• 30. Juni 2022 · 19:19 Uhr

Max Verstappen: Schwiegervater Nelson Piquet "ist kein Rassist"

Max Verstappen verurteilt die rassistischen Äußerungen von Nelson Piquet gegen Lewis Hamilton, spricht sich aber für eine zweite Chance aus

(Motorsport-Total.com) - Es ist schon irgendwie bizarr, dass ein monatelang unbemerktes Interview, das Nelson Piquet sen. bereits im November 2021 gegeben hat, plötzlich das bestimmende Thema in der Formel 1 ist. Am Donnerstag vor dem Grand Prix in Silverstone (Freitagstraining ab 14 Uhr im Formel-1-Liveticker) drehte sich in der FIA-Pressekonferenz alles um die jüngsten Verbalentgleisungen von Piquet und Bernie Ecclestone, und selbst bei einer separaten Medienrunde von Max Verstappen war Rassismus und die Konsequenzen daraus das meistgefragte Thema.

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Max Verstappen mit seiner Freundin, Nelson Piquets Tochter Kelly Zoom Download

Dass seinem Schwiegervater - Verstappen ist mit Piquets Tochter Kelly liiert - möglicherweise sogar ein Paddockverbot auferlegt werden könnte, findet der amtierende Formel-1-Champion nicht richtig: "Ich denke, es wäre besser, mit den Leuten zu reden statt sie auszugrenzen. Wenn du Leute ausschließt, dann wird das die Situation nicht verbessern. Du musst kommunizieren."

Das Ziel sei letztendlich, Menschen, die solche indiskutablen Äußerungen von sich geben, "zu erziehen", findet Verstappen. "Und da ist es besser, sich zu unterhalten. Sowas lässt sich ja aus der Welt schaffen. Wenn du einen Streit mit jemandem hast und denjenigen dabei verletzt, dann unterhältst du dich und entschuldigst dich."

Mit rassistischen Äußerungen könne es im besten Fall ähnlich laufen: "Es ist nicht schön, wenn du jemanden verletzt, aber man kann sowas hinter sich lassen. Solange du aus dem Fehler lernst und dich aufrichtig entschuldigst. Ich finde nicht, dass man deswegen jemanden aus dem Paddock verbannen sollte. Vor allem nicht einen dreimaligen Weltmeister."

Verstappen nimmt Piquet nicht in Schutz

Piquet hatte in einem Interview, das erst jetzt international die Runde gemacht hat, für Hamilton zweimal das Wort "Neguinho" verwendet. Das wurde von manchen Medien als "kleiner Neger" übersetzt, obwohl es laut Auskunft eines brasilianischen Muttersprachlers viel treffender als "kleiner Schwarzer" zu übersetzen ist.

Dass das immer noch schwer rassistisch ist, weil Piquet Hamilton damit rein über seine Hautfarbe definiert und mit einer Verniedlichung auch noch herabwürdigt, darüber gibt es in aufgeklärten Kreisen keine zwei Meinungen. Auch Verstappen nimmt seinen Schwiegervater diesbezüglich erst gar nicht in Schutz.

"Die Worte, die verwendet wurden, selbst vor dem Hintergrund unterschiedlicher Kulturen und dass das noch normal war, als er jünger war, waren nicht korrekt. Wir müssen daraus lernen, dass so etwas in Zukunft nicht mehr gesagt werden darf, weil es sehr verletzend ist. Und es ist ganz klar, dass sowas in der heutigen Zeit die Runde macht."

Verstappen: Piquet ist "definitiv kein Rassist"

Aber: "Ich habe ein bisschen Zeit mit Nelson verbracht und kenne ihn wahrscheinlich ein bisschen besser als die meisten Menschen. Er ist definitiv kein Rassist. Er ist ein sehr netter und entspannter Kerl. Das Statement, das er herausgegeben hat, zeigt auch, dass man die Formulierung auf zwei Arten sehen kann. Aber es wäre eindeutig besser gewesen, das nicht zu sagen."

"Es geht aber nicht nur darum, es geht nicht nur um das N-Wort", präzisiert Verstappen. "Solche Sprache gegen irgendjemanden zu verwenden, egal welcher Hautfarbe, ist nicht korrekt. Daran müssen wir als Gesellschaft generell arbeiten, nicht nur in der Formel 1 und nicht nur speziell in Bezug auf Lewis."

Der 24-Jährige hat übrigens nicht vor