Medienblockade: Toto Wolff nimmt Ferrari in Schutz
Mercedes-Sportchef Toto Wolff bringt Verständnis für die "schwierige Situation" von Ferrari auf, die zu einer Abschottung von den Medien führt
(Motorsport-Total.com) - Während sich der neue Rennserien-Eigentümer Liberty Media zu einer offeneren Formel 1 bekennt, schottet sich Ferrari derzeit zunehmend vor den klassischen Medien ab. Das sorgte in den vergangenen Wochen mehrfach für Diskussionen, stößt aber bei Toto Wolff durchaus auf Verständnis.
"Man muss respektieren, dass die Ferraris in einer schwierigen Situation sind", erklärt der Mercedes-Sportchef. "Der Druck in Italien ist groß. Ich glaube, nach dem letzten Jahr war die Entscheidung: Lass uns den Ball flach halten und performen. So empfinde ich das. Für mich ist das okay."
Bereits beim Car-Launch hatte Ferrari die klassischen Medien ausgeklammert und nur eine inszenierte PR-Show in den sozialen Netzwerken dargeboten. Bei den Testfahrten wurden dann weder Hintergründe zu technischen Problemen erklärt noch ausführliche Interviewmöglichkeiten mit den Fahrern arrangiert. Und an unserer exklusiven Teamchef-WM-Umfrage 2017 nahm nur ein einziger Teamchef nicht teil: Maurizio Arrivabene.
Die Krone aufgesetzt wurde dem Treiben am Samstag nach dem Qualifying in Melbourne, als die Medienrunde mit Kimi Räikkönen schon nach dreieinhalb Minuten abgebrochen wurde. Interessanterweise postete Ferrari etwas später ein Video von der kompletten Medienrunde auf Twitter. Da hätten die anwesenden Journalisten auch gleich zu Hause bleiben können...
Dass das einigen Journalisten sauer aufstößt, kann Wolff nachvollziehen, denn: "Die Medien sind Part unseres Sports. Ohne Medien gäbe es überhaupt keine Resonanz auf das, was wir tun - dann würde es niemanden interessieren. Insofern sind wir alle gemeinsam in diesem Sport", weiß er und plädiert: "Jeder muss für den anderen arbeiten."
Mercedes selbst versucht vorbildlich, die aufeinanderprallenden Interessen aller Beteiligten smart zu wahren. So sind zum Beispiel während der Medienrunden für schreibende Journalisten keine TV-Kameras zugelassen, damit Internet und Zeitschriften nicht entwertet werden. Umgekehrt gibt es spezielle Interviewmöglichkeiten nur für das Fernsehen. Und auf Facebook & Co. spielt das Team eher die Karte Entertainment aus und versucht nicht, den klassischen Medien zuvorzukommen und sie so überflüssig zu machen.
"Sicher muss man das Fahrerlager meiner Meinung nach für eine moderne Art der Kommunikation öffnen, etwa für die sozialen Medien", betont Wolff. "Aber gleichzeitig dürfen wir nicht diejenigen kannibalisieren, die Geld und Zeit und Know-how investieren, um hier vor Ort zu sein und darüber zu berichten."