• 23. April 2020 · 08:10 Uhr

Wegen Budgetobergrenze: Ferrari droht mit Formel-1-Ausstieg

Teamchef Mattia Binotto stellt klar: Wenn die Budgetobergrenze in der Formel 1 weiter abgesenkt wird, könnte Ferrari ernsthaft über einen Ausstieg nachdenken

(Motorsport-Total.com) - Das Ferrari-Team droht damit, aus der Formel 1 auszusteigen, sollte die derzeit diskutierte Budgetobergrenze zu radikal nach unten gesetzt werden. Stand heute ist eine Deckelung der jährlichen Ausgaben eines Grand-Prix-Teams auf 175 Millionen US-Dollar (umgerechnet rund 160 Millionen Euro) geplant. Konkret diskutiert wird eine weitere Absenkung des sogenannten "Caps" auf 145 Millionen Dollar - und es gibt sogar Stimmen, die eine 100-Millionen-Grenze fordern.

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Mattia Binotto droht erstmals konkret mit einem Ausstieg aus der Formel 1 Zoom Download

Verglichen mit den 175 Millionen, die 2019 von den Verantwortlichen beschlossen wurden (geplanter Start: 2021), seien die jetzt diskutierten 145 Millionen bereits "eine neue und sehr herausfordernde Anfrage", sagt Ferrari-Teamchef Mattia Binotto in einem Interview mit dem 'Guardian'.

"Das kann nicht ohne weitreichende Opfer erreicht werden. Damit meine ich besonders unser Personal. Wenn die Obergrenze noch weiter abgesenkt wird, möchten wir nicht an einen Punkt gelangen, an dem wir uns andere Optionen überlegen müssen, unsere Racing-DNA anwenden zu können."

Ferrari beschäftigt am Standort Maranello für das Formel-1-Programm geschätzt 1.500 Mitarbeiter - eine Zahl, die mit einer Budgetobergrenze nicht zu halten sein wird. Das ist die Kehrseite der Medaille, wenn es um Einsparungen geht: Möglicherweise gesündere Unternehmen und geringere Kosten bedeuten bei den Topteams fast zwangsläufig viele Arbeitslose.

Ferrari: Stufen-Budgetgrenze wäre wünschenswert

Binotto gehört auch zu denen, die eine zweistufige Budgetobergrenze befürworten. Sprich: Teams, die Kunden beliefern, etwa mit Motoren oder auch Chassiskomponenten, sollten mehr ausgeben dürfen als reine Kundenteams wie etwa Haas eins ist.

Der Idee von Red-Bull-Teamchef Christian Horner, statt einer radikaleren Budgetobergrenze den kleineren Teams komplette Vorjahresauto zum Kauf anzubieten, steht Ferrari "offen" gegenüber, "wenn die derzeitige Notlage wirklich die Existenz einiger unserer Konkurrenten in diesem Sport gefährden sollte", sagt Binotto.


Fotostrecke: Alle Jahre wieder: Chronologie der F1-Ausstiegsdrohungen von Ferrari

Er warnt aber davor, das Thema Budgetobergrenze undifferenziert zu betrachten: "In der Formel 1 haben wir Teams mit ganz unterschiedlichen Voraussetzungen. Sie operieren in unterschiedlichen Ländern mit unterschiedlicher Gesetzgebung und haben ihre eigenen Arbeitsweisen. Insofern ist es nicht so einfach, strukturelle Änderungen zu implementieren, indem wir die Kosten linear deckeln."

Ferrari sei, betont Binotto, "voll bewusst", dass die Weltwirtschaft und damit auch die Formel 1 mitten in einer gewaltigen Herausforderung stecken. Jetzt sei aber nicht die Zeit für "überhastete Reaktionen", denn: "Dann besteht das Risiko, dass wir Entscheidungen aus einer Notlage heraus treffen, ohne die Konsequenzen ausreichend zu evaluieren."

Ferrari: Formel 1 muss die Königsklasse bleiben

Ferraris Standpunkte beim Thema Einsparungen sind nicht neu: "Die Formel 1 muss, was Technologie und Performance betrifft, die Königsklasse des Motorsports bleiben", unterstreicht Binotto. Wenn die Ausgaben zu stark limitiert werden, "laufen wir Gefahr, das Niveau beträchtlich abzusenken und näher an die Nachwuchsformeln heranzurücken".


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Der Vollständigkeit halber sei erwähnt: Die aktuelle Ausstiegsdrohung von Ferrari ist nicht die erste in der Geschichte der Scuderia. 1986 hatte der österreichische Designer Gustav Brunner mit dem 637 bereits einen Ferrari für die IndyCar-Serie gebaut, weil sich Enzo Ferrari nicht mit der geplanten Einführung von V8-Motoren anfreunden konnte.

Der 637 hat jedoch nie an einem IndyCar-Rennen teilgenommen, und auch spätere Ausstiegsdrohungen von Ferrari, etwa im Zuge der Verhandlungen neuer Concorde-Agreements, sind letztendlich stets im Sand verlaufen. Ob die jetzt in den Raum gestellte Drohung mehr Substanz hat und sich bewahrheitet, bleibt abzuwarten.

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