Analyse ergibt: Webber musste Benzin sparen!
Red Bull hat geklärt, weshalb Sebastian Vettel Mark Webber überhaupt angreifen konnte - Christian Horner verärgert über teaminterne Kollision
(Motorsport-Total.com) - Als sich Mark Webber während der Pressekonferenz nach dem Rennen in Istanbul hinsetzte und die Journalisten aufforderte, sie sollen "tiefer graben", wenn sie eine Antwort darauf erhalten wollen, warum Sebastian Vettel plötzlich schneller war als er, wurde das Fahrerlager stutzig. Ein paar Stunden später ist nun klar, was der Pechvogel damit gemeint hat.
"Wir kennen jetzt alle Fakten", sagt Teamchef Christian Horner. "Mark hatte in einen Benzinsparmodus umgeschaltet, der ihn auf den Geraden ein bisschen Performance kostete. Das erklärt auch, warum ihn Sebastian angreifen konnte." Offenbar war es Vettel gelungen, ein bisschen Benzin zu sparen, sodass der Deutsche erst später auf den Benzinsparmodus umschalten hätte müssen. Die 40. Runde war demnach seine einzige Chance, eine Attacke zu reiten.
"Wir haben nun eine Erklärung dafür, wie Sebastian überhaupt in den Windschatten kommen konnte", teilt Horner mit. "Er hatte ein Kilogramm Benzin gespart, denn beide Autos hatten am Start die gleiche Menge im Tank. Er konnte effektiv eine Runde mehr im optimalen Motorenmodus fahren, aber wir konnten ihn nicht zurückpfeifen, denn er stand selbst unter Druck von Lewis Hamilton." Also orientierte sich Vettel an seinem Instinkt und griff nach der Führung.
Webber kämpfte in jener Phase des Rennens mit stumpfen Waffen, doch im Fahrerlager stellen sich viele Experten die Frage, warum Red Bull nicht beide Fahrer gleichzeitig eingebremst hat, um kein Risiko einzugehen. Auch wurde der Eindruck erweckt, das Team sei nicht ganz neutral, denn während fast alle aktiven und ehemaligen Fahrer die Schuld an der Kollision tendenziell eher bei Vettel sehen, machten Horner und Helmut Marko in ihren ersten Reaktionen nur Webber Vorwürfe.
"Das Frustrierend ist, dass wir heute 28 Punkte verschenkt haben, denn wir hätten einen Doppelsieg einfahren müssen", ärgert sich Horner. "Beide Fahrer haben Punkte verloren. Aus Teamsicht ist es uns egal, in welcher Reihenfolge sie ins Ziel kommen, aber die Priorität ist, Erster und Zweiter zu werden. Das hätten wir heute schaffen müssen." Allerdings sieht er die Schuld inzwischen nicht mehr ganz so klar bei Webber, wie das in der ersten Reaktion der Fall war.
"Mark hat Sebastian auf die schmutzige Seite gedrängt, ihm gerade genug Raum gelassen, während Sebastian ziemlich aggressiv rübergezogen ist", urteilt der Teamchef. "Es war sehr frustrierend. Die McLarens haben sich mehr Raum gelassen. Unsere Fahrer haben es in Malaysia auch schon besser hinbekommen - normalerweise machen sie das sehr, sehr gut. Heute hat es aber aus irgendeinem Grund nicht funktioniert."
Vor dem nächsten Rennen wird es ein klärendes Gespräch geben. Horner befürchtet aber keine dauerhaften Spannungen: "Das sind erwachsene Jungs, aber so etwas darf nicht mehr passieren. Sie müssen daraus lernen. Es ist richtig, sie frei fahren zu lassen, denn McLaren hat heute vorgemacht, wie das geht. Wenn Fahrer aus dem gleichen Team kommen, ist es wichtig, dass sie sich Raum lassen und sich respektieren."