Ecclestone glaubt nicht an Formel-1-Verkauf an Murdoch
Bernie Ecclestone weiß nichts vom angeblichen Kaufinteresse Rupert Murdochs - Concorde-Agreement könnte Formel-1-Verkauf im Wege stehen
(Motorsport-Total.com) - In der vergangenen Woche tauchten in britischen Medien Gerüchte auf, wonach Medienmogul Rupert Murdoch über seinen weltweit agierenden Konzern News Corp. an einem Kauf der Formel 1 interessiert sein könnte. Ausgelöst wurden diese Spekulationen durch einen Bericht des Wirtschaftsjournalisten Mark Kleinman, Redakteur bei 'Sky News', einem Nachrichtenkanal, an dem News Corp. 39,1 Prozent der Anteile hält.
Demnach berate sich Murdoch gemeinsam mit seinem Sohn James, dem eine große Affinität zum Motorsport nachgesagt wird, und dem mexikanischen Milliardär Carlos Slim über eine Strategie, wie man die Formel 1 gemeinsam ihrem jetzigen Besitzer CVC Capital Partners ankaufen könne.
Formel-1-Geschäftsführer Bernie Ecclestone, der im Auftrag von CVC das operative Geschäft der "Königsklasse" leitet, bestritt aber bereits vor Ostern, dass die Formel 1 überhaupt zum Verkauf stehe. Auch von einem Interesse der Murdoch-Familie will er nichts wissen. "Ich kenne Rupert und James Murdoch und Carlos Slim. Wenn sie irgendetwas tun wollten, hätten sie mich direkt kontaktiert. Und das haben sie nicht", wird Ecclestone von der 'BBC' zitiert.
Neben Ecclestones Aussage spricht auch ein zweites Argument gegen die Annahme, dass News Corp. tatsächlich am Kauf der Formel 1 interessiert sein könnte: das Concorde-Agreement. Auf den ersten Blick erscheint die Rennserie zwar als logische Investition für den Medienkonzern, der mit seiner Sky-Gruppe in vielen Ländern teure Übertragungsrechte für Profisportarten hält und deren Wettkämpfe vornehmlich auf den eigenen Pay-TV-Kanälen ausstrahlt.
Free-TV ist Pflicht
Doch genau darin liegt auch ein Problem. Das derzeitige Concorde-Agreement, das die Verteilung der kommerziellen Einnahmen und Preisgelder zwischen den Formel-1-Teams, dem Weltverband FIA und der Formula One Administration (FOA) regelt, enthält nämlich einen Passus, der die Ausstrahlung der Rennen im frei empfangbaren Fernsehen vorschreibt - und zwar in jenen Ländern, in denen es entsprechende Sendeanstalten gibt.
In Deutschland hält 'RTL' seit rund 20 Jahren die Free-TV-Rechte an der Formel 1, in Großbritannien ist es derzeit die öffentlich-rechtliche 'BBC', welche die Rennen unverschlüsselt im britischen Fernsehen ausstrahlt. Ecclestone betonte erst vor wenigen Tagen erneut, dass "es immer unsere Absicht war, überall dort, wo es möglich ist, frei empfangbar zu sein".
Der Hintergrund dieser Regelung liegt auf der Hand. Im vergangenen Jahr stammten rund die Hälfte aller Einnahmen der Teams, insgesamt über eine Milliarde Euro, aus Sponsorenverträgen. Dieser hohe Betrag ist nur dann zu erzielen, wenn die Logos der Sponsoren von möglichst vielen Zuschauern gesehen werden können - und nicht einem exklusiven Zirkel von Pay-TV-Abonennten vorbehalten bleiben.
News Corp. wäre demnach als Besitzer der Formel 1 gezwungen, die Free-TV-Rechte womöglich an unmittelbare Konkurrenten verkaufen zu müssen, was vor allem in Deutschland und Großbritannien ein realistisches Szenario darstellt, da der Medienkonzern in diesen Märkten keine Mehrheitsanteile an Free-TV-Sendern hält. Ein gutes Geschäft sieht anders aus.
Kartellbehörden müssten Verkauf zustimmen
In Großbritannien wurde News Corp., das über seine Sendergruppe 'BSkyB' den Pay-TV-Markt in Großbritannien beherrscht, sogar per Gerichtsurteil kürzlich dazu verpflichtet, aus wettbewerbsrechtlichen Gründen seinen Anteil am privaten Free-TV-Sender 'ITV' zu verkleinern. Vor diesem Hintergrund erscheint es zudem fraglich, ob die britischen Kartellbehörden einen Kauf der Formel 1 durch News Corp. dulden würden.
Ein Blick in die Vergangenheit zeigt, dass die britischen Wettbewerbshüter vor derartigen Entscheidungen nicht zurückschrecken: 1998 versuchte der Medienkonzern die Aktienmehrheit des Fußballklubs Manchester United zu übernehmen. Die Kartellbehörde unterband den Deal, da News Corp. über seine Sendergruppe 'BSkyB' bereits die Übertragungsrechte an der englischen Premier League hielt und sonst eine marktbeherrschende Stellung eingenommen hätte und bei künftigen TV-Rechte-Verkäufen auf beiden Seiten des Verhandlungstisches Platz genommen hätte.
Sollte es dennoch dazu kommen, dass Murdoch und Co. die Formel 1 übernehmen, könnte dies auch gleichzeitig das Ende von Ecclestone Karriere als Formel-1-Geschäftsführer bedeuten. "Ich bin alt genug, um eine Rente zu bekommen", sagte der 80-Jährige gegenüber der 'Sunday Times' und ergänzte im Hinblick auf die möglichen neuen Formel-1-Besitzer: "Ich muss also keinen Job kriegen. Ich müsste sicher sein, dass es Leute sind, mit denen ich gerne zusammenarbeiten würde und ob sie mit mir arbeiten möchten."