Renault-Sportchef über kranke Kosten und mögliche Lösungen
Eine Kostenkontrolle für die Formel 1 sei längst überfällig, findet Cyril Abiteboul - Der Sportdirektor von Renault kritisiert das aktuelle System und lobt Le Mans
(Motorsport-Total.com) - Über eine Sache sind sich trotz aller Streitigkeiten um das neue Formel-1-Reglement für die kommenden Jahre alle einig: Die Königsklasse ist zu teuer. Und das schon seit Jahren. Aber wo viel Technologie zum Einsatz kommt und Entwicklungsarbeit geleistet wird, da muss auch viel Geld fließen. Das ist insbesondere für Privatteams Jahr für Jahr eine Herausforderung, weshalb in der jüngeren Vergangenheit bereits Renault, Red Bull und Toro Rosso mit einem Rückzug drohten.
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Cyril Abiteboul ist überzeugt: Die Kosten der Formel 1 müssen gesenkt werden Zoom Download
Dabei geht es vor allem um die immens teuren Antriebseinheiten, die ein Team bis zu 20 Millionen Euro kosten können und damit rund 20 Prozent des Budgets verschlingen. Doch die Formel 1 will Abhilfe schaffen: Spätestens 2018 sollen die Motorkosten für die Privatteams auf zwölf Millionen Euro fallen. Doch damit ist allenfalls ein erster Schritt getan, weiß auch Renault-Sportchef Cyril Abiteboul. "Es ist ein Muss, die Kosten zu senken. Sonst wird die Formel 1 verschwinden", sagt er im Interview mit "Auto Bild motorsport".
"Die Autobauer können sich eine Formel 1 mit 200 oder 300 Millionen pro Jahr leisten. Aber es ist ein Werteproblem. Wir investieren Unsummen, und immer weniger Leute können unseren Sport sehen. Das ist Quatsch", betont Abiteboul und hat dabei das große Ganze im Blick. Denn die Formel 1 so teuer ist, sei es schwer Sponsoren zu finden und neue Hersteller würden den Einstieg fürchten. "Wenn Renault nicht schon als Motorenhersteller da gewesen wäre, wären wir nie eingestiegen", gibt er zu.
Cyril Abiteboul fordert gerechtere Geldausschüttung
Das wiederum führe dazu, dass Bernie Ecclestone als Chef des Formel-1-Vermarkters FOM (Formula One Management) immer mehr Fernsehrechte an Pay-TV-Anstalten verkaufe, um die Geldtöpfe für die einzelnen Teams zu füllen. "Das macht sie kurzfristig glücklich, aber nicht auf lange Sicht. Eine Kostenreduktion würde das Wirtschaftsmodell Formel 1 komplett verändern", meint der Geschäftsführer des Renault-Teams. Er spricht aus eigener Erfahrung und nennt das Beispiel Frankreich.
Fotostrecke: Renault-Meilensteine in der Formel 1
Grand Prix von Großbritannien 1977 in Silverstone: Mit Jean-Pierre Jabouille gibt der französische Automobilhersteller Renault sein Formel-1-Debüt. Es handelt sich um einen Werkseinsatz mit zunächst einem Boliden. Beim Debüt startet Jabouille von Position 21, fällt im Rennen aber aufgrund eines defekten Turboladers aus. Auch bei vier weiteren Starts in der Saison 1977 sieht der gelbe Renault RS01 die Zielflagge nicht. Fotostrecke
"Der Wechsel von TF1 ins Pay-TV zu Canal Plus hat das Interesse an der Formel 1 getötet", erklärt er. "Wir sind ein französischer Hersteller. Und klar denken wir da zuerst an französische Sponsoren. Aber die sagen uns: Die Formel 1 existiert in Frankreich nicht mehr. Es ist nun unmöglich, ein französisches Unternehmen für die F1 zu gewinnen. Das ist ein Teufelskreis." Dass es auch anders geht, zeige Le Mans. Hier seien die Tickets günstig und das Rennen im Free-TV empfangbar. Entsprechend hoch sei der Zulauf.
Zwei Möglichkeiten, um Formel-1-Kosten zu reduzieren
Um konkurrenzfähig sein zu können, hält Abiteboul 100 Millionen für ausreichend. "Die finanziell am besten aufgestellten Teams sollten nicht mehr als 150 Millionen Euro ausgeben", sagt er weiter. Denn derzeit seien die Kosten der großen Teams "einfach krank". Um die Kosten zu senken, sieht Renaults Sportdirektor zwei Möglichkeiten: "Eine wäre es, dass man das Endprodukt, also das Auto, mit Restriktionen belegt. Die zweite, dass man bei den Werkzeugen in den Fabriken ansetzt."
So könnten einige Teile am Auto standardisiert werden. "Das würde die Lücke zwischen den Teams verkleinern und das Showelement verbessern", weiß Abiteboul. Dazu würden aus seiner Sicht auch Einschränkungen aus Zeiten der FOTA (Formula One Teams Association) beitragen, die 2014 aufgelöst worden war. "Es wären kleine Veränderungen, wie die Anzahl der Leute, die involviert sind; die Prüfstände mit denen wir arbeiten; die Größe der Simulatoren. All das könnte leicht reguliert werden."
Bisher seien die meisten Änderungen nach hinten losgegangen, betont Abiteboul. So habe man für eine Erweiterung des Testverbots gestimmt, "weil der Preis pro Kilometer krank ist" und man hoffte, die Teams so enger zusammenbringen zu können. "Aber wenn man sieht, was die großen Teams jetzt investieren und versuchen, das auszugleichen, und dem die kleinen Teams gegenüberstellt", habe es rein gar nichts gebracht. "Wir leben in einer solchen Leistungsdenke, dass die Teams immer eine Möglichkeit finden werden."