Warum die FIA Russland meidet, Aserbaidschan aber nicht
FIA-Präsident Mohammed bin Sulayem erklärt die Haltung des Automobil-Weltverbands gegenüber Russland und was im Fall Aserbaidschan anders ist
(Motorsport-Total.com) - Der von Russland begonnene Krieg in der Ukraine ist der Grund, weshalb der Automobil-Weltverband (FIA) keine Rennveranstaltungen mehr in Russland sanktioniert. Auch Aserbaidschan führt Krieg - gegen sein Nachbarland Armenien. Dennoch will die FIA im Dezember 2023 ihre Generalversammlung und ihre Meistergala in Baku in Aserbaidschan abhalten und 2024 wieder dort fahren. Aber wie passt das zusammen?
Das war eine der Fragen, die FIA-Präsident Mohammed bin Sulayem in einer Medienrunde gestellt bekam. Und er berief sich in seiner Antwort auf den Anspruch des Weltverbands, "immer die Neutralität wahren" zu müssen.
Das sei einer der Grundsätze der FIA. "Ich habe diese Regeln nicht aufgestellt, aber wir müssen sie umsetzen", sagt bin Sulayem. "Denn was ist der Sinn von Regeln, wenn du sie nicht umsetzt? Dann machst du dich lächerlich."
Es gibt einen Krieg zwischen Aserbaidschan und Armenien, aber ...
Dass es "da einen Krieg gibt, der hoffentlich [bald] zu Ende geht", das sei ihm bewusst. Er könne aber andererseits "mindestens 20 Länder nennen", in denen es kriegerische Auseinandersetzungen gäbe. "Und wer bin ich, um zu sagen, wer im Recht ist und wer nicht? Wer sind Sie, um zu sagen, wer im Recht ist und wer nicht?"
An dieser Stelle wird bin Sulayem darauf hingewiesen, dass die FIA Abstand nimmt von Veranstaltungen in Russland, weil es als "falsch" eingestuft worden sei, dort zu fahren. Bin Sulayem legt aber wert auf die Feststellung, der Weltverband habe Russland nicht aus den Rennkalendern gestrichen, sondern lediglich "eine Entscheidung [getroffen] basierend auf unseren Statuten [der Neutralität]".
Er erklärt: "Als ich darum gebeten wurde, Russland zu streichen, da sagte ich: 'Nein, ich setze mich nicht über unsere Statuten hinweg.' Wir haben dann eine außerordentliche Mitgliederversammlung einberufen. Denn es kommt darauf an, was die Mitglieder wollen. Sie haben Priorität. Und ich wurde gewählt, um die Wünsche der Mitglieder umzusetzen. Und ich selbst bin auch ein Mitglied."
Gegenfrage von bin Sulayem: Wo zieht man die Grenze?
Die große Frage laute daher vor allem: "Wo fängt man an, [wo hört man auf]?", sagt bin Sulayem. "Legen wir den europäischen Standard auf Afrika an und umgekehrt?"
"Wir müssen immer die Neutralität wahren, sowohl bei Religion als auch bei Politik. Warum? Weil man sich über Demokratie, Ethik und Staatsführung nicht nur dann unterhält, wenn es einem gerade in den Kram passt. Entweder man spricht darüber oder man lässt es sein."