Stefano Domenicali: Die Formel 1 braucht Andretti nicht
Warum sich Formel-1-Chef Stefano Domenicali nicht für Andretti als elftes Team begeistern kann und was er den US-Amerikanern als weiteres Vorgehen nahelegt
(Motorsport-Total.com) - Mercedes-Teamchef Toto Wolff hat deutliche Worte gefunden: Lieber einen neuen Hersteller in die Formel 1 holen als ein elftes Team. Und Formel-1-Chef Stefano Domenicali scheint ähnlich zu denken, wenn er sagt: "Ich glaube, in der heutigen Formel 1 haben wir kein Problem mit der Quantität."
Diese Bemerkung darf als weiterer Rückschlag für Andretti gewertet werden, das US-Team, das gerne in die Formel 1 einsteigen würde, dort aber auf unterschiedliche Reaktionen stößt. So sehr manche Fans zwei zusätzliche Autos im Feld begrüßen würden, so groß ist der Widerstand unter den bestehenden Rennställen, weil sie ihre Formel-1-Einnahmen dann mit einem neuen Konkurrenten teilen müssten.
Doch Domenicali wirbt um Verständnis für die ablehnende Haltung von Wolff und Co. und meint: "Toto ist ein Teamchef, hält 30 Prozent an [dem Formel-1-Team von] Mercedes. Er hat das Team zu acht [WM-Titeln] in Folge geführt. Da gibt es nichts weiter zu sagen."
Domenicali rät Andretti: Einfach ruhig verhalten
Andretti wiederum falle vor allem durch schlagzeilenträchtige Aussagen auf. Und es gehe "wirklich darum, nicht nur denjenigen zuzuhören, die mit lauter Stimme reden", sagt Domenicali. Er fügt hinzu: "Andere [Bewerber] sind bei ihrem Anliegen anders vorgegangen."
"Wir evaluieren also nicht nur Andretti, sondern auch andere, die in aller Stille darlegen, wer sie sind, und die sich an unsere Abläufe halten. Dieses Protokoll muss erfüllt sein, von allen, auch von Andretti. Das ist die Situation, da hat sich nichts verändert."
"Ich habe sehr oft mit Mario [Andretti] und Michael [Andretti] gesprochen und wir mögen unterschiedlicher Meinung sein. Unterm Strich aber geht es darum, ein Protokoll zu befolgen. Und am Ende trifft jemand die Entscheidung." Er selbst könne hier und heute nicht "ja" oder "nein" zu Andretti sagen.
Warum Domenicali nicht auf ein elftes Team drängt
Domenicali deutet aber an: Er selbst drängt nicht auf ein elftes Team in der Formel 1, denn "wir haben kein Problem mit der Quantität", so sagt er erneut. Und weiter: "Ich glaube nicht, dass mehr Teams mehr Wert für die Formel 1 bedeuten würden. Wir sehen nämlich bereits einen Wertzuwachs."
Automobil-Weltverband (FIA) und Formel 1 müssten daher "vernünftig" vorgehen: "Es bräuchte ein Team oder einen Hersteller, der wirklich standhaft ist, wirklich stark, der sich langfristig darauf einlassen will. Ich sehe aber beim besten Willen nicht, dass die [Vergrößerung des Feldes] einen großen Vorteil für die Formel 1 bringen würde."
Die Nachfrage durch Andretti und andere Teams aber zeige ein grundsätzliches Interesse an der Formel 1, meint Domenicali, und das begrüße er ausdrücklich. "Wir haben bei den Rennen ja eine ähnliche Situation: Es wollen deutlich mehr Leute einen Grand Prix austragen als es Leute gibt, die gehen wollen."
Andretti: Partnerschaft mit Sauber fehlgeschlagen
Deshalb rät Domenicali potenziellen Neueinsteigern von einer Bewerbung als eigenständiges Team ab. Sie sollten stattdessen lieber "mit den derzeitigen Herstellern und Teams in Verhandlungen treten, sofern diese den Eindruck haben, sie sind zu schwach aufgestellt oder haben keine Zukunft mehr in der Formel 1". Sprich: Man solle sich mit bestehenden Teams zusammentun.
Auch das hat Andretti bereits versucht und ist gescheitert: Das Übernahme-Angebot an Sauber, das aktuell als Alfa Romeo in der Formel 1 antritt, wurde abgelehnt.