Jean Todt: FIA hat nicht genug Macht und Einfluss
FIA-Präsident Jean Todt gibt zu, dass dem Verband in der aktuellen Formel 1 der Einfluss fehlt - Eine dritte Amtszeit kann sich der Franzose dennoch vorstellen
(Motorsport-Total.com) - Hinter den Kulissen der Formel 1 wird diskutiert, Macht ausgeübt und politisiert. Ex-FIA-Präsident Max Mosley hatte bereits gewarnt, dass aktuell die Motorenhersteller Mercedes und Ferrari die Fäden in der Hand halten. Auf der anderen Seite gaben sich der Automobilweltverband FIA und Promoter Bernie Ecclestone mit der Farce um das neue Qualifying-Format zu Saisonbeginn der Lächerlichkeit Preis. Die Teams wollen ihrerseits mehr Anteile vom Geldkuchen haben, aber gleichzeitig bestimmen sie auch die Regeln mit.
© xpbimages.com
Jean Todt hat sich noch nicht für eine dritte Kandiatur als FIA-Präsident entschieden Zoom Download
Es hat den Eindruck, dass die FIA die Kontrolle aus den Händen verloren hat und mit dem Motorsportweltrat nur noch ein Gremium hat, das die Regeln durchwinkt. Auch die Fahrer drückten im Frühling in einem offenen Brief ihre Sorgen darüber aus, wie die Formel 1 derzeit geleitet wird und die Entscheidungsprozesse reguliert sind. FIA-Präsident Jean Todt wird aus Formel-1-Kreisen auch dafür kritisiert, dass er sich im Gegensatz zu seinem Vorgänger Max Mosley kaum in die Geschehnisse der Königsklasse einmischt.
Mosley wurde in seiner Zeit als FIA-Präsident für seine Vorgehensweise allerdings ebenfalls kritisiert. Trotzdem gibt Todt zu, dass die aktuelle Situation alles andere als ideal ist: "Der Verband hat nicht genug Macht und Einfluss, um das letzte Wort bei den Regeln zu haben", gesteht der Franzose die Realität ein. "Wenn man will, dass Teams und Hersteller teilnehmen, müssen sie auch dich unterstützen."
Jean Todt fordert mehr Zusammenarbeit
"Sehr oft sind Hersteller in den Sport involviert, weil sie es als starkes Marketingtool sehen. Es ist wichtig, dass man ihnen zuhört. Das ist eine Art von Führung. Ich höre mir gerne an, was die Menschen denken. Damit meine ich nicht nur Hersteller, sondern auch Fans und Journalisten", sagt Todt über seine Herangehensweise. Die Entscheidungen treffen derzeit die Strategiegruppe und die Formel-1-Kommission. Beide werden von den Teams, den Herstellern und von Ecclestone beeinflusst.
"Schlussendlich sollte es für die endgültige Entscheidung mehr Autonomie geben", wünscht sich Todt, der seit Jahrzehnten im Motorsport involviert ist. "Man muss sich aber alles anhören. Es ist wichtig, dass die Teilnehmer auch einen Einfluss haben, aber am Ende muss der Verband die finale Entscheidung treffen." Das würde auch eine stärkere Unterstützung von Ecclestone benötigen: "Weil der Promotor dafür verantwortlich ist, die Show zu verkaufen. Es wäre unfair, wenn wir die Regeln diktieren würden und ein anderer muss dann die Show verkaufen", appelliert Todt an bessere Zusammenarbeit.
Offen ist, ob Todt auch eine dritte Amtszeit als FIA-Präsident anstrebt. Seit 23. Oktober 2009 ist er im Amt und wurde einmal wiedergewählt. Drei Amtszeiten sind laut Statuten möglich. "Ich habe es noch nicht entschieden. Aber selbst wenn, dann würde ich es dir nicht sagen", lacht der 70-Jährige. "Als ich Co-Pilot (im Rallye-Sport; Anm. d. Red.) war, wusste ich nie, was ich im nächsten Jahr mache, weil ich kein Geld hatte. Bei Peugeot war es dann etwas komfortabler."
"Dann ging ich zu Ferrari und dachte mir, dass ich nie wieder einen Job finden werde, wenn sie mich nach zwei Jahren feuern. Die Leute haben erwartet, dass ich nach zwei Jahren gefeuert werde, aber dann blieb ich 16 Jahre", blickt Todt auf die goldenen Jahre der Scuderia mit Michael Schumacher zurück. "Anschließend sagte ich mir, dass ich etwas im Leben zurückgeben muss." Deshalb engagiert sich Todt innerhalb der FIA für Sicherheit im Straßenverkehr, unterstützt aber auch die Hirnforschung und ist seit 2015 ehrenamtlicher Mitarbeiter der UN.