Vier Silberpfeile voran - Bestzeit für Rosberg
Nico Rosberg führte zum Auftakt in Bahrain ein Mercedes-Quartett an der Spitze an - Sebastian Vettel Fünfter - Ernüchterung bei den neuen Teams
(Motorsport-Total.com) - Sehr viel schlauer als nach den 15 Testtagen im Februar ist die Formel-1-Gemeinde nach den ersten 180 Trainingsminuten in Bahrain nicht. Denn anstelle auf Zeitenjagd zu gehen, konzentrierten sich die meisten Teams auf ihre Rennvorbereitungen, sodass Rückschlüsse auf das Kräfteverhältnis überhaupt nicht zulässig sind und das Rätselraten zumindest noch einen Tag weitergeht.
Fakt ist das Ergebnis - und das wies am Ende des zweiten Freien Trainings am Nachmittag die Silberpfeile an der Spitze aus: Nico Rosberg (Mercedes) meisterte den 6,299 Kilometer langen Wüstenkurs in 1:55.409 Minuten und war damit um eine halbe Sekunde schneller als seine Verfolger Lewis Hamilton (McLaren), Michael Schumacher (Mercedes) und Jenson Button (McLaren) - ein Auftakt nach Maß für den Stuttgarter Automobilhersteller!
Auch Haug tappt im Dunkeln
"Wir haben uns auf das Rennen vorbereitet, sind aber auch mit wenig Sprit gefahren. Wo wir stehen? Schwer zu sagen. Aber es geht in die richtige Richtung", analysiert Mercedes-Sportchef Norbert Haug. "Nico schlägt sich gut. Wer die Zeiten verfolgt hat, hat gesehen, dass in den Longruns von McLaren und uns sehr ähnliche Zeiten gefahren wurden. Ferrari und Red Bull kann ich im Moment nicht so beurteilen. Aber die werden stark sein."
Comeback-Superstar Schumacher fuhr seine Bestzeit zum gleichen Zeitpunkt wie Rosberg, blieb auf jenem Run gleich lange draußen, hatte die gleichen Reifen drauf. Dennoch war der Abstand recht groß - wie schon den ganzen Tag. Haug empfindet das nicht als ungewöhnlich: "Es wäre vernünftig, ihm ein bisschen Zeit zu geben. Es kann nicht sein, dass einer drei Jahre weg ist und das Auto sofort auf Pole-Position stellt."
Bereits mit einer Sekunde Rückstand auf die silberne Spitze verbesserte sich Sebastian Vettel (Red Bull) in der zweiten Session immerhin auf den fünften Platz. Allerdings beklagte sich der Deutsche am Boxenfunk lautstark über das Handling seines RB6: "Das Auto fühlt sich nicht schnell an, aber der Grip wird immer besser. Die Bremsbalance ist zu weit nach hinten geregelt. Insgesamt ein schlechtes Gefühl", vermeldete er während des Trainings.
Keine Unfälle am ersten Tag
Die schlechte Balance führte zwischendurch zu einem Ausritt in der letzten Kurve, der aber ebenso harmlos ausging wie zuvor Fahrfehler von anderen Piloten, darunter auch Schumacher. Am meisten Glück hatte Jaime Alguersuari (16./Toro Rosso/+4,390), der gegen Halbzeit im neuen Streckenabschnitt ins Rutschen kam und nur um Zentimeter an der Leitplanke vorbeischrammte. Sein Teamkollege Sébastien Buemi aus der Schweiz blieb wegen technischer Probleme ohne Zeit.
Kein erfreulicher Auftakt also für die Red-Bull-Familie, denn auch Mark Webber kam nicht über Rang 17 hinaus. Rückstand: 5,035 Sekunden. Allerdings sei angemerkt, dass bei den "Bullen" noch keine Alarmstimmung herrschen muss, weil die Zeitendifferenz zwischen einem vollen und einem leeren Tank bis zu sieben Sekunden betragen kann. Das macht es so unglaublich schwierig, das bisher Gesehene seriös zu interpretieren.
Den Sprung in die Top 10 schafften neben den bereits erwähnten Piloten noch Nico Hülkenberg (Williams) als Sechster, Felipe Massa (Ferrari), der Russe Vitaly Petrov (Renault), Fernando Alonso (Ferrari) und Pedro de la Rosa (Sauber). Adrian Sutil (Force India), heute Morgen sogar Schnellster, konnte seine Zeit nicht verbessern und fiel dadurch auf den zwölften Platz zurück. Dennoch war er wieder schneller als Teamkollege Vitantonio Liuzzi (14.).
Neue Teams Kanonenfutter für die Etablierten
Erwartet groß war der Rückstand der drei neuen Teams. Lotus zog sich noch am besten aus der Affäre, obwohl bei Jarno Trulli (19./+5,581) einmal ein kleines Karosserieteil wegflog. Vor solchen Pannen waren aber auch die etablierten Rennställe nicht gefeit, wie Petrov demonstrierte, als sich der Sicherheitsschaum in seinem Cockpit löste. Die beiden Virgin-Piloten blieben vor solchen Pannen auf der Strecke verschont, standen aber meistens in der Garage.
Karun Chandhok konnte heute keine einzige Runde drehen: "Wir bekommen Kupplung und Getriebe einfach nicht hin", ärgert sich der Inder, der für das neue HRT-Team von Colin Kolles fährt. "Wir haben wahrscheinlich schon fünfmal geglaubt, dass es passen sollte, aber dann ging es doch wieder nicht. Es ist wohl ein elektronisches oder hydraulisches Problem, schätze ich. Zumindest konnte Bruno ein bisschen fahren."
Damit meint er seinen Stallgefährten Bruno Senna, der nach drei Installationsrunden am Vormittag weitere 17 Umläufe absolvierte, bis sich in der Schlussminute eine Radmutter löste und er sein von Dallara gebautes Auto abstellen musste. Ernüchternd: Senna verlor fast zwölf Sekunden auf die absolute Spitze und war um fünf Sekunden langsamer als der Vorletzte, sein brasilianischer Landsmann Lucas di Grassi (Virgin)...