Freitag in Sepang: Hamilton vor Vettel
In Malaysia ist nach dem ersten Tag noch alles offen: Lewis Hamilton schnell und zuverlässig, Red Bull nur schnell, Ferrari mit Zeitrückstand
(Motorsport-Total.com) - Mit einer Silberpfeil-Vierfachführung wurde es im zweiten Freien Training zum Grand Prix von Malaysia nichts mehr, doch die Bestzeit ging auf trockener Strecke erneut an McLaren: Lewis Hamilton lieferte eine recht überzeugend wirkende Performance ab, steigerte sich auf 1:34.175 Minuten und setzte sich damit an die Spitze des Klassements.
Der Brite absolvierte 27 Runden und experimentierte mit zwei verschiedenen Heckflügeln, wobei die neue Version, die in Sepang debütiert, im direkten Vergleich zu Beginn der Session um drei Zehntelsekunden schneller war als die alte. Als extrem hilfreich stellte sich auf dieser Strecke auch das F-Schacht-System heraus, denn Hamiltons Mercedes-befeuerter MP4-25 war beim Messpunkt im dritten Sektor um sechs km/h schneller als alle anderen!
Starke Performance von Vettel
Genau andersrum - also viel Anpressdruck in den Kurven, dafür aber auch viel Luftwiderstand - verhält es sich bei Red Bull. Sebastian Vettel war offenbar lange mit Rennvorbereitungen beschäftigt, ehe er in den Schlussminuten doch auch mal einen etwas flotteren Run hinlegte und sich mit 0,266 Sekunden Rückstand prompt auf Platz zwei verbesserte. Im kurvenreichen Mittelsektor war mit 31,0 Sekunden niemand so schnell wie der Pechvogel von Bahrain und Australien.
Dennoch lief bei Red Bull heute nicht alles nach Plan: Nach kleinen Schwierigkeiten am Vormittag rollte diesmal Mark Webber einfach aus. Der Australier diagnostizierte einen "plötzlichen Leistungsverlust", die genaue Ursache ist aber noch nicht geklärt. Somit kam Webber nicht über 13 Runden hinaus. Zuvor hatte sich Vettel am Boxenfunk über seine Servolenkung beklagt, diese scheint das Team aber wieder im Griff zu haben.
Hinter Vettel landeten die restlichen Silberpfeile: Nico Rosberg (Mercedes/+0,268) vor Jenson Button (McLaren/+0,363) und Michael Schumacher (Mercedes/+0,499). Letzterer lag heute phasenweise vor Rosberg und leistete sich keine nennenswerten Fehler, der interne Abstand scheint sich aber seit Australien nicht groß verändert zu haben. Robert Kubica im Renault wurde Sechster. Rückstand des Renault-Piloten: bereits 0,973 Sekunden.
Sutil wieder in den Top 10
Kubicas Teamkollege Vitaly Petrov musste sein Auto schon ein paar Minuten vor Ende der Session an der Garage abstellen, wurde aber trotzdem Neunter - unmittelbar hinter dem Schweizer Sébastien Buemi (Toro Rosso), aber noch vor Adrian Sutil (Force India). Letzterer büßte 1,782 Sekunden auf seinen Freund Hamilton ein und landete auch einmal neben der Strecke. Das ging heute Nachmittag aber nicht nur Sutil so.
Durch einen plötzlichen Regenschauer zur Mittagszeit, der allerdings ebenso schnell wieder verschwand, wie er gekommen war, wurde der Gummiabrieb der ersten Session von der Strecke weggewaschen, sodass weniger Grip als angenommen vorhanden war. Das erschwerte auch das Setup der Boliden - besonders problematisch für Jaime Alguersuari (Toro Rosso/14.), der mit einem schnippischen Heck sichtlich alle Hände voll zu tun hatte.
Die Ferrari-Piloten blieben von solchen Problemen weitgehend verschont, waren mit der Balance des F10 aber wie schon am Vormittag nicht hundertprozentig glücklich. Fernando Alonso (+1,406) fühlte sich mit der weicheren Reifenmischung zumindest etwas wohler und wurde Siebter, während Felipe Massa im Finish mit den harten Pneus noch von 19 auf 15 nach vorne kam. Klar ist aber: Die Italiener haben bei nicht alles gezeigt, auch wenn sie mit einem "sehr schwierigen Wochenende" rechnen.
Williams mit farbloser Vorstellung
Ein erfreuliches Ergebnis lieferte Sauber-Pilot Kamui Kobayashi - trotz eines Drehers zu Beginn - ab, denn der Japaner belegte Platz elf. Die Williams-Fahrer Rubens Barrichello und Nico Hülkenberg waren hingegen in den 180 Minuten des Freitags konstant langsam unterwegs und landeten auf den Positionen 16 und 17. Bitter für Rookie Hülkenberg: Teamintern betrug sein Rückstand erneut über eine halbe Sekunde.
In der von vielen separat betrachteten Wertung der neuen Teams hatte Lotus beim Heimspiel zunächst die Nase vorne - Jarno Trulli war als 18. mit 4,279 Sekunden Rückstand der schnellste Mann dieses Sextetts. Timo Glock ging erst mit seinem letzten Run noch an Virgin-Teamkollege Lucas di Grassi vorbei und ganz hinten war Karun Chandhok schneller als Bruno Senna im zweiten HRT. Senna leistete sich außerdem einen Ausritt und hat mit Chandhok immer mehr zu kämpfen.
Was das heutige Ergebnis für den Rest des Wochenendes zu bedeuten hat, ist unklar, ersten Aussagen zufolge scheint aber McLaren einen Tick näher an der Spitze dran zu sein als zuletzt. Vettel muss sich nach seinem besten Freitagsergebnis über den Speed weniger Sorgen machen als über die Zuverlässigkeit, aber das große Fragezeichen bleibt Ferrari: Hat das Traditionsteam wirklich nur geblufft oder fehlen diesmal tatsächlich ein paar Zehntelsekunden mehr?