Absage an Formel 1: Warum Porsche die WEC bevorzugt
Nach der erneuten Formel-1-Absage erklärt Porsche-Entwicklungsvorstand Wolfgang Hatz ausführlich, wieso die WEC für die Zuffenhausener die attraktivere Plattform ist
(Motorsport-Total.com) - Porsche und die Formel 1. Das ist der Stoff, aus dem die Träume sind. Aber eben nur die Träume, denn immer, wenn die Gerüchte über einen Einstieg der Zuffenhausener in die Königsklasse des Motorsports wieder einmal aufflammen, werden diese umgehend dementiert - so geschehen in den vergangenen Tagen. Dabei brachte die Truppe von Fritz Enzinger im ersten WEC-Jahr eine Antriebseinheit zum Einsatz, die dem in der Formel 1 verwendeten Antriebskonzept gar nicht einmal unähnlich ist.
Und dennoch zieht man die Langstrecken-Szene und die 24 Stunden von Le Mans, bei denen Porsche eine große Tradition hat, der breitenwirksameren Formel 1 vor (mehr Informationen in unserer WEC-Rubrik). Mit gutem Grund, wie Porsche Entwicklungsvorstand Wolfgang Hatz auf Anfrage von 'Motorsport-Total.com' argumentiert.
Mehr Synergien mit der Serie
"Das Reglement ist so gestrickt, dass es um Technologien geht, die man in Zukunft in der Serie einsetzen kann. Da habe ich eine ganz andere Wertschöpfung als in einer Szene, wo ich völlig an Serienfahrzeugen vorbei entwickle", spielt er auf die Formel 1 an.
Der Grand-Prix-Sport heftet sich zwar auch auf seine Fahnen, ein Vorreiter für die Serie zu sein, doch die WEC ist diesbezüglich laut Hatz die effektivere Variante. Als Beispiel nennt er die Traktionskontrolle, wie sie zum Beispiel in der Formel 1 verboten ist. "Da gibt es Leute in der Serie, die das sehr gut können", lobt er den Austausch zwischen der LMP1-Abteilung in Weissach und der Serie. Diese Synergien sparen Geld: "Damit haben wir bei weitem nicht solche Budgets wie es in anderen Serien der Fall ist."
Dazu kommt, dass das von Enzinger, der jahrelang bei BMW als Logistikchef Formel-1-Erfahrung sammelte, aus dem Boden gestampfte LMP1-Team deutlich schlanker ist als ein Top-Team in der Formel 1. Während bei Mercedes insgesamt über 1.000 Menschen für den WM-Triumph arbeiteten, sind es beim Porsche-Rennstall laut Hatz "300 Leute, die sich direkt mit dem Thema LMP1 beschäftigen". Man benötigt also rund ein Viertel des Personals.
Deutlich niedrigere Kosten und freie Entwicklung
Im Motorenbereich erreicht man sogar einen noch besseren Wert: "Da haben wir eine Mannschaft, die von der Größe her bei 15 Prozent der Mannschaften in anderen Sportserien liegt." Hatz will gar nicht verbergen, dass es sich beim Porsche-LMP1-Engagement um ein "Rieseninvestment" handelt, "aber wir bekommen ja auch wieder etwas zurück".
Im Gegensatz zur Formel 1 bietet das LMP1-Motorenreglement deutlich mehr Entwicklungsfreiheit, was einen zusätzlichen Reiz für die Hersteller darstellt. "Es wäre genau falsch, bei der Suche nach Kostenreduktionen die Technologie zu begrenzen", übt er indirekte Kritik am Grand-Prix-Sport. "Die Ingenieure sollen entwickeln dürfen. Das Fahren eines Autos wird ohnehin in 15 oder 20 Jahren anders sein. Da sind wir uns alle einig. Wir sind in einem Wandel mit hoher Geschwindigkeit."