Chase Carey kritisiert Ecclestone: "Keine langfristige Planung"
Der neue Formel-1-Boss Chase Carey erklärt, warum eine ganze Firma geschaffen wird, um Bernie Ecclestone zu ersetzen, und wo die Schwächen des Vorgängers lagen
(Motorsport-Total.com) - In Zeiten Bernie Ecclestones war die Formel 1 eine One-Man-Show. Beim Briten, der mit Hilfe seines Handlangers Pasquale Lattuneddu den Grand-Prix-Sport dirigierte, führten alle Wege zusammen. Seit der Übernahme durch Liberty Media ist der Sport breiter aufgestellt: Chase Carey hat die allgemeine Leitung über, Ross Brown ist für die sportliche Seite zuständig, Sean Bratches für das Finanzielle.
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Chase Carey will die Formel 1 auf ein professionellere Plattform stellen Zoom Download
Dabei soll es aber keineswegs bleiben, wie Formel-1-Boss Carey klarstellt. "Eines der spürbarsten Dinge, die wir bislang getan haben, ist die Erstellung einer Firma, die hinter dem Sport steht", sagt er. "Bis wahrscheinlich August sollten die Schlüsselpersonen an Bord sein, und dann werden wir in ein Büro ziehen. Dann haben unsere Leute auch ein Dach über dem Kopf. Bislang hatte der Sport ja keine Firma im Hintergrund. Bernie war schließlich eine One-Man-Show mit finanzieller und rechtlicher Unterstützung."
Der US-Amerikaner erklärt, dass man sechs Wochen vor Beginn der Saison die ersten Weichen gestellt habe. "Und bis vor sechs Wochen gab es nur Sean, Ross und mich", beschreibt er den Prozess. Doch warum benötigt man so viele Menschen, um Ecclestone zu ersetzen? "Wenn wir 100 Dinge machen müssen, dann werde ich das nicht schaffen", argumentiert er. "Wir benötigen also Expertise."
Vor Liberty gab es keine wissenschaftlichen Studien
Das Ziel sei es, den Sport auf eine professionellere Basis zu stellen. "Wir haben nun unsere ersten wissenschaftlichen Studien erhalten", gibt er ein Beispiel. "Bislang gab es keine Forschung. Das mussten wir in die Wege leiten, denn die Untersuchungen und Studien werden uns dabei helfen, Urteile zu fällen. Und damit meine ich durchdachte Beurteilungen. Ich habe kein Interesse daran, Dinge einfach zu tun, damit wir sagen können, dass wir etwas getan haben, anstatt es richtig und durchdacht zu machen."
Fotostrecke: "Wir sind die Mafia"
1969 trafen sich Bernie Ecclestone und Max Mosley zum ersten Mal, im Rahmen eines Formel-2-Rennens. Erst bei einem Meeting der damaligen Formula One Constructors Association (FOCA) im Jahr 1971 kam es aber zum ersten Gespräch der beiden Männer, die die Kontrolle über die Königsklasse des Motorsports schon bald an sich reißen sollten. Fotostrecke
Wie die neue Struktur aussehen soll? "Wir haben eine Sponsoring-Gruppe, eine TV-Gruppe, eine Gruppe für Digitales, eine Marketing-Gruppe, eine PR-Gruppe und eine Forschungs-Gruppe", gibt Carey interessante Einblicke. "Und somit haben wir Leute, die das Geschäft auf eine Art und Weise vorantreiben können, die notwendig ist."
Carey: Was in drei Monaten passiert, ist nicht relevant
Unter Ecclestones Führung habe das nicht funktioniert, übt der neue Formel-1-Boss Kritik: "Dem Sport wurde nicht entsprechend gedient, weil man kurzfristig dachte. Dadurch sind Strategie, Vision und langfristige Planung und der Wille, in den Sport zu investieren, auf der Strecke geblieben." Daher sieht er viel ungenutztes Potenzial, das vor allem das Erlebnis für die Zuschauer aufwerten soll.
An kurzfristigen Änderungen habe er hingegen kein Interesse. "Für uns stellt sich viel mehr die Frage, wo der Sport in drei Jahren als in drei Monaten sein wird. Ein Beispiel dafür sei die Debatte, welches Antriebsreglement ab 2021 in Kraft treten wird. "Das wird nicht in drei Monaten passieren, was aber nicht bedeutet, dass wir nicht zahlreiche Meetings hatten, bei denen darauf hingearbeitet wird." Dabei wolle man alle Interessengruppen einbinden.