Monza wackelt weiter: 2017 wieder 20 Rennen geplant
Bernie Ecclestone möchte nach der Streichung von Monza bei 20 Formel-1-Rennen pro Saison bleiben - Eddie Irvine kritisiert: Die Geschichte wird zerstört
(Motorsport-Total.com) - Formel-1-Geschäftsführer Bernie Ecclestone bleibt unerbittlich, wenn es um die Zukunft von Monza als Teil des Grand-Prix-Kalenders geht. Weil mit den Betreibern des Autodromo in der Nähe von Mailand noch keine finanzielle Einigung für 2017 und darüber hinaus erzielt werden konnte, droht Ecclestone weiterhin recht forsch damit, das traditionsreichste Rennen der Königsklasse zu streichen.
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Eine Absage des Rennens in Monza wäre für viele Fans in Schlag ins Gesicht Zoom Download
"Für dieses Jahr hat Monza einen Vertrag, das Rennen wird stattfinden", sagt der 85-Jährige im Interview mit der 'Mail on Sunday'. "Aber wie die Zukunft aussieht, wissen wir nicht. Nächstes Jahr ist ein Fragezeichen." Und Ecclestone kündigt an, dass er nicht versuchen würde, den Monza-Termin mit einem anderen Austragungsort zu ersetzen: "Wenn Monza nicht stattfindet, dann werden wir 20 Rennen haben." Also um eines weniger als 2016.
Ecclestone hat im Auftrag der Anteilseigner der Formel 1, allen voran die Investmentgesellschaft CVC Capital Partners, die Gebühren, die Veranstalter an die FOM (Formula One Management) überweisen müssen, zum lukrativsten Geschäftsmodell gemacht. Die höchsten Gebühren, die von einzelnen Veranstaltern bezahlt werden, liegen inzwischen über 80 Millionen US-Dollar pro Jahr. Da können privat finanzierte Veranstalter in Europa mit staatlichen Prestigeprojekten etwa im Nahen Osten nicht mehr mithalten.
Monza wäre nicht der erste Traditions-Grand-Prix, der dieser Strategie zum Opfer fällt. Frankreich, eines der bedeutendsten Motorsport-Länder der Geschichte, hat 2008 zum bisher letzten Mal einen Grand Prix ausgetragen, und selbst in Deutschland wurde 2015 nicht gefahren - trotz dreier deutscher Fahrer, von denen zwei Grands Prix gewonnen haben und einer aktueller Le-Mans-Sieger war, und einem sportlich alles überragenden Hersteller.
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"Bella Italia" hat in 67 Jahren Formel-1-Geschichte kein einziges Mal gefehlt. Der erste Italien-Grand-Prix überhaupt wird aber nicht im königlichen Park ausgetragen, sondern am 4. September 1921 im unweit gelegen Brescia. Schon ein Jahr später findet der Motorsport seine neue Heimat im Autodromo Nazionale, wo Pietro Bordino (im Bild) mit einem FIAT für den von den Tifosi umjubelten Premierenerfolg sorgt. Damals trauriger Motorsport-Alltag: Am Vortag verunglückt der Deutsche Gregor Kuhn tödlich. Fotostrecke
"Ich finde nicht, dass wir Monza oder einen Italien-Grand-Prix unbedingt brauchen", sagt Ecclestone. "Mir hat einmal jemand etwas Lustiges erzählt, nämlich dass die Formel 1 nicht ohne ein Rennen in Frankreich sein kann. Aber wie man sieht, geht es doch." Und weiter: "Wir haben jetzt 21 Rennen. Es könnten noch mehr werden, aber ich glaube nicht, dass es dazu kommen wird. Es reicht. Einige der Leute bei den Teams sind schon ziemlich platt."
Dass keine weitere Aufstockung des Rennkalenders geplant ist, bedeutet auch, dass sich Veranstalter wie etwa der British Racing Drivers Club (BRDC) in Silverstone keineswegs sicher fühlen können. Der BRDC kämpft seit Jahren mit den hohen FOM-Gebühren und zieht nun in Erwägung, das Areal in Silverstone für 249 Jahre an Jaguar Land Rover zu verpachten. Mit den Einkünften aus diesem Deal soll die Zukunft der Formel 1 auf dem ehemaligen Militärflughafen gesichert werden.
Doch Ecclestone warnt den BRDC in zweierlei Hinsicht. Erstens davor, die kompletten Kronjuwelen zu verscherbeln und letztendlich selbst nichts mehr in der Hand zu haben, und zweitens davor, sich zu sicher zu fühlen: "Wenn sie darauf warten, dass das Geld ihr Rennen sichert, indem sie verkaufen, was auch immer sie verkaufen wollen, dann werden sie nichts mehr zu verkaufen haben", sagt er. "Sie glauben, wie könnten nicht ohne den britischen Grand Prix. Aber das glauben nur sie."
Indes kann der ehemalige Formel-1-Pilot Eddie Irvine, Vizeweltmeister 1999 auf Ferrari, der gewinnorientierten Ausrichtung des Grand-Prix-Kalenders nichts abgewinnen. Es sei für die Zukunft des Sports ein Kardinalfehler, in "irgendwelche unbedeutenden Länder" zu gehen, weil das den Fans "völlig egal" sei: "Du kannst nicht die Geschichte zerstören und erwarten, dass das ohne Folgen bleibt", warnt er in der ersten Folge der neuen Videoserie "Ein Drink mit Eddie Irvine".