Teams wollen kommerzielle Rechte kaufen
FOTA-Chef Martin Whitmarsh kann sich durchaus vorstellen, dass auch die Teams selbst Anteile an der Formel 1 übernehmen werden
(Motorsport-Total.com) - Nicht nur Exor und die News Corporation, sondern auch die Teams zeigen plötzlich ein Interesse an einer Übernahme der kommerziellen Rechte in der Formel 1. Martin Whitmarsh hat die Katze heute in Istanbul aus dem Sack gelassen: "Ich halte es unterm Strich für wünschenswert, wenn die Teams Inhaber der kommerziellen Rechte werden", so der Chef der Teamvereinigung FOTA.
Getuschelt wurde über ein solches Modell schon lange, doch sprechen wollte darüber niemand. "Dieses Thema gibt es immer wieder", hatte Sauber-Geschäftsführerin Monisha Kaltenborn kürzlich im Interview mit 'Motorsport-Total.com' erklärt. "Schon vor Jahren gab es den Vorschlag, dass Team Beteiligungen erwerben sollten. Einige Hersteller hatten intensives Interesse daran." Doch Honda, BMW und Toyota sind der Reihe nach ausgestiegen.
Sauber gegen Beteiligungen der Teams
"Beteiligungen halte ich nicht für sinnvoll. Das sage ich jedenfalls aus Sauber-Sicht", war noch im April der offizielle Standpunkt der Österreicherin im Hinwiler Rennstall. "Dieses Thema kommt immer wieder hoch, ist anscheinend zwangsläufig immer Teil der Verhandlungen um ein neues Concorde-Agreement - wie auch die Androhung einer eigenen Rennserie. Solche Dinge kommen immer wieder auf den Tisch."
Freilich ist ein Beteiligungsmodell alles andere als beschlossene Sache, aber einige Teams denken zumindest darüber nach: "Ich glaube, wir sollten uns anschauen, ob wir Anteile übernehmen möchten, falls die gegenwärtigen Eigentümer verkaufen wollen", sagt Whitmarsh. Das ist derzeit nicht der Fall - zumindest nicht dann, wenn man den Aussagen von Bernie Ecclestone Glauben schenken darf. Die könnten aber auch Verhandlungstaktik sein.
Whitmarsh glaubt nicht, dass das Nein zu einem Verkauf endgültig ist: "Ich glaube, irgendwann werden sie verkaufen. CVC - oder besser gesagt ihr Repräsentant - behauptet zwar, dass sie nicht verkaufen wollen, aber es gibt nicht viele Venture-Capital-Firmen, die Unternehmen unbefristet in ihren Büchern haben wollen. Wer weiß? Ich habe da keinen Einblick und hatte auch noch keine Gelegenheit, persönlich mit CVC zu diskutieren", so der McLaren-Teamchef.
Denkbar wäre zum Beispiel, dass CVC und Co. an Exor und News Corporation verkaufen, die Teams aber auch Minderheitsanteile übernehmen. Am Sonntag sollen solche Gedankenspiele erstmals besprochen werden: "Das wird das erste Mal sein, dass uns wir Teams zusammensetzen, seit die Nachrichten publik geworden sind. Es ist nützlich, diesbezüglich Meinungen auszutauschen", gibt Whitmarsh zu Protokoll.
Keine Angst vor neuen Eigentümern
Man stehe den Ideen von Exor und News Corporation "natürlich" offen gegenüber, "aber wir müssen auch unsere Beziehung zum aktuellen Rechteinhaber respektieren und dürfen uns nicht auf Verhandlungen einlassen. Aber wenn jemand sagt, dass er ein Interesse hat, die Anteile von CVC zu übernehmen, und wissen möchte, was wir davon halten, dann würden wir das ermutigen. Es ist aufregend, denn neue Organisationen können neue Elemente in den Sport bringen."
Gleichzeitig stellt Whitmarsh klar, dass die FOTA kein Problem mit CVC oder Ecclestone hat: "Wer Eigentümer ist, ist für die meisten Teams letztendlich nicht am wichtigsten. Wir wollen in erster Linie Stabilität, wir wollen Zukunftsinvestitionen und eine angemessene Verteilung der Einnahmen an die Teams. Wenn all das vorhanden ist und es gute Eigentümer gibt, dann ist das auf jeden Fall positiv", erklärt der 53-Jährige.
Gleichzeitig verweist er Gerüchte ins Reich der Fabeln, wonach es nächste Woche in Stuttgart zu einem Treffen von vier Topteams (Red Bull, McLaren, Ferrari und Mercedes) kommen soll, um ein etwaiges Beteiligungsmodell zu besprechen. Auch mit einer "Piratenserie" setze man sich derzeit nicht auseinander: "Ich glaube nicht, dass im Moment irgendjemand damit drohen will." Auch, weil dies laut Concorde-Agreement noch bis 1. Januar 2012 untersagt ist...