Mateschitz & Spielberg: Milliardär mit leuchtenden Kinderaugen
Trotz roter Zahlen und einem sportlichen Debakel schwärmt der Red-Bull-Patron von "seinem" Grand Prix und dem Nutzen für die Region - Anwohner verstummen
(Motorsport-Total.com) - Während viele Fans über den Sound der Formel 1 klagen, hat der gedämpfte Klang der V6-Turbomotoren auch Freunde gefunden. Nachdem schon die Verantwortlichen des Malaysia-Grand-Prix positives Echo bezüglich der Familienfreundlichkeit erhalten haben, macht die neue Tonlage auch den Veranstaltern in Spielberg das Leben leichter. Die Anwohner des Red-Bull-Ring goutieren die Flüsterboliden: "Alle waren sich einig: das stört uns nicht", sagt Karl Arbesser gegenüber der 'APA'.
© GEPA/Red Bull
Mateschitz hat sich mit dem Rennen in seiner Heimat einen Traum erfüllt Zoom Download
Der Spielberger Anwohner-Ombudsmann hat selbst zum Messgerät gegriffen und während des Rennens am Sonntag Lärmpegel von knapp über 140 dB ermittelt, die bis zum bewohnten Umkreis der Strecke auf 80 dB verklungen. Das sind zehn dB weniger als bei den Formel-1-Gastspielen bis 2003 und gefühlt weniger als im Rahmenprogramm: "Ich würde sagen: Halb so laut wie früher und etwas leiser als die DTM. Da waren die Hubschrauber wesentlich störender und lauter", so das Fazit Arbessers.
Deutlich mehr mokiert sich der Einheimische über die Verkehrssituation mit verstopften Bundesstraßen, vernichtend fällt die Kritik aber auch in diesem Punkt nicht aus. Freie Bahn für weitere Königsklassen-Rennen? Bernie Ecclestone hat Red-Bull-Patron Dietrich Mateschitz die Treue geschworen und nennt die renovierte Bahn in der Steiermark "außerordentlich". Der Zampano ist von 95.000 Besuchern am Renntag nicht überrascht: "Es ist praktisch wieder ein neues Rennen, da erwartet man guten Zuspruch."
Mateschitz über Feierstimmung: "Überwiegt alles"
Dennoch lässt sich der 70-Jährige im weiteren Gespräch mit den 'Salzburger Nachrichten' offen, ob er in Zukunft nicht Zusatzwünsche haben könnte. Mateschitz hätte trotz des sportlichen Debakels seiner Farben selbst ein dicker Wunschzettel seines Geschäftspartners das Lachen nicht von den Wangen gezaubert, schließlich spricht er selbst von einem breiteren Rahmenprogramm, um sich im Kalender abzuheben: "Man muss das ganze Wochenende unter dem Aspekt der Rückkehr der Formel 1 und der Begeisterung der Fans sehen!", erklärt der Milliardär.
Fotostrecke: F1 Backstage: Spielberg
Wer behauptete, die Location Nummer eins für Motorsport-Camping am vergangenen Wochenende sei der Nürburgring gewesen, wo das 24-Stunden-Rennen stieg, der lag falsch: Rund um den Red-Bull-Ring wurden die Heringe in Massen in die Wiese gehauen. Die beschauliche Alm-Idylle wich von Donnerstag bis Sonntag bis in die frühen Morgenstunden einer tosenden Partyzone. Dietrich Mateschitz hatte dieses Szenario opponierenden Anwohnern mit großzügigen Subventionen für Renovierungsarbeiten ihrer Hausfassaden schmackhaft gemacht. Fotostrecke
"Ich habe seit über zehn Jahren nicht mehr so viele erfreute, ja strahlende Gesichter gesehen", frohlockt sich Mateschitz. Gesang, Tanz und Feststimmung in den Wirtshäusern will der gebürtiger Steirer beobachtet haben. "Das überwiegt doch alles. In 14 Tagen können wir auf der Rennstrecke wieder alles besser machen oder auch nicht, aber das Wochenende von Spielberg bleibt einfach in positiver Erinnerung." Es tröstet auch über rote Zahlen in der Grand-Prix-Bilanz hinweg.
Besuchermaximum: Gerichtsurteil steht noch aus
Wie Red-Bull-Motorsportberater Helmut Marko im Gespräch mit 'Motorsport-Total.com' angekündigt hatte, war der Grand Prix für das Unternehmen ein wirtschaftliches Verlustgeschäft. "Selbst bei Schönwetter und Bestbesuch sind die nicht einzuspielen", so Mateschitz über die Kosten, zu denen auch Subventionen von Renovierungsarbeiten von Anwohnern gehörten. Kleine, süße Bonbons eben, die den Mund füllen und verstummen lassen. "Es muss dir die Sache einfach wert sein, du musst das im größeren Zusammenhang sehen", weiß der 70-Jährige.
Das klingt danach, als sollte Spielberg im Rahmen des bestehenden Formel-1-Vertrages bis 2020 und darüber hinaus eine Zukunft haben. Trotzdem gibt es weiter Hürden. Ein Gerichtsverfahren, das zehn Anwohner bereits vor zwei Jahren angestrengt hatten, wird erst im Herbst beendet. Es geht um maximale Besucherzahlen. "Wenn das in unserem Sinne entschieden wird", meint Lobbyist Arbesser, "werden noch etliche Fragen im Zusammenhang mit der Gesamtlärmbelastung aufgeworfen werden." Dietrich Mateschitz wird eifrig weiter gelächelt haben.