Entscheidung pro Bahrain: Kritik und Zweifel bleiben
Mark Webber hält es für falsch, dass der Bahrain-Grand-Prix nachgeholt wird - Herbe Kritik kommt auch von Menschenrechtlern: "Ein Schlag ins Gesicht des Volkes"
(Motorsport-Total.com) - Nun hat der FIA-Weltrat also entschieden: Der Grand Prix von Bahrain, der im März wegen der politischen Unruhen in dem Königreich abgesagt wurde, soll nun am 30. Oktober nachgeholt werden. Die Entscheidung sorgt für neue Diskussionen. Die Teamvereinigung FOTA möchte am Montag darüber beraten und dann eine Meinung dazu formulieren.
© xpb.cc
Die Entscheidung, noch 2011 in Bahrain zu fahren, trifft auf teilweise herbe Kritik Zoom Download
Bis dahin ist von den Teams einheitlich das zu hören, was auch Renault-Teamchef Eric Boullier sagt: "Wir nehmen die Entscheidung zur Kenntnis. Wir werden innerhalb der FOTA darüber sprechen, und danach könnte es eine detailliertere Stellungnahme geben." Ansonsten betont Boullier, dass er die Position von Renault erst kürzlich ausführlich dargelegt habe: "Wir gehen gerne nach Bahrain, solange unsere Sicherheit und die Sicherheit der Menschen, die dort leben, garantiert sind."
Deutlicher wird Red-Bull-Pilot Mark Webber. Er hält die Entscheidung, in Bahrain zu fahren, für falsch. Er glaubt jedoch auch nicht, dass hier schon das letzte Wort gesprochen ist. "Meine Meinung hat sich nicht geändert, seit ich Ende Februar zum ersten Mal dazu gefragt wurde. Auch wenn jetzt eine Entscheidung getroffen wurde, wäre ich sehr überrascht, wenn der Bahrain-Grand-Prix in diesem Jahr stattfinden würde", schreibt der Australier auf seiner Internetseite.
"Meine persönliche Meinung ist, dass der Sport schon früher hätte viel entschiedener auftreten müssen, anstatt die Entscheidung immer wieder zu verschieben, in der Hoffnung, das Rennen 2011 noch nachholen zu können", so Webber. "Das wäre eine klare Botschaft gesendet über die Position der Formel 1 in etwas so Fundamentalem wie Menschenrechten und darüber, wie sie mit moralischen Themen umgeht."
"Als Sportler habe ich überhaupt kein gutes Gefühl, wenn ich an einer Veranstaltung teilnehme, die - trotz aller anderslautenden Versicherungen - wohl unvermeidbar für weitere Spannungen in diesem Land führen wird. Ich verstehe nicht, warum mein Sport sich hier in eine Position bringen möchte, in der er der Auslöser für weitere Spannungen ist", endet Webber.
Kritik von Menschenrechtsorganisationen
Auch bei Menschenrechtsaktivisten trifft die Entscheidung der FIA auf herbe Kritik. "Das ist ein Schlag ins Gesicht des bahrainischen Volkes", sagt Alex Wilks, der eine Online-Petition gegen den Grand Prix ins Leben gerufen hatte. Hunderttausende Menschen hatten sich daran beteiligt, unter anderem auch der frühere Weltmeister Damon Hill.
"Das Rennen wird in einem Land stattfinden, in dem Regierungstruppen weiterhin friedliche Demonstranten erschießen und einsperren", so Wilks weiter. "Das Geld hat über die Menschenrechte und gutes Urteilsvermögen triumphiert. Die Formel 1 wird nun, zusammen mit Red Bull, McLaren, Ferrari und jedem anderen Team, direkt mit dem blutigen Durchgreifen der Regierung in Verbindung gebracht, das das Leben hunderter unschuldiger Menschen zerstört hat."
"Wir mussten heute (Freitag; Anm. d. Red.) zwei Tote beklagen, die das Opfer der Repressalien der Regierung wurden. Eine Frau ist in der Nacht gestorben, und heute ein Mann, der im März verletzt wurde", sagte Nabeel Rajab, der Präsident des bahrainischen Zentrums für Menschenrechte, der 'BBC'. "Es ist sehr traurig zu hören, dass die Grand-Prix-Leute denken, dass ihr Rennen wichtiger ist als die Rechte der Menschen in diesem Teil der Welt."
Joe Stork, der Regionaldirektor von Human Rights Watch, äußerte sich in einem Interview mit 'Bloomberg' ähnlich: "Die Entscheidung der Formel 1 ist höchst fragwürdig." Nun sei es an Teams und Fahrern, eine Entscheidung zu treffen, die "beeinflusst ist von finanziellen Gründen und persönlichen Gefühlen."
Laut Mohamed Al-Maskati, dem Chef der Bahrain Youth Society for Human Rights, könnten die Menschen die Publicity eines Grand Prix aber auch nutzen. "Auf der einen Seite respektiert die Formel 1 die Menschenrechte nicht. Aber auf der anderen Seite ist das für die Menschen eine gute Gelegenheit, weltweit im Fernsehen zu zeigen, wie sie sich fühlen", sagt Al-Maskati. Im schlimmsten Fall würde es dann zu dem kommen, was Webber befürchtet, nämlich dass der Grand Prix für zusätzliche Spannungen und Unruhen sorgt.