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"Silber-Schumi" noch nicht auf Goldkurs
Michael Schumacher denkt weniger an den Auftaktsieg, sondern schon mehr an die Weltmeisterschaft - Nico Rosberg will unbedingt auf das Podium
(Motorsport-Total.com) - Nach dem Freitagstraining in Bahrain meinte Michael Schumacher, er müsse erst "den Rost abschütteln", speziell auf eine schnelle Runde. Das bestätigte sich im heutigen Qualifying, denn der Superstar musste sich seinem Teamkollegen Nico Rosberg beim Comeback um 0,283 Sekunden geschlagen geben und wurde nur Siebter.
© xpb.cc
Michael Schumacher sicherte sich den siebten Startplatz für das morgige Rennen Zoom Download
Dabei war es früher die große Stärke des Rekordweltmeisters, auf Anhieb ans Limit zu gehen. Warum also jetzt nicht mehr? "Da gibt es einige Gründe, aber einer ist sicher, dass ich da einfach wieder reinkommen muss", erklärt Schumacher. "Nach den Wintertests sind wir jetzt erstmals wieder in der Hitze. Da sind die Verhältnisse ganz anders und ich muss erst den Rhythmus finden. Das wird langsam besser, aber es ist eine Herausforderung."
Erinnerungen an das Debüt im Jahr 1991
"Als ich beim Test in Valencia meine ersten Runden fuhr, war ich ein bisschen schockiert, aber dann war ich sehr schnell wieder drin. Und irgendwie ist es wie 1991, denn da war ich in meinem ersten Qualifying auch Siebter", erinnert sich der 41-Jährige. Bei seiner Formel-1-Premiere galt er allerdings im Jordan als krasser Außenseiter - und wegen eines Kupplungsschadens war das Rennen dann auch schon nach ein paar Metern vorbei...
Schumacher fehlten in Q1 130 und in Q2 423 Tausendstelsekunden auf Rosberg. Auch gestern und heute Morgen war er langsamer als sein um 17 Jahre jüngerer Teamkollege. Der bildet sich darauf aber nichts ein: "Wir müssen darauf schauen, wo wir als Team stehen, denn wir wollen Rennen gewinnen. Mit Michael, Ross und anderen starken Leuten bin ich zuversichtlich, dass wir die Lücke schließen können. Ich bin optimistisch für den Rest der Saison", sagt Rosberg.
Das große Erbe der Silberpfeile konnten sie heute noch nicht ganz fortführen. Der Blick in die Geschichtsbücher zeigt: Beim bisher letzten Auftritt in Monza 1955 belegten Juan Manuel Fangio, Stirling Moss und Karl Kling die Startplätze eins, zwei und drei; Piero Taruffi wurde im Qualifying Neunter. Im Rennen feierten Fangio und Taruffi dann immerhin noch einen Doppelsieg. Mit so einem Ergebnis ist morgen eher nicht zu rechnen.
"Es ist nicht unrealistisch, aber es wird schwierig", sagt Schumacher über einen möglichen Podestplatz. "Am wichtigsten ist, gute Punkte zu holen, denn wir werden ziemlich sicher noch besser werden - auch ich selbst. Ich sehe auch eine Menge Potenzial, das Auto zu verbessern. Wir konzentrieren uns darauf, Schritt für Schritt nach vorne zu kommen. Das wird ein paar Rennen dauern, aber bis dahin müssen wir so viele Punkte wie möglich sammeln."
Schumacher denkt schon an die WM
Das zeigt: Der Mercedes-Superstar denkt nicht an den Sieg in Bahrain, sondern vor allem an die Weltmeisterschaft. Daher will er am Start auch nicht zu viel riskieren: "Es wird eine spannende erste Kurve, weil die Autos so schwer sind und es dafür noch keine Erfahrungswerte gibt. Ich freue mich darauf. Ich bin ein paar Kartrennen gefahren, vielleicht hilft das. Ich bin ein Instinktfahrer. Ich schaue mir an, was passiert, und reagiere dann darauf."
In der ersten Kurve zu zurückhaltend zu agieren, könnte aber auch ein Fehler sein, denn: "Die McLarens", analysiert Schumacher, "haben den besten Topspeed und können wahrscheinlich am besten überholen. Auf die anderen verliert man in der letzten Kurve zu viel, sodass man nur schwer an jemandem vorbeikommen wird. Also muss man es über die Strategie oder am Start versuchen. Das sind sicher die besten Überholmöglichkeiten."
Der siebte Startplatz ist so gesehen nicht die ideale Ausgangsposition - und nach der gestrigen Rosberg-Bestzeit sind die Startreihen drei und vier sicher nicht das, was sich der ebenfalls anwesende Konzernchef Dieter Zetsche erhofft hatte. Selbst heute Morgen sah es noch deutlich besser aus, aber "die Strecke hat sich ein bisschen zu unseren Ungunsten entwickelt", erklärt Norbert Haug. "Ich bin bestimmt nicht überglücklich, aber zufrieden."
