Mohammed bin Sulayem unter Druck: FIA-Vizepräsident tritt zurück!
Update: Im Streit zwischen David Richards und FIA-Präsident Mohammed bin Sulayem hat Robert Reid als FIA-Vizepräsident für Sport sein Amt niedergelegt
(Motorsport-Total.com) - David Richards spart nicht mit Kritik am Automobil-Weltverband (FIA) und dessen Präsidenten Mohammed bin Sulayem. Daran ändert auch ein Briefwechsel mit FIA-Geschäftsführer Alberto Villarreal nichts: Richards wirft dem Weltverband und seinem Präsident weiter fehlende Transparenz vor und prangert außerdem verschärfte Verschwiegenheitsklauseln an.

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FIA-Präsident Mohammed bin Sulayem vor einem FIA-Logo (Fotomontage) Zoom Download
Villarreal kontert in einem Brief vom 7. April 2025 damit, dass Vertraulichkeitsvereinbarungen "ein völlig normaler Bestandteil des geschäftlichen Alltags" sind. Eine "unbefugte Weitergabe von Informationen" schade nicht nur der FIA, sondern untergrabe darüber hinaus die Möglichkeiten des Weltverbands, seiner Verantwortung gegenüber den Mitgliedsklubs gerecht zu werden.
"Es ist daher wenig überraschend, dass die Maßnahmen, welche die FIA zum Schutz der Vertraulichkeit ergriffen hat, von einer überwältigenden Mehrheit des Weltrats für Motorsport unterstützt wurden", schreibt Villarreal.
Anschließend wendet er sich direkt an Richards: "Vor diesem Hintergrund fällt es uns schwer zu verstehen, warum Sie sich dagegen sträuben, denselben Bedingungen zuzustimmen wie Ihre Kolleginnen und Kollegen im Rat - insbesondere da Sie selbst anerkennen, welchen Schaden die zahlreichen Informationslecks aus dem Weltrat dem Auftrag der FIA zugefügt haben."
Der Begriff "Maulkorbregelung" steht weiter im Raum
Richards reagiert daraufhin mit einem Schreiben vom 9. April 2025. Er kritisiert, dass die neue Vereinbarung "weder ein klares Verfahren zur Bewertung eines Verstoßes noch ein unabhängiges Schlichtungsverfahren im Streitfall vorsieht".
"Ich bleibe bei meiner Aussage, dass es sich hierbei de facto um eine 'Maulkorbregelung' handelt. Dennoch werden diese Einwände von Alberto, dem Generaldirektor der FIA, einfach abgetan", schreibt Richards.
"Darüber hinaus stellt die anschließende Entscheidung, mich vom Weltratstreffen auszuschließen, einen Verstoß gegen die FIA-Statuten dar und ist nach französischem Recht unrechtmäßig."
Richards ist bereit für einen Dialog mit der FIA
Er sei trotzdem offen für einen "transparenten Dialog" mit dem Weltverband, betont Richards. "Ich möchte klarstellen, dass ich den höchsten Respekt vor dem Team der FIA habe, das unermüdlich im Namen des Motorsports arbeitet, und vor dem, was in den letzten drei Jahren erreicht wurde."
"Sie halten weiterhin die höchsten Standards in Bezug auf Sicherheit und regulatorische Exzellenz aufrecht - so wie es von der Welt-Motorsportbehörde erwartet wird. Daran hatte ich nie Zweifel."
"Enttäuschend" sei aus seiner Sicht jedoch, dass FIA-Geschäftsführer Villarreal in seiner Antwort "sehr reale Bedenken" übergehe, "die nicht nur von mir, sondern von einer wachsenden Zahl an Personen geäußert wurden. Diese betreffen die zunehmend undurchsichtige Führung und Verfassungsstruktur der FIA, bei der immer mehr Macht in den Händen des Präsidenten konzentriert wird."
