• 13. Juni 2010 · 01:48 Uhr

McLaren ist sich keiner Schuld bewusst

Die Hintergründe zur Strafe gegen Lewis Hamilton: Wie ein Verstoß gegen ein Memo von Charlie Whiting 10.000 US-Dollar kosten kann

(Motorsport-Total.com) - Weil er seine Auslaufrunde nicht zu Ende fuhr, sondern absichtlich auf der Strecke stehen blieb, um Benzin zu sparen, wurde Lewis Hamilton nach dem gestrigen Qualifying in Montréal mit einer Geldstrafe (10.000 US-Dollar) und einer Verwarnung belegt. Dabei war der McLaren-Pilot zunächst noch von seiner Unschuld überzeugt: "Das darf man. Man muss nur genug Benzin an Bord haben, damit die FIA noch eine Probe nehmen kann."

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Hamilton und Whitmarsh glauben nicht, dass gegen eine Regel verstoßen wurde Zoom Download

Falsch gedacht, denn zwar hat McLaren damit gegen kein Reglement verstoßen, aber gegen ein Memo, das Rennleiter Charlie Whiting am Freitagabend an die Teams verschickt hat. Darin ist festgelegt, dass jeder Fahrer seine In- und Outlaps im Qualifying innerhalb eines bestimmten Zeitfensters zurücklegen muss. Auf diese Weise soll vermieden werden, dass die Autos im Bummeltempo unterwegs sind und die schnelleren Kollegen aufhalten.

Verstoß gegen ein Memo

"Es gibt ein Memo, das besagt, dass die Autos in einer bestimmten Zeit zurück an die Box fahren müssen, aber es ist keine Regel", hält McLaren-Teamchef Martin Whitmarsh fest. "Dem Reglement haben wir entsprochen. Wir hatten das nicht geplant und es war nicht Lewis' Fehler. Es wurde ein Fehler begangen und wir hatten die Wahl, zurück an die Garage zu fahren, aber dann hätten wir nicht mehr genug Benzin für die Benzinprobe gehabt."

Denn die FIA schreibt vor, dass bei der Ankunft im Parc Fermé noch mindestens ein Kilogramm Benzin an Bord sein muss, um dessen Legalität prüfen zu können. Das wäre nicht möglich gewesen, wenn Hamilton aus eigener Kraft zurück an die Box gefahren wäre. "Wir empfanden das als wichtiger als das Memo, das ja keine Regel ist. Nichts im Reglement besagt, dass man zurück an die Box fahren muss. Wenn ein Rad abfällt, passiert es ja genauso", so Whitmarsh.

Doch während sich bei einem Unfall oder einem technischen Defekt wohl kaum jemand darüber beschwert hätte, dass der Polesetter nicht aus eigener Kraft in den Parc Fermé zurückkommt, so entstand gestern der Eindruck, dass McLaren dies absichtlich so geplant haben könnte, um in der entscheidenden Runde möglichst wenig Benzin und somit einbremsendes Ballastgewicht an Bord zu haben. Ein ungerechter Vorwurf, wie sich inzwischen herausgestellt hat.

Bereits während der FIA-Pressekonferenz - also noch vor dem Aufkommen des Betrugsverdachts - erklärte Hamilton die Situation folgendermaßen: "Ich ging mit dem Vorhaben raus, eine Runde auf diesen Reifen zu drehen", gab der Brite vor versammelter Weltpresse zu Protokoll. "In der Runde, die eigentlich meine letzte hätte sein sollen, traf ich aber den Randstein in Kurve acht ein bisschen zu hart, was Zeit kostete."

Hamilton: Glaubwürdige Darstellung

"Ich konnte meine Zeit nicht mehr verbessern und sah auf dem Monitor, dass Mark die Führung übernommen hatte. Ich wusste nicht genau, wo ich selbst lag, aber mir war klar, dass ich noch eine Runde fahren muss. Dann sagten mir die Jungs am Funk, dass ich noch genug Benzin für eine weitere Runde habe - gerade noch", suggerierte Hamilton, dass seine letzte Runde eigentlich gar nicht mehr geplant war.


Fotos: Lewis Hamilton, Großer Preis von Kanada


Das erklärt, warum er in der Auslaufrunde auf Anweisung vom Kommandostand hin den Motor abstellte, um Benzin zu sparen, denn unter normalen Umständen wäre er schon in der Runde davor zurück an die Box gekommen. Mercedes-Testfahrer Nick Heidfeld hatte schon wenige Minuten nach Ende des Qualifyings vermutet: "Ich kann mir vorstellen, dass Lewis diese letzte Runde gar nicht mehr geplant hatte."

Hamilton kam wenige Sekunden vor Ablauf der Zeit über Start und Ziel, womit erwiesen scheint, dass die Aktion nicht geplant war. Aber was, wenn in Zukunft jemand vorsätzlich so handelt, um einen Gewichtsvorteil zu erlangen? "Damit gehst du das Risiko ein, dass die Rennkommissare es als systematisches Vorgehen einstufen. Dann bist du ihrer Meinung an jenem Tag ausgeliefert. Daher glaube ich nicht, dass das en masse passieren wird", antwortet Whitmarsh.

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