100 statt 175 Millionen: McLaren plädiert für niedrigere Budgetobergrenze
McLaren-Teamchef Andreas Seidl wünscht sich eine Senkung der Maximalausgaben in der Formel 1, um das Überleben der Rennserie zu gewährleisten
(Motorsport-Total.com) - "Das Allerwichtigste ist, dass die Budgetobergrenze weiter nach unten kommt", sagt McLaren-Teamchef Andreas Seidl. Es brauche diese Maßnahme, um das Überleben der Formel 1 zu sichern. Denn: "Ich glaube, mit dem aktuellen Status Quo [in der Coronakrise] laufen wir definitiv Gefahr, die Existenz einiger Teams zu gefährden."
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Die Kosten müssen runter, sonst dreht sich bald kein Rad mehr, sagt Andreas Seidl Zoom Download
Laut Seidl braucht es "nicht viele Teams, um die Formel 1 an den Rand des Abgrunds zu bekommen". Sollten zum Beispiel gleich mehrere Rennställe wirtschaftlich zur Aufgabe gezwungen sein, die Formel 1 könnte womöglich nicht mehr genug Fahrzeuge für den Erhalt des WM-Status aufbringen.
Es sei "nicht nur eine Sorge, sondern eine Realität", dass Formel-1-Teams die Saison 2020 nicht überstehen könnten, sagt Seidl weiter. "Es besteht ein großes Risiko, dass wir Teams in dieser Krise verlieren könnten. Denn wir wissen ja bisher nicht, wie das Einkommen dieses Jahr aussehen wird."
Der McLaren-Vorschlag im Detail
Deshalb drängt Seidl darauf, die Budgetobergrenze für 2021 von derzeit 175 Millionen Dollar deutlich abzusenken. "Wir wären auch absolut einverstanden damit, und das ist auch die Richtung, in die wir pushen, Richtung 100 Millionen zu gehen", meint er.
Das wären umgerechnet gut 92 Millionen Euro im Vergleich zu den aktuell angesetzten rund 160 Millionen Euro pro Jahr und Team.
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Und Seidl betont: Das eigentliche Budget eines Rennstalls würde ohnehin darüber liegen. "Es gibt ja noch immer genügend Ausnahmen. Ich bin überzeugt, dass man mit einer Grenze von 100 Millionen [Dollar] auch weiterhin einen super Sport bieten kann."
Formel 1 muss kurz- und langfristig denken
Die Formel 1 müsse sich nur bewahren, "die schnellsten Autos auf diesem Planeten" ins Rennen zu schicken und weiterhin auf Hightech zu setzen. "Das", so Seidl, "ist wichtig für die Formel 1."
Die geringeren Budgets wären seiner Meinung nach die perfekte Ergänzung zu diesem Paket. "Es würde enorm helfen, die Show noch weiter zu verbessern, das Feld enger zusammen zu haben und, das Allerwichtigste, die Plattform der Formel 1 grundsätzlich für alle Teilnehmer nachhaltig zu gestalten."
Aber wie könnte eine Budgetreduzierung jetzt helfen, wenn eben diese erst 2021 zum Tragen kommt? Seidl verweist auf zahlreiche "kurzfristige Maßnahmen", die bereits greifen: "Verlängerung des Shutdowns [in den Werken], das Einfrieren verschiedener Komponenten an den aktuellen Fahrzeugen bereits für dieses und für das nächste Jahr."
Verantwortliche stehen vor "großen Entscheidungen"
"Das sind die richtigen Maßnahmen, um sicherzustellen, dass wir im Worst Case im nächsten Jahr mit den gleichen Autos an den Start gehen können, selbst wenn [2020] gar keine Rennen stattfinden und wir den maximalen finanziellen Impact haben."
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Jean Todt als Präsident des Automobil-Weltverbands FIA in dieser Hinsicht richtige Impulse gegeben, meint Seidl. "Mit seiner Führung sind wir sehr zufrieden." Todt und Formel-1-Boss Chase Carey stünden nun aber vor "großen Entscheidungen", um die Teams zu schützen und damit auch die Formel-1-Zukunft.
Dass die Formel 1 eine Zukunft hat, davon ist Seidl überzeugt: "Ich sehe keine Anzeichen, dass die Formel 1 nächstes Jahr nicht mehr existiert. Das größte Risiko ist der Verlust von Teams, wenn wir nicht entschlossen handeln."
Formel 1 mit 70 Millionen pro Jahr?
Entschlossen zu handeln, das könnte eben eine Absenkung der Budgetobergrenze bedeuten. Genau das schlägt auch Formel-E-Serienchef Alejandro Agag für die Formel 1 vor. Er würde das Maximalbudget sogar auf nur knapp 70 Millionen Euro festschreiben.
Was Seidl davon hält? Seine Antwort: "Er hat leicht reden, er leitet diese Rennserie ja nicht. Ich halte [92 Millionen Euro] für eine gute Hausnummer für ein Formel-1-Team, wie wir es in der Formel 1 sehen wollen."
In einem weiteren Schritt müsse es dann darum gehen, die Rennserie "gesünder und nachhaltiger" zu gestalten. "Und das hilft dann hoffentlich auch den Teams, die Krise zu überstehen", sagt Seidl.