FIA-Vizepräsident Robert Reid tritt zurück
Robert Reid sieht das ähnlich. Der bisherige FIA-Vizepräsident für Sport ist am 10. April 2025 mit sofortiger Wirkung von seiner Funktion zurückgetreten. Er begründet diesen Schritt mit der aus seiner Sicht negativen Entwicklung des Weltverbands.
"Ich habe diese Rolle übernommen, um den Mitgliedern der FIA zu dienen, nicht der Macht", erklärt Reid. "Im Laufe der Zeit habe ich eine stetige Erosion der Prinzipien beobachtet, die wir zu wahren versprochen hatten. Entscheidungen werden hinter verschlossenen Türen getroffen, unter Umgehung genau der Strukturen und Menschen, die die FIA eigentlich vertreten soll."
Ralf Schumacher: Sulayem ist kein guter Präsident
Sky-Experte Ralf Schumacher wundert sich über die überraschende Trennung und kritisiert den FIA-Präsident Mohammed bin Sulayem. Weitere Formel-1-Videos
Reid nennt an dieser Stelle keine Namen, sondern betont: "Mein Rücktritt hat nichts mit Persönlichkeiten zu tun. Es geht um Prinzipien. Der Motorsport verdient eine Führung, die rechenschaftspflichtig, transparent und mitgliedsorientiert ist. Ich kann nicht länger guten Gewissens Teil eines Systems bleiben, das diese Werte nicht widerspiegelt."
Frühere FIA-Geschäftsführerin meldet sich zu Wort
Für die frühere FIA-Geschäftsführerin Natalie Robyn kommt all das nicht überraschend. Sie habe in ihrer nur 18-monatigen Zeit beim Weltverband bis Mai 2024 "unter schwierigen Bedingungen daran gearbeitet, die Führungsstruktur der FIA zu stärken und die operative Transparenz zu verbessern". Dann verließ sie ihre Position, um nun bei der BBC erstmals über ihre FIA-Zeit zu sprechen.
Die aktuelle Entwicklung mit Reids Rücktritt betrachtet sie mit Sorge: "Es zeigt eindeutig, dass es weiterhin ernsthafte strukturelle Herausforderungen gibt. Denn wenn professionelle Prozesse nicht eingehalten und Beteiligte von Entscheidungsprozessen ausgeschlossen werden, untergräbt so etwas das Fundament einer starken Organisation."
Robyn weiter: "Es macht mich traurig, diese Entwicklungen zu sehen, da sie sowohl die Glaubwürdigkeit als auch die langfristige Wirksamkeit einer wichtigen Institution bedrohen."
Auch Liberty Media war nicht einverstanden
Richards wiederum hofft noch immer auf ein "sachliches Gespräch mit der Rechtsabteilung der FIA, um diese Angelegenheiten zu klären". Ihm zufolge gibt es "keine unlösbaren Probleme", aber die jetzige Situation sei "völlig unangemessen".
Denn auch andere Beteiligte hätten sich gegen die neue Verschwiegenheitsklausel gestellt, in deren Folge die FIA ihnen entgegenkam und die Vereinbarung individuell anpasste. "Mir hingegen wurde eine solche Möglichkeit bisher nicht eingeräumt", schreibt Richards.
Laut einem Bericht der BBC spielt Richards auf einen Protest seitens Formel-1-Eigentümer Liberty Media an. Der US-Konzern soll nach Kritik an der ursprünglichen Klausel eine entschärfte Version erhalten und unterschrieben haben.
Richards fordert Gleichbehandlung
Deshalb fordert Richards eine Gleichbehandlung aller Beteiligten ein: "Wir dürfen nicht zulassen, dass sich der moralische Kompass unserer Führung derart verschiebt, dass jede Forderung nach Transparenz und offenem Diskurs einfach abgelehnt wird."
Er selbst sei bereit, für seine Haltung einzustehen und FIA-Präsident bin Sulayem direkt mit seiner Kritik zu konfrontieren, sagt Richards. Sein Ziel sei, am Rande des Formel-1-Rennens in Bahrain (alle Einheiten hier im Formel-1-Liveticker verfolgen!) "eine akzeptable Lösung" zu finden.