"Am Morgen haben wir gut ausgesehen - auch relativ von der Benzinmenge her betrachtet. Das würden unsere Konkurrenten sicher bestätigen", analysiert der Mercedes-Sportchef. "Q2 war auch besser als Q3, aber die Reifen haben sehr schnell überhitzt und die Streckenbedingungen waren sehr schwierig. Am Ende waren halt vier Auto/Fahrer-Kombinationen schneller als wir. Also müssen wir lernen und uns verbessern."
Enorme Steigerung seit der Jungfernfahrt
"Aber unterm Strich bin ich zufrieden, denn beim letzten Test in Barcelona hat es schon ganz anders ausgesehen als zu Beginn des Winters. Wir haben sicher aufgeholt. Der Abstand von 1,1 Sekunden zur Pole-Position von Sebastian - die im Vergleich zu seinem Teamkollegen sehr überzeugend war, Hut ab - ist zu groß, keine Frage. So weit waren wir das ganze Wochenende nie hinten. Ich hoffe daher, dass wir in der Rennsituation besser aussehen werden", so Haug.
Kritik an Schumacher, dessen hochgestreckter Daumen nach der Niederlage gegen Rosberg etwas aufgesetzt wirkte, übt er nicht: "Der Speed beider Fahrer war positiv. Ich bin mit ihren Leistungen zufrieden - auch mit Michael. Nico ist fehlerfrei gefahren und Michael hat sich definitiv gesteigert. Es ist nicht so einfach, nach so einer langen Pause die eine Runde perfekt zu treffen. Die Longruns von Michael und Nico waren sehr vergleichbar."
Für morgen ist sicher Rosberg die größere Mercedes-Hoffnung. Der Ex-Williams-Pilot, der bei seiner Formel-1-Premiere in Bahrain 2006 gleich die schnellste Runde gesetzt hat, hofft auf die Rennpace seines MGP W01. Dass er auf den weichen Reifen starten muss, kümmert ihn nicht, denn: "Sutil ist ja der einzige Top-10-Fahrer mit harten Reifen. Der ist Zehnter und damit relativ weit hinter uns. Das bereitet mir keine großen Sorgen."
"Ich hatte mir aber für heute mehr als den fünften Platz vorgenommen", seufzt der Weltmeistersohn und erklärt: "Die Reifen haben sehr leicht überhitzt - manchmal waren sie am Anfang der Runde noch gut, brachen dann aber in der Runde ein. Das erklärt einiges, denn Vettel ist nicht um so viel schneller als wir, aber seine Reifen haben auf die Runde einfach besser gehalten. Das erklärt einige der Abstände und die großen Schwankungen."
Rosberg erwartet schwierige Startphase
"Es wird ein sehr schwieriges Rennen, denn mit den weichen Reifen hatten wir schon mit wenig Benzin Probleme, aber morgen werden am Start 160 Kilo Benzin oder so im Tank sein. Das wird extrem herausfordernd und interessant. Wir schätzen, diesbezüglich in einer besseren Position zu sein als einige andere, daher denke ich, dass wir uns gegenüber heute verbessern können", hält er an seiner Podiumsprognose fest.
Übrigens: Mit seiner Q2-Zeit wäre Rosberg nur wenige Tausendstelsekunden hinter Fernando Alonso Vierter geworden. Warum konntest du die nicht replizieren, Nico? "Am Anfang war der weiche Reifen nicht so schlecht, speziell zu Beginn von Q2. Aber von da an wurde es aus irgendeinem Grund immer schlechter, sodass einige langsamer wurden - nicht alle, aber einige", entgegnet die vorläufige Mercedes-Speerspitze mit dem gelben Helm.
Schumacher konnte sich indes wenigstens über die Erfolge seiner Freunde Sebastian Vettel und Felipe Massa freuen: "Sebastian hat einen fantastischen Job gemacht, aber nicht nur er, sondern auch Felipe nach seiner Verletzungspause", zeigt der siebenfache Weltmeister Respekt vor der ersten Startreihe und fügt an: "Das sind für mich heute die herausragenden Fahrer, denen ich gratuliere. Fantastisch!"
Eine schlaflose Nacht wird Schumacher heute wohl nicht haben, denn obwohl er sich schon auf das Rennen freut, ist er nach wie vor der gleiche Ehrgeizling wie früher. Das streitet er auch gar nicht ab: "Ich denke immer noch gleich und ich konzentriere mich sehr auf Details. Da bleibt für Emotionen wenig Raum. Vielleicht ist das heute Nacht anders, aber das werden wir herausfinden", meint die Formel-1-Legende vor dem Beginn seiner zweiten Karriere.