Montréal: Vier Marken unter den besten Vier
Lewis Hamilton im Abschlusstraining vor Mark Webber und Fernando Alonso - Nico Rosberg nach technischen Problemen nur auf Platz 18
(Motorsport-Total.com) - Ein überaus spannendes Qualifying zeichnet sich beim Grand Prix von Kanada ab. Denn im (nur anfangs feuchten, dann komplett trockenen) Abschlusstraining in Montréal sicherten sich vier verschiedene Autos die besten vier Positionen; in den Top 7 landeten sogar sechs verschiedene Teams! Die Bestzeit sicherte sich diesmal Lewis Hamilton im McLaren-Silberpfeil.
Hamilton lag schon vor dem letzten Run auf weichen Reifen in Führung, konnte sich dann aber noch einmal auf 1:16.058 Minuten steigern. Am Ende musste er sogar früher als geplant an die Box kommen, weil er in der schnellen Rechts-Links-Schikane leicht die Mauer touchierte und nichts mehr riskieren wollte. Richtig mit ihm mithalten konnte nur WM-Leader Mark Webber - und selbst der hatte 0,282 Sekunden Rückstand.
Webber mit Zwischenbestzeit
Doch für den Red-Bull-Piloten wäre mehr drin gewesen, wenn er nicht seinen letzten Run nach Zwischenbestzeit im ersten Sektor wegen gelber Flaggen hätte abbrechen müssen. Generell scheint Red Bull auf der Hochgeschwindigkeitsstrecke gut bei der Musik zu sein, womit im Vorfeld des Wochenendes nicht alle Experten gerechnet hatten. Sebastian Vettel (+0,524) wurde wieder solider Fünfter - und das ohne Steigerung mit den weichen Reifen.
Bridgestone scheint an diesem Wochenende ohnehin der Schlüssel zu einem guten Ergebnis zu sein, denn nachdem schon gestern viele Grainingprobleme hatten, regnete es über Nacht, sodass die helfende Gummispur wieder weggewaschen wurde. Dementsprechend schwer taten sich manche, mit den weichen Reifen schneller zu fahren als mit den harten. Erst auf der zweiten fliegenden Runde scheinen die Supersofts gegenüber den Mediums klar im Vorteil zu sein.
Norbert Haug rechnet trotz des Grainings damit, dass die Top-10-Finalisten im Qualifying mit den weichen Reifen fahren werden - und seine beiden Piloten sieht er sowieso in Q3 gesetzt: "Es sieht viel besser aus, als es die Ergebnisliste im Moment beschreibt. Ich glaube, dass wir einen ganz guten Job machen können", so der Mercedes-Sportchef, der Michael Schumacher auf P4 und Nico Rosberg auf P18 notieren durfte.
Probleme bei Rosberg und Chandhok
Letzterer stand jedoch nach seiner Installationsrunde bis zwei Minuten vor Schluss wegen Problemen mit Kupplung und/oder Getriebe an der Box und konnte sich erst im Finish noch ein wenig für das Qualifying einrollen. Ein mechanischer Defekt behinderte sonst nur Karun Chandhok (HRT), der gleich zu Beginn am Ende der Boxengasse stehen blieb, sich sofort umzog und in der Folge nicht mehr ins Geschehen eingreifen konnte.
Fernando Alonso (Ferrari) fuhr unauffällig auf Platz drei, sein Teamkollege Felipe Massa wurde mit 1,173 Sekunden Rückstand nur Elfter. Der Brasilianer spulte 16 Runden ab, obwohl er seinen F10 bei einem Mauerkuss beinahe weggeworfen hätte. Ähnliche Schrecksekunden erlebten Pedro de la Rosa (Sauber/15.), der einen Drift geschickt abfangen konnte, und Sébastien Buemi (Toro Rosso/16.), der zweimal neben der Strecke gesehen wurde.
Sutil wieder flott unterwegs
Ermutigend aus deutscher Sicht: Adrian Sutil (Force India) bestätigte seine starke Freitagsform und landete mit 0,615 Sekunden Rückstand auf Rang sieben, hielt damit den ebenfalls schnellen Vitantonio Liuzzi (9.) knapp in Schach. Bei Williams war indes Montréal-Neuling Nico Hülkenberg (11.) erneut klar vor Routinier Rubens Barrichello (17.). Timo Glock (Virgin) wurde als drittbester Vertreter der neuen Teams 21.
Glocks Teamkollege Lucas di Grassi sorgte mit einem Dreher in letzter Minute für gelbe Flaggen, Robert Kubica (Renault/6.) für Unbehagen bei Schumacher: Der Pole wäre dem kurz unachtsamen Rekordweltmeister im Senna-S beinahe ins Heck gefahren und beschwerte sich darüber mit einer eindeutigen Geste. Auch sonst war Kubica unzufrieden: "Ich habe sehr wenig Grip, die Reifen funktionieren nicht. Ich rutsche nur herum, habe Über- und Untersteuern gleichzeitig."
Ein klarer Favorit auf die Pole-Position zeichnet sich nach 240 Minuten auf dem Circuit Gilles Villeneuve noch nicht ab, zumal sich die Streckenverhältnisse bis zum Qualifying durchaus noch einmal ändern könnten. Aber McLaren scheint das Tief vom Freitagnachmittag überwunden zu haben und mit Red Bull muss man sowieso immer rechnen. Die Frage ist, ob auch Ferrari und Mercedes in der Entscheidung zulegen können.