Kampf um Macht und Geld: Formel 1 rast Richtung Abgrund
Kein Mitleid für die um ihre Existenz kämpfenden kleinen Rennställe: Chefpromoter Bernie Ecclestone schaltet auf stur und will am Status Quo festhalten
(Motorsport-Total.com) - In der grassierenden Finanzkrise rast die Formel 1 immer schneller Richtung Abgrund. Auch das endgültige Aus für den insolventen Rennstall Marussia hat nichts an der vergifteten Atmosphäre innerhalb des Rennzirkus geändert. Im Kampf um Macht und Millionen stehen sich große und kleine Teams weiter unversöhnlich gegenüber. Trotz der nackten Panik vor weiteren Pleiten stellt Big-Boss Bernie Ecclestone klar: Am Status Quo wird nicht gerüttelt.
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Von einer dunklen Zukunft der Formel 1 will Bernie Ecclestone nichts wissen Zoom Download
"Wenn ich in einem Pokerspiel sitze und kann es mir nicht leisten, mit den anderen zu spielen, fliege ich raus und muss gehen", sagt Ecclestone am Rande des Großen Preises von Brasilien und zeigte keinerlei Mitgefühl für die Sorgen der um ihre Existenz kämpfenden Teams wie Sauber, Lotus, Force India oder Caterham.
"Ich weiß nicht, was sie mit ihrem Geld tun. Wir geben den Teams fast 900 Millionen (Dollar; Anm. d. Red.) pro Jahr", sagte der mittlerweile 84 Jahre alte Milliardär Ecclestone und schloss einen Rettungsfonds für die strauchelnden Teams quasi aus: "Es gibt laufende Verträge bis 2020. Alle wissen, wie die Konditionen sind. Also müssen sie ihr Geschäft nach ihrem Einkommen führen. Wenn sie mehr ausgeben, als sie bekommen, ist das kein guter Weg, ein Unternehmen zu führen."
Damit wird der Ton in der ohnehin schon scharf geführten Diskussion um eine Reduzierung der ausufernden Kosten und eine Reform der Verteilung der Preisgelder immer rauer. Hinter den Kulissen wird viel diskutiert und noch mehr gezofft, doch eine Lösung der systemimmanenten Probleme scheint nicht in Sicht. Denn die großen Teams wie Ferrari, Red Bull, McLaren oder Mercedes beharren auf ihren Privilegien. Bei der Ausschüttung der Prämien ("Bernie Money") werden sie überproportional begünstigt. Doch mittlerweile steht das gesamte Konstrukt Formel 1 auf dem Spiel. Wer will schon einen Rennzirkus mit nur zehn Autos sehen? Schon jetzt sinken weltweit die TV-Quoten.
"Es muss etwas passieren", sagt Sauber-Teamchefin Monisha Kaltenborn, die aus lauter Not gerade erst Adrian Sutil gefeuert und in Felipe Nasr einen weiteren Bezahlfahrer für die kommende Saison verpflichtet hat, um halbwegs über die Runden zu kommen: "Es kann nicht sein, dass dieser Sport Milliardenumsätze generiert und wir es nicht schaffen, elf Teams am Leben zu erhalten." Und Vijay Mallya, Besitzer von Force India, meint: "Die Kosten sind gestiegen, die Einnahmen jedoch nicht proportional dazu. Das hat keinen Sinn."
Doch damit stoßen sie bei Ecclestone auf taube Ohren. Die Aktion von Caterham, Fans über Crowdfunding um Geld zu bitten, damit ein Start beim Saisonfinale in Abu Dhabi (23. November) möglich ist, nannte Ecclestone eine "Katastrophe". Er wolle in der Formel 1 keine Bettler, die mit dem "Klingelbeutel" durch die Gegend laufen: "Wenn die Leute es sich nicht leisten können, in der Formel 1 zu sein, müssen sie etwas anderes finden, das sie tun können."
Damit vollführte die graue Eminenz der Formel 1 eine durchaus spektakuläre Kehrtwende. Noch vor einer Woche hatte er vorgeschlagen, "alle laufenden Verträge zerreißen und wieder neu anfangen" zu wollen: "Das Problem ist, dass zu viel Geld schlecht verteilt wird. Das ist wahrscheinlich mein Fehler." Doch davon will Ecclestone jetzt nichts mehr wissen: "Die Formel 1 steckt nicht in der Krise." Eine Meinung, die er ziemlich exklusiv hat.