• 15. August 2020 · 09:01 Uhr

Concorde-Agreement: Toto Wolff frustriert über "Arschkriecher"

Bis Dienstag soll das neue Concorde-Agreement unterschrieben sein - mit einer neuen Klausel, die es ermöglicht, jedes Jahr straffrei aus der Formel 1 auszusteigen

(Motorsport-Total.com) - Die Verhandlungen über ein neues Concorde-Agreement für die Jahre 2021 bis 2025 biegen dieser Tage offenbar auf die Zielgerade ab. Nachdem Toto Wolff noch vor einer Woche in Silverstone angedeutet hat, dass Mercedes nicht dazu bereit ist, die Vereinbarung in der aktuellen Form zu unterzeichnen, scheint seither etwas passiert zu sein.

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Toto Wolff und Zak Brown: Die Teamchefs spielen die politische Klaviatur Zoom Download

Stand Barcelona sagt der Mercedes-Teamchef: "Ich habe in Silverstone meine Meinung geändert. Aus dem Grund, dass ich nicht glaube, dass die Teams je eine gemeinsame Front bilden werden. Jeder versucht, für sich selbst kleine Nebendeals auszuhandeln, und es gibt immer wieder Querschläger in den Medien. Daher machen wir das mit Liberty jetzt selbst."

Wolff hatte bis Silverstone offenbar versucht, die zehn Formel-1-Teams dazu zu bewegen, nicht einzeln, sondern nur im Kollektiv das Angebot von Rechteinhaber Liberty Media zu unterschreiben. Liberty stellte diesen Bemühungen einen Fünf-Millionen-Dollar-Sonderbonus für jedes Team entgegen, das bis zum 12. August unterschreibt.

Inzwischen wurde diese Frist auf 18. August verschoben. Wer bis dahin an Bord kommt, bekommt trotzdem fünf Millionen. Mercedes macht jetzt, unabhängig von den anderen Teams, sein eigenes Ding: "Ich hatte letztes Wochenende gute Gespräche mit Chase (Carey, Formel-1-CEO; Anm. d. Red.). Ich finde, dass wir jetzt einen guten Punkt erreicht haben und das Concorde unterschreiben können."

Concorde-Agreement: Gibt es einen neuen Namen?

Sollte das stimmen, ist ein ganz elementares Fragezeichen aus der Welt geschafft, denn Wolff war zuletzt der größte Bedenkenträger, was die letzten Entwürfe des neuen Concorde-Agreements anging. Von dem übrigens noch niemand genau weiß, wie es eigentlich heißen wird: "Ich bin mir nicht sicher, ob wir es weiterhin Concorde nennen", deutet McLaren-CEO Zak Brown an.

Eine Namensänderung des Grundlagenvertrags der Formel 1, der alle Teams an den Rechteinhaber bindet, wäre keine Überraschung. Liberty Media versucht seit der Übernahme der Kontrolle im Sport fast krampfhaft, sich von jeder Symbolik zu lösen, die noch aus der Ecclestone-Ära stammt. Und der Begriff Concorde-Agreement hat in der Ecclestone-Ära eine prägende Rolle gespielt.

Über den Inhalt des neuen Grundlagenvertrags ist schon einiges durchgesickert: dass Ferrari weiterhin eine (wenn auch reduzierte) finanzielle Sonderstellung haben wird, dass Ferrari weiterhin ein Vetorecht behält. "Unsere Rolle in der Formel 1 wird anerkannt. Das war für uns sehr wichtig. Jetzt sind wir bereit zu unterschreiben", sagt Mattia Binotto.


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Weniger bekannt ist, dass nicht bis 2025 bleiben muss, wer das neue Concorde-Agreement unterschreibt. Bisher konnte ein Team innerhalb einer Concorde-Periode nur gegen Zahlung von sehr hohen finanziellen Strafen vorzeitig aus der Formel 1 aussteigen. Das gab dem Rechteinhaber eine gewisse Sicherheit über sein Starterfeld.

Neue Ausstiegsklausel für die Teams

Doch angesichts der Coronakrise haben mehrere Hersteller klargemacht, dass sie nicht bereit sind, sich bis 2025 an die Formel 1 zu ketten. Sollte das Bedingung sein, würde man lieber gar nicht unterschreiben und gleich Ende 2020 aussteigen. Inzwischen hat man einen Kompromiss gefunden: Jedes Team kann am Ende einer jeden Saison straffrei aussteigen.

Ein hypothetisches Beispiel: Sollte ein Hersteller wie Daimler einen Ausstieg aus der Formel 1 planen, jedoch den achten WM-Titel für Lewis Hamilton 2021 noch mitnehmen wollen, so müsste man bis zum 31. März 2021 sowohl den Rechteinhaber als auch alle anderen Teams schriftlich darüber informieren, dass man die Formel 1 zum Jahresende 2021 verlassen wird.


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Das bietet für Liberty Media und die Formel-1-Aktie nicht das gleiche Maß an Sicherheit wie das bisherige Concorde-Agreement, mit dem Bernie Ecclestone die Teams ohne Schlupflöcher bis zum Ende der Laufzeit an sich gebunden hat. Aber es war die einzige Möglichkeit, nicht schon per Ende 2020 einen Ausstieg etwa von Daimler oder Renault zu riskieren, berichten gut unterrichtete Quellen.

Mercedes hatte bei dem auf dem Tisch liegenden Vorschlag übrigens bis zuletzt die größten Bedenken. "Wir haben klargemacht, dass wir mit der gerechteren Verteilung des Preisgelds einverstanden sind", so Wolff vor einer Woche in Silverstone. "Ich würde aber sagen, dass wir das größte Opfer sind, was den Verlust an Preisgeld-Einnahmen betrifft."

Wolff findet: Mercedes steigt am schlechtesten aus

Der Mercedes-Teamchef erklärt: "Ferrari hat seine privilegierte Position behalten. Für Red Bull gleicht es sich aus, weil sie auf der AlphaTauri-Seite mehr einnehmen. Also trifft es uns am härtesten. Ich finde aber, dass Mercedes in den vergangenen Jahren sehr viel für diesen Sport geleistet hat. [...] Und wir haben den Fahrer mit der weltweit größten Strahlkraft."

"Ich glaube, wenn wir ein vernünftiges Concorde-Agreement erzielen, das die Positionen aller Beteiligten respektiert, das vielleicht in der einen oder anderen Frage einen Kompromiss erzielt, dann ist das auf jeden Fall ein Sport, in dem wir bleiben wollen. Das haben wir auch öffentlich gesagt. Und auch Ola Källenius, unser CEO."

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Alle Meinungen unter einen Hut zu bringen, ist in der F1 nicht immer einfach Zoom Download

Die Concorde-Verhandlungen waren für Wolff aber offenbar ein frustrierender Prozess. Einerseits findet er, dass Mercedes seitens des Rechteinhabers nicht die Behandlung erfahren hat, die das Team seiner Ansicht nach erfahren sollte. Und zweitens ärgert ihn, dass einige seiner Teamchef-Kollegen, so stellt er es zumindest dar, mit gezinkten Karten gespielt haben.

"Zu einigen Teamchefs muss ich sagen: Wenn sie vor der Kamera stehen, kriechen sie dem Rechteinhaber in den Arsch. Wenn wir dann das Meeting haben, sind sie plötzlich total aufgedreht und diejenigen, die am lautesten schreien. Ich denke, es geht darum, wie ein Mann zu seiner Meinung zu stehen und diese auszusprechen", so Wolff in Silverstone.

Journalist konfrontiert Wolff mit vulgärer Aussage

Eine Aussage, mit der er vom Journalisten Dieter Rencken konfrontiert wird. Der will wissen, wie er das denn gemeint habe und ob es sich für einen Anteilseigner einer Daimler-Tochter gehöre, im TV so vulgäre Sprache (im englischen Original: "up the arse") zu verwenden. Wolff antwortet mit einem ironischen Konter: "Ich respektiere, Dieter, dass du die moralische Autorität des Sports bist."

"Wir sind als Teams nicht dazu in der Lage, uns auf einen gemeinsamen Standpunkt zu einigen."Toto Wolff
"Was mich frustriert hat", erklärt er, "war, dass wir als Teams nicht dazu in der Lage sind, uns auf einen gemeinsamen Standpunkt zu einigen. Nicht um gegen Liberty oder die FOM anzugehen - ganz und gar nicht. Aber in unseren Meetings scheinen alle die gleichen Klarstellungen zu fordern und die gleichen Markierungen für die Verträge als notwendig zu erachten."

"Dann gehen wir aus dem Meeting raus, und on air höre ich dann ganz andere Meinungen als das, was im Meeting gesagt wurde. Das finde ich frustrierend. Ich weiß nicht, warum das so ist, denn ich habe meinen Standpunkt diesbezüglich denen, die es betrifft und die sofort nach dem Meeting jemanden anrufen, bereits mitgeteilt."

Letztendlich habe er auf diese politischen Spielchen aber keine Lust mehr gehabt, unterstreicht Wolff. Und weil es scheinbar unmöglich ist, alle Teams auf Linie zu bringen, macht jetzt wohl doch jeder sein eigenes Ding: "Ich bin an einen Punkt gekommen, an dem ich sage: Wenn wir es als Teams nicht schaffen, uns auf eine Linie zu verständigen, dann machen wir es halt alleine."

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