Ist da zu viel Netflix-Drama in der Formel 1, Günther Steiner?
Zu viel Show, zu wenig Sport: Dafür wurde "Drive to Survive" zuletzt häufig kritisiert - Was Ex-Teamchef Günther Steiner dazu sagt und wozu er die Formel 1 mahnt
(Motorsport-Total.com) - Der Beginn der Formel-1-Saison wurde vom internen Machtkampf bei Red Bull und den Vorwürfen gegen Teamchef Christian Horner überschattet. Die Schlagzeilen überschlugen sich von Woche zu Woche, während das sportliche Geschehen auf der Rennstrecke in den Hintergrund trat.
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Günther Steiner wurde durch "Drive to Survive" selbst zum Netflix-Star Zoom Download
Für die nächste Staffel der Netflix-Serie "Drive to Survive" ist das sicher ein gefundenes Fressen. Doch läuft die Formel 1 mit diesem Drama nicht Gefahr, ihre Fans zu verprellen?
"Es ist schwer zu sagen, wie sehr sich die Leute darüber aufregen", sagt Ex-Haas-Teamchef Günther Steiner, der durch Netflix selbst einen gewissen Kultstatus erreicht hat. "Sicherlich gibt es einige Dinge, die nicht in Ordnung sind."
Red-Bull-"Seifenoper" sollte nicht vom Sport ablenken
Elementar sei, dass die Dinge geklärt werden: "Diese Seifenoper braucht ein klares Ende, damit jeder weitermachen kann." Doch noch ist das Kapitel nicht geschlossen. Die Gerüchte um einen Wechsel von Max Verstappen brodeln weiter, während Horner offenbar daran arbeitet, im Red-Bull-Konzern weiter aufzusteigen.
Steiner spricht sich für klare Verhältnisse aus. "Das war schon immer mein Standpunkt. Wer im Unrecht ist, ist im Unrecht, wer im Recht ist, ist im Recht, und wir machen weiter, wie im normalen Leben auch", betont der Ex-Teamchef.
"Wie viel Schaden es anrichten kann, weiß ich nicht. Ich denke, es wird sich wieder davon erholen. Denn es geht um den Sport. Es läuft eine Seifenoper, die nicht zu sehr vom Sport ablenken sollte. Und es gibt eine Menge interessanter Dinge in diesem Sport. Wir sollten also nicht immer nur das Negative sehen", so Steiner.
Denn die Formel 1 sei immer noch in einer "sehr guten Position", was die Zuschauerzahlen angeht. Zwar könne das Wachstum nicht ewig beibehalten werden. "Aber nächstes Jahr kommt der Hollywood-Film heraus. Dadurch werden wir wieder eine Menge neuer Zuschauer anziehen", glaubt der 58-Jährige.
Steiner: Fans wollen mehr als nur ein Rennen sehen
Generell mahnt er die Formel 1, ihre Teams und Fahrer dazu, offen für Neues zu bleiben. "Ich denke, es ist eine gute Sache, wenn man versucht, neue Dinge zu tun. Wenn ich an den Grand Prix Miami zurückdenke, war es im ersten Jahr genauso."
"Schauen Sie sich all die neuen Dinge an, die sie für den Sport getan haben, um mehr Unterhaltung zu bieten, und wie viele andere Rennen sich daran orientiert haben, weil sie erkannten, dass die Leute von diesen Dingen angezogen werden können."
Natürlich müsse der Rennsport das Wichtigste sein, betont Steiner. So sei es auch in Miami. "Aber man kann den Leuten eine Menge Unterhaltung bieten, denn es geht auch um Unterhaltung außerhalb des Rennsports. Wir schreiben das Jahr 2024. Vor 20 Jahren wollten wir vielleicht nur ein Rennen sehen." Heute sei das anders.
Zu viel Show in der F1? Hört doch auf zu jammern!
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Es gehe vielmehr um ein "umfassendes Erlebnis". "Und ich denke, Miami hat das in den Kalender gebracht. Und viele andere Rennstrecken haben das gesehen und versuchen, etwas Ähnliches zu machen - jeder auf seine eigene Art und Weise."
"Die Veranstalter haben gesehen, dass es funktioniert, weil man damit Leute für den Sport gewinnen kann, und das ist es, was wir wollen", betont Steiner, der für den diesjährigen Grand Prix von Miami die Rolle des Botschafters übernommen hat.
Miami als Messlatte, was den Unterhaltungaspekt angeht
Die US-Metropole habe die Messlatte "sicherlich höher gelegt", sodass andere Veranstaltungsorte nachziehen müssten. "Und ich denke, es ist gut für den Sport, denn es muss generell etwas getan werden. Wie ich schon sagte, wollen die Leute zwölf Stunden Unterhaltung, nicht nur zwei Stunden", meint Steiner.
"Also werden die guten Veranstalter etwas tun und versuchen, auf dem Laufenden zu bleiben, und die schlechten werden verschwinden. Denn die FOM die Wahl hat, neue Rennen einzuführen, weil draußen genug Schlage stehen. Ich glaube also, dass viele Rennstrecken in Europa in diese Richtung gehen werden."
"Um das Niveau von Miami zu erreichen, braucht man natürlich die Infrastruktur, die man in einer coolen Stadt wie Miami hat, aber man muss nicht dasselbe tun. Man kann sich seine eigenen Ideen ausdenken", hofft Steiner auf die Kreativität der anderen.
Er selbst verdingt sich nach seinem Aus als Teamchef vor allem als Formel-1-Experte und arbeitet an seinem zweiten Buch. Auch die Zusammenarbeit mit Netflix läuft weiter.
"Wie viel sie davon bringen, weiß ich nicht. Vielleicht bin ich ja jetzt der langweiligste Kerl aller Zeiten und sie bringen gar nichts", lacht Steiner. "Aber nein, sie filmen immer noch. Sie haben eine ganze Menge mit mir gemacht, in meinen neuen Jobs, aber ich weiß nicht, wie viel sie davon einbringen werden."