Audi oder Porsche: Wer geht in die Formel 1?
Der VW-Konzern erwägt, ab 2013 eine Marke in die Formel 1 zu schicken, doch ob es Audi oder Porsche sein wird, steht noch nicht fest
(Motorsport-Total.com) - Es gilt in Branchenkreisen als wahrscheinlich, dass der Volkswagen-Konzern 2013, wenn ein neues technisches Reglement greift, in die Formel 1 einsteigen wird. Unklar ist jedoch noch, welche Marke die Wolfsburger an den Start schicken wollen. Aktuellen Einschätzungen zufolge kann es sich dabei nur um Audi oder Porsche handeln.
Zusätzlich angeheizt werden die Spekulationen vom neuen Porsche-Vorstandsvorsitzenden Matthias Müller, der davon ausgeht, dass Audi oder Porsche, aber nicht beide Marken gleichzeitig an der Königsklasse des Motorsports teilnehmen könnten. Die Marke, die nicht in die Formel 1 geht, soll mit einem eigenen LMP1-Prototypen auf den Gesamtsieg bei den traditionsreichen 24 Stunden von Le Mans angesetzt werden.
Eher Audi als Porsche in die Formel 1?
"Mit der LMP1 gibt es zwei Klassen und zwei Marken, Audi und Porsche. Wir wollen aber nicht, dass beide in der LMP1 gegeneinander fahren", wird Müller von 'Autocar' zitiert. "Daher müssen wir uns überlegen, ob es nicht mehr Sinn machen würde, eine der Marken in die LMP1 zu schicken und die andere in die Formel 1." Zudem kündigt er einen runden Tisch an, bei dem die Vor- und Nachteile beider Szenarien intern diskutiert werden sollen.
Während von vielen Medien eher Porsche in der Formel 1 gesehen wird, spricht auch einiges gegen ein neuerliches Grand-Prix-Engagement der Luxusmarke, die seit 2009 in den Volkswagen-Konzern eingegliedert ist. Denn Informationen von 'Motorsport-Total.com' zufolge arbeitet Porsche hinter den Kulissen seit Monaten an einem LMP1-Programm. Mit bisher 13 Gesamtsiegen, zuletzt im Jahr 1998, passt Porsche auch traditionell gesehen nach Le Mans.
Bei Audi wollte man von der Formel 1 bis vor kurzem allerdings nichts wissen: "Unserer Meinung nach passt die Formel 1 nicht zu Audi, solange die Technik, die dort zum Einsatz kommt, keine Relevanz für die Entwicklung unserer Serienfahrzeuge hat", meinte Sportchef Wolfgang Ullrich diesen Juni. Nur: In der Königsklasse bemühen sich die Beteiligten derzeit intensiv um einen stärkeren Technologietransfer zwischen Rennteams und Serienproduktion.
Das Thema Le Mans könnte für Audi zudem ausgereizt sein. Die Ingolstädter haben den Klassiker an der Sarthe in den vergangenen elf Jahren zehnmal gewonnen, wenn auch im Jahr 2003 mit einem als Bentley "getarnten" Audi R8. Aus Marketingsicht könnte es daher Vorteile haben, Audi in ein neues Umfeld zu schicken und das Porsche-Engagement in Le Mans von einem reinen GT2- wieder auf ein prestigeträchtiges LMP1-Programm upzugraden.
Derzeit geht Porsche nur mit Kundenteams in Le Mans an den Start. Müller: "Es ist wichtig, zu verstehen, dass wir Kundensport unterstützen und damit Geld verdienen. Wir geben dafür kein Geld aus, sondern wir verdienen Geld damit." Dieses Modell könnte der Volkswagen-Konzern mittelfristig für die Rallye Dakar adaptieren, wo das Werksengagement im Falle eines dritten Gesamtsieges hintereinander beendet werden dürfte.
Porsche war bereits Formel-1-Weltmeister
Porsche war zuletzt 1991 als Motorenhersteller für Footwork in der Formel 1 vertreten. Der bisher letzte Grand-Prix-Sieg gelang Alain Prost 1987 in einem McLaren-TAG-Porsche, den letzten WM-Titel hatte der Franzose im Jahr zuvor errungen. Audi war hingegen noch nie in der Königsklasse vertreten. Als Voraussetzung für einen Einstieg einer Volkswagen-Marke in die Formel 1 gilt allerdings die Einführung eines Weltmotors.
"Wenn es den sogenannten Weltmotor auch in der Formel 1 geben sollte, dann werden wir im Konzern entscheiden", meinte Volkswagen-Berater Hans-Joachim Stuck im März auf Anfrage von 'Motorsport-Total.com'. "Mit dem 1,6-Liter-Turbo für die WTCC und Rallye ist ein erster guter Schritt gemacht. Jetzt müssen sich Jean Todt und seine FIA rühren und die Situation für die Formel 1 klarstellen."
Das ist inzwischen passiert: Geplant ist ab 2013 ein 1,6-Liter-Turbomotor mit drei bar Ladedruck, maximal 10.500 Umdrehungen pro Minuten und dem Hybridsystem KERS, das für Volkswagen die wichtige Brücke zwischen Performance und Zukunftstechnologie schlagen würde. Noch ist dieses Reglement aber nicht abgesegnet. "Wenn das Reglement feststeht, dann entscheiden wir schnell. Wir könnten ein solches Triebwerk recht kurzfristig aufbauen", so Stuck.
Übrigens: Dass Volkswagen ein eigenes Formel-1-Werksteam aufbauen könnte, gilt als unwahrscheinlich. Vielmehr deutet einiges darauf hin, dass man nur Motoren an einen Partner liefern würde. Angeblich sollen diesbezüglich bereits lose Kontakte zu Williams bestehen. Die Tochterfirma Williams Hybrid Power hat bekanntlich das Schwungrad des KER-Systems für den noch relativ neuen Porsche 911 GT3 Hybrid entwickelt.