Freitagsbestzeit: Ist Südkorea Webber-Land?
Mark Webber bärenstark, Fernando Alonso und Lewis Hamilton auf der Lauer: Das war der erste Trainingstag auf der neuen Strecke in Yeongam
(Motorsport-Total.com) - Die ersten drei Trainingsstunden des drittletzten Rennwochenendes 2010 sind gelaufen - und die wichtigste Erkenntnis ist: Der Grand Prix von Südkorea kann wie geplant am Sonntag stattfinden! Das im Vorfeld befürchtete Chaos wurde in hektischen Last-Minute-Arbeiten beseitigt, sodass einem reibungslosen Ablauf nichts mehr im Weg steht.
Das dürfte wiederum Mark Webber freuen, denn dem WM-Leader scheint die 5,621 Kilometer lange Strecke in Yeongam am besten zu liegen: Der Red-Bull-Pilot wurde auf weichen Bridgestone-Slicks in 1:37.942 Minuten gestoppt und sicherte sich damit die Tagesbestzeit, 0,190 Sekunden vor Fernando Alonso (Ferrari). Doch nicht die Bestzeit an sich, sondern die Tatsache, dass er auch mit den harten Pneus in Führung lag, obwohl der Rest schon mit weichen unterwegs war, spricht für ihn.
Red Bull kann wohl noch schneller
Teamkollege Sebastian Vettel musste sich mit dem siebten Platz zufrieden geben, war um 1,262 Sekunden langsamer als Webber. Es sei "nicht ganz so gut" gelaufen, seufzt der Deutsche: "Wir hatten gleich in der ersten Runde einen Plattfuß. Von daher wussten wir, dass es ein Kompromiss wird, denn ich musste früher als geplant mit den weichen Reifen raus. Daher waren mehr Kilometer drauf und das hat man natürlich gemerkt."
Doch für Webber lief nicht alles nach Plan, denn der 34-jährige Australier leistete sich auf der ersten Runde mit den weichen Reifen einen Dreher, sodass seine Pneus bei der Zeitenjagd sicherlich nicht mehr in optimalem Zustand waren. Teamchef Christian Horner zeigt sich dennoch zufrieden mit der Performance: "Die Sektoren zwei und drei kommen unserem Auto entgegen und die Fahrer mögen die Strecke. Es ist eine Menge los hier!"
Bestzeit im ersten Sektor fuhr diesmal kein McLaren-Pilot, sondern Robert Kubica, der insgesamt mit 0,776 Sekunden Rückstand Rang vier belegte. Der Pole von Renault blieb damit um fast eine halbe Sekunde hinter Lewis Hamilton zurück, obwohl er im ersten Sektor um drei Zehntelsekunden schneller war. Interessant: Red Bull legte im ersten Sektor im Vergleich zum Vormittag ebenfalls deutlich zu und verliert dort nun weniger als eine halbe Sekunde.
Trotz der zweitbesten Zeit von Alonso scheint im Moment Ferrari die schwächste der drei Topkräfte zu sein. "Das Auto ist im letzten Sektor unfahrbar, wirklich schwierig", schimpfte Felipe Massa am Boxenfunk. Der Brasilianer belegte zwar den sechsten Platz, büßte aber 0,878 Sekunden auf die Spitze ein. Teamintern scheinen bei der Scuderia aus Maranello also wieder einmal recht klare Verhältnisse zu herrschen...
McLaren: Mehr Grip als erwartet
Zufriedenheit dagegen bei McLaren: "Es war mehr Grip da als erwartet und die Strecke veränderte sich stark. Das ist gut und hat uns angenehm überrascht", so Technikchef Jonathan Neale. "Wir hatten einige neue Aeroteile am Auto, die wir ausprobierten, was die kurzen Runs erklärt. Mit dem neuen Heckflügel sind wir verschiedene Konfigurationen gefahren. Heute Nacht werden wir die finale Entscheidung treffen, ob wir damit weitermachen oder nicht."
Der zweite McLaren-Weltmeister Jenson Button zog die weichen Reifen als Letzter auf und benötigte mehrere Anläufe, ehe er endlich eine freie Runde fand. Die katapultierte ihn dann vom 15. zunächst auf den fünften und schlussendlich auf den sechsten Platz nach vorne. Rückstand: 0,784 Sekunden. Beeindruckend aber vor allem Vitaly Petrov (Renault/+1,325), der den Grundstein für Rang acht mit konstanten Topzeiten im ersten Sektor setzte.
Nico Rosberg (Mercedes/+1,326) wurde Neunter, gefolgt von den beiden soliden Sauber-Piloten und seinem Stallgefährten Michael Schumacher (+1,656). Dahinter setzten Williams und Force India ihren Kampf um den sechsten Platz in der Konstrukteurs-WM fort; den Abschluss der etablierten Teams stellte wie so oft Toro Rosso dar. Der Schweizer Sébastien Buemi (18./+2,954) hatte teamintern gegen Jaime Alguersuari (17./+2,636) das Nachsehen.
Vitantonio Liuzzi (Force India) landete auf Position 14. Sein Fazit: "Ich habe mehr Vertrauen ins Auto als in der ersten Session, aber ich spüre Vibrationen in den Reifen und hatte ein paar Mal Verkehr. Doch es scheint mehr Grip da zu sein als am Vormittag", so der Italiener, der um einen Hauch schneller war als Adrian Sutil. Liuzzis Pech: In den letzten Minuten rollte er mit einem technischen Gebrechen aus.
HRT zieht das Pech magisch an
Bruno Senna (HRT) konnte nach seinem Radaufhängungsschaden am Vormittag überhaupt erst in den Schlussminuten ins Geschehen eingreifen, mehr als drei Runden waren aber nicht mehr drin. Schnellster Vertreter der neuen Teams war indes Heikki Kovalainen, der seinen Lotus-Stallgefährten Jarno Trulli um knapp drei Hundertstelsekunden abhängte. Weitere drei Zehntelsekunden dahinter folgte Timo Glock.
"Es macht Spaß, die Strecke ist ganz gut zu fahren, ist abwechslungsreich, hat lange Geraden, ein paar gute Möglichkeiten zum Überholen und einen schnellen Mittelsektor", lobt der Virgin-Fahrer. "Es war besser als gedacht, somit sind wir alle happy. Eine Grundbasis hat man nach drei Runden. Danach versucht man, sich auf das Gripniveau einzustellen, denn die Strecke wurde alleine während des ersten Trainings um fast eine Sekunde schneller. Das ist schon viel."
Den einzigen Unfall des Tages verursachte Sakon Yamamoto: Der HRT-Japaner kam in Kurve 16 innen auf den Randstein, sodass sein Auto aufsetzte und sich drehte. Yamamoto schlug mit der rechten Seite des Frontflügels ganz leicht an und verursachte eine sechsminütige Unterbrechung wegen der Bergungsarbeiten; sein Dallara wurde dabei aber kaum beschädigt. Ansonsten gab es mangels Grips zwar viele, aber durchgehend folgenlose Ausritte.
Die Strecke hat ihre Premiere also erfolgreich absolviert. Noch gestern hatten Meldungen über hervorstehende Nägel und Schlangen in den Boxen für Skepsis gesorgt, doch die Südkoreaner haben ihre erste Formel-1-Anlage dank deutscher Hilfe auf den allerletzten Drücker fertigbekommen. Nun steht einem spannenden Rennwochenende, das den WM-Fünfkampf sogar noch weiter anheizen könnte, nichts mehr im Weg.