) irritiert wurde.
Der Barcelona-Sieger von 2006 bezeichnet sein Heimrennen als "echte Referenz bezüglich der Hackordnung". Nach dem Training ist er aber erst einmal etwas zerknirscht: "Im Qualifying wird Red Bull sicher unschlagbar sein", glaubt er, "aber vielleicht geht im Rennen ja was für McLaren oder uns." Zuversichtlich stimmt ihn der gute Topspeed seines Ferrari 150° Italia (321 km/h), der jenem von Red Bull überlegen ist.
Heidfeld belegte den zehnten Platz und war damit um eine halbe Sekunde schneller als Witali Petrow (12.) im zweiten Renault, landete aber doch weit hinter Nico Rosberg (6.) und Schumacher (7.), die er an diesem Wochenende eigentlich ins Visier nehmen wollte. Die beiden Mercedes-Piloten waren diesmal durch vier Zehntelsekunden getrennt; Schumacher hatte seinerseits aber drei Zehntelsekunden Puffer auf Felipe Massa (8./Ferrari/+1,808).
Neuer Sauber-Auspuff funktioniert
Mit 1,820 beziehungsweise 2,013 Sekunden Rückstand sicherten sich die Sauber-Fahrer Kamui Kobayashi und Sergio Perez die Positionen neun und elf. Das lässt vermuten, dass das neue Auspuffsystem nach Red-Bull-Vorbild seinen Zweck erfüllt und die Schweizer in die Nähe von Mercedes und Renault bringen könnte. Apropos Schweizer: Sebastien Buemi (Toro Rosso/+2,826) wurde trotz des unfreiwilligen Verzichts auf die erste Session 13.
Das Freitagstraining in Barcelona stand bei den meisten Teams ganz im Zeichen diverser Neuerungen, sodass die Fahrer teilweise mit unterschiedlichen Paketen unterwegs waren, um Vergleichsdaten zu sammeln. Timo Glock (Marussia-Virgin/+5,592) war zum Beispiel bereits mit dem neuen Unterboden auf Zeitenjagd, als 22. aber trotzdem marginal langsamer als Jerome D'Ambrosio mit dem alten Paket.
Immerhin schaffte Glock kurz vor Schluss noch den Sprung in den 107-Prozent-Bereich, aus dem sich nur die beiden HRT-Nachzügler nicht befreien konnten. Lotus hat diese Sorgen dank eines umfangreichen Updates nicht: "Es war ein guter Tag, aber wir müssen noch lernen, wie wir das Beste aus dem Paket herausholen können", analysiert Technikchef Mike Gascoyne. Heikki Kovalainen wurde als Lotus-Speerspitze mit weniger als vier Sekunden Rückstand 18.
Vettel über neue Reifen: "Sehr hart"
Damit landete der Finne sogar noch vor Adrian Sutil (19./Force India/+4,653), der offenbar Probleme hatte und nur 20 Runden absolvieren konnte. Am fleißigsten waren mit je 43 Runden übrigens Petrow und Williams-Rookie Pastor Maldonado (16./+3,133), der nach seinem Missgeschick am Vormittag Aufholbedarf hatte. Zwischen Maldonado und seinem Teamkollegen Rubens Barrichello (14./+2,987) landete noch Toro-Rosso-Lokalmatador Jaime Alguersuari (+2,987).
Geglückt ist die Premiere des neuen PZero-Silver-Reifens, der neuen Hard-Mischung aus dem Pirelli-Sortiment. Zwar sind die Pneus um knapp zwei Sekunden langsamer als die weichere Gummimischung, dafür halten sie aber deutlich länger. Aber: Selbst die weicheren Options schafften heute zwei schnelle Runden am Stück (teilweise mit einer langsamen Runde zum Abkühlen dazwischen), was ein gutes Zeichen für das Qualifying ist.
"Die neuen Reifen sind sehr hart. Es dauert eine Weile, bis sie auf Temperatur sind", erklärt Vettel. "Ich denke, sie werden länger halten als die weichen, aber sie sind auch langsamer. Jetzt muss man rechnen und danach schauen, was von der Strategie her am meisten Sinn macht." Pirelli rechnet nicht mit einer Wiederholung der Vierstoppstrategien von Istanbul, sondern eigenen Angaben nach mit maximal drei Boxenstopps.