Wegen Budgetobergrenze: Ferrari prüft Einstieg in die IndyCar-Serie
Wird es dieses Mal ernst? Mattia Binotto bestätigt, dass Ferrari ernsthaftes Interesse an der IndyCar-Serie hat - Allerdings müssten dort die Regeln geändert werden
(Motorsport-Total.com) - Bislang waren es nur Gerüchte, nun hat Ferrari-Teamchef Mattia Binotto offiziell bestätigt, dass die Scuderia einen Einstieg in die IndyCar-Serie ernsthaft prüft. Hintergrund ist die neue Budgetobergrenze in der Formel 1, die ab 2021 greift. Um keine Leute entlassen zu müssen, sucht man laut Binotto nun nach Alternativen für die betroffenen Mitarbeiter.
"Ferrari empfindet seinen Angestellten gegenüber eine Hohe soziale Verantwortung, und wir wollen sicherstellen, dass jeder auch in Zukunft einen Arbeitsplatz haben wird", erklärt Binotto bei 'Sky' und verrät: "Aus diesem Grund haben wir begonnen, alternative Programme zu evaluieren. Ich kann bestätigen, dass wir uns die IndyCar-Serie ansehen."
"Wir schauen uns auch Langstreckenrennen und andere Serien an. Wir werden versuchen, die beste Entscheidung zu treffen", so der Teamchef. Ursprünglich sollte die Budgetgrenze ab 2021 175 Millionen US-Dollar betragen. Doch die Coronakrise sorgte dafür, dass der Kostendeckel noch einmal gesenkt wurde und nur noch bei 145 Millionen Dollar liegen wird.
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1986: Ja, bereits in den 80ern liebäugelt Ferrari mit einem Formel-1-Ausstieg. Damals segnet noch Enzo Ferrari persönlich den Bau eines IndyCars ab, weil er unzufrieden mit dem angekündigten neuen Motorenreglement der Königsklasse ist. Der Ferrari 637 (Foto) aus der Feder von Gustav Brunner wird sogar gebaut - kommt aber nie zum Einsatz. Fotostrecke
Zwar gibt es zahlreiche Ausnahmen wie die Fahrergehälter, doch Binotto erklärt: "Wir bei Ferrari haben uns auf Basis des Budgets aufgestellt, das im vergangenen Jahr abgesegnet wurde. Die weitere Reduzierung [um 30 Millionen] ist eine große Herausforderung, die es unvermeidbar macht, Mitarbeiter, Struktur und Organisation noch einmal zu prüfen."
Für einen Einstieg in die US-Serie müssten dort allerdings erst einmal die Regeln geändert werden. Aktuell wird dort mit Einheitschassis von Dallara gefahren, dazu gibt es mit Chevrolet und Honda zwei Motorenhersteller. US-Legende Mario Andretti erklärte jüngst, er würde sich einen Kampf zwischen den beiden italienischen Chassisherstellern wünschen.
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Von offizieller Seite gibt es bislang allerdings noch keine Anzeichen, dass die Regeln wirklich angepasst werden. Ebenso sind auch keine Gespräche zwischen Ferrari und IndyCar-Besitzer Roger Penske offiziell bestätigt. Bei der Scuderia ist es nicht das erste Mal, dass man mit einem Sprung über den großen Teich liebäugelt.
In den 80er-Jahren war Ferrari schon einmal kurz davor, in die damalige CART-Serie einzusteigen. Mit dem 637 gab es sogar bereits ein fertiges IndyCar. Bis heute ist nicht geklärt, ob die Scuderia damals ernsthafte Pläne verfolgte oder ob man den Boliden lediglich als Druckmittel verwendete, um damals seine Interessen in der Formel 1 durchzusetzen.
Dieses Mal ist die Sachlage etwas anders, denn Binotto deutet an, dass man in Maranello in beiden Serien parallel an den Start gehen könnte. Ein kompletter Ausstieg aus der Königsklasse dürfte kein Thema sein, weil ein IndyCar-Projekt einen viel geringeren Umfang hätte und man nicht alle Formel-1-Mitarbeiter dort unterbringen könnte.