Audi auf dem Vormarsch: Finanzcheck Alfa Romeo Sauber 2023
Budget, Gehälter, Mitarbeiter für 2023: Alfa Romeo vor dem Absprung und Audi in den Startlöchern - Warum Sauber mit dem Schweizer Standort ein Problem hat
(Motorsport-Total.com) - Obwohl das Sauber-Team am Dienstag zum letzten Mal eine Lackierung im Design von Alfa Romeo vorstellt, schwebt der deutsche Automobilhersteller Audi bereits über dem Schweizer Team.
Nach der Bekanntgabe im vergangenen Jahr, dass Audi Sauber 2026 als Werksteam übernehmen wird, wurde klar, dass der Vertrag mit der italienischen Automarke als Titelsponsor nicht verlängert werden wird. Ende 2023 ist für Alfa Romeo Schluss, sodass das Team ab 2024 womöglich einfach wieder Sauber heißen wird.
Obwohl Audi offiziell erst 2026 in die Formel 1 kommen wird, laufen die Vorbereitungen für den Einstieg des deutschen Automobilherstellers schon auf Hochtouren. Im Januar hat die Marke mit den vier Ringen bereits eine Minderheitsbeteiligung am Team erworben, und auch auf personeller Ebene ist der Einfluss bereits zu spüren.
Nach dem Abgang von Teamchef Frederic Vasseur Richtung Ferrari wurde McLaren-Teamchef Andreas Seidl als CEO des Formel-1-Projektes von Audi verpflichtet. Einen klaren Teamchef gibt es nicht, jedoch wurde Alessandro Alunni Bravi als "Teamrepräsentant" ernannt.
Vor dem Deal mit Sauber hatte sich Audi vor allem mit dem McLaren- und Aston-Martin-Team für einen Formel-1-Einstieg beschäftigt, doch in beiden Fällen konnte kein gemeinsamer Nenner gefunden werden. Zudem wäre das Sauber-Team im Jahr 2021 beinahe schon an Michael Andretti verkauft worden.
Als Sauber 2021 noch fast an Andretti verkauft wurde
Der Deal scheiterte jedoch, weil es laut Andretti zu Meinungsverschiedenheiten über die Kontrolle des Unternehmens, "in den letzten Stunden der Verhandlungen", gekommen sein soll. Demnach wäre Andretti zwar Eigentümer des Teams geworden, doch die volle Kontrolle über das Team hätte er nicht gehabt. Zudem wäre fraglich gewesen, wie ein Standort in der Schweiz zu einem dann amerikanischen Team gepasst hätte.
Als Kaufpreis wurden 350 Millionen US-Dollar für 80 Prozent der Anteile festgelegt, doch der aktuelle Eigentümer Finn Rausing hätte zudem verlangt, dass Andretti in den ersten fünf Jahren jeweils noch einmal 50 Millionen Dollar, also insgesamt 250 Millionen Dollar, in das Team investiert.
Sauber vor Audi-Ankunft: Kleines Budget, wenig Mitarbeiter
Vor dem Einstieg von Audi ist Sauber eines der kleinsten Teams der Formel 1, sowohl was das Budget, als auch die Mitarbeiterzahl angeht. "Wir wissen, dass wir von der Zahl der Mitarbeiter her viel zu klein sind", sagte Ex-Teamchef Frederic Vasseur im vergangenen Jahr.
"Auch dass wir heute etwa 500 Leute sind, während einige andere Teams um uns herum vielleicht 200 mehr haben", sagt er. Nur AlphaTauri mit etwa 350 und Haas mit rund 250 Mitarbeitern sind noch kleiner, was jedoch am Geschäftsmodell der beiden Teams liegt. Beide kaufen viele Teile extern ein, weshalb nicht so viel Personal benötigt wird. Das ist bei Sauber anders.
Für die Saison 2022 hat man sich nämlich dazu entschlossen, das Getriebe und die Hinterradaufhängung wieder in Eigenregie herzustellen, nachdem man diese Komponenten zuvor von Ferrari eingekauft hatte. Der Grund dafür ist eine Regel in der Budgetobergrenze.
Warum Sauber jetzt wieder mehr selbst herstellt
"Das hat hauptsächlich mit dem Budgetcap zu tun", sagt Technikdirektor Jan Monchaux gegenüber 'auto motor und sport'. "Lesen Sie sich die Finanzregeln mal durch. Die großen Hersteller haben dafür gesorgt, dass man eine Summe abgezogen bekommt, sobald man bei ihnen etwas einkauft. Eine Strafe für den Kostendeckel sozusagen."
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Demnach muss Sauber für den Bau eines eigenen Getriebes sowie einer Hinterradaufhängung nur ungefähr ein Drittel bezahlen, als wenn man die Teile in Maranello einkaufen würde und dafür auch noch auch die externen Entwicklungskosten von der Budgetgrenze abgezogen bekommt, die laut Monchaux kein realistisches Bild abgeben.
Standortproblem Schweiz: Wettbewerbsnachteil für Audi?
Hinzu kommt ein weiteres Problem. Die Gehälter in der Schweiz sind um einiges teurer als die in Italien und Großbritannien, wo die meisten anderen Formel-1-Teams stationiert sind. Im Kostendeckel gibt es aber keine Anpassung des Lohniveaus, sodass sich Sauber ohnehin weniger Mitarbeiter leisten kann als die Konkurrenz, da die Gehälter unter die Kostenobergrenze fallen.
Laut Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OSZE) waren die Durchschnittslöhne in der Schweiz 2019 um 40 Prozent höher als in Großbritannien und sogar um ganze 70 Prozent höher als in Italien. Audi wird beim Start des Formel-1-Projekts den deutschen Standort Neuburg in die Verlosung bringen, doch auch in Deutschland ist das Lohnniveau höher als in Großbritannien und Italien, womit der Wettbewerbsnachteil bleibt.
Für die Saison 2023 hat sich neben der Teamführung auch der zweite Hauptsponsor geändert. Alfa Romeo bleibt 2023 noch an Bord, doch Sauber hat sich vom polnischen Mineralölveredeler und Tankstellenbetreiber Orlen getrennt und dafür einen Deal mit dem Onlinecasino Stake abgeschlossen, sodass das Team nun offiziell "Alfa Romeo F1 Team Stake" heißt.
Die wichtigsten Finanzkennzahlen des Alfa-Romeo-Teams
Anhand von Vergleichsschätzungen sowie weiteren Recherchen haben wir die wichtigsten Finanzkennzahlen des Alfa-Romeo-Teams für die Saison 2023 zusammengefasst. Dabei sind diese Zahlen mit größeren Unsicherheiten behaftet, da Sauber mit dem Sitz in der Schweiz nicht dazu verpflichtet ist, Bilanzen offenzulegen, wie es zum Beispiel bei den britischen Teams mit dem dortigen Handelsregister ("Companies House") der Fall ist.
(Weitere Informationen über das Alfa-Romeo-Formel-1-Team gibt es hier im Team-Porträt)
Die bisherigen Finanzchecks in der Übersicht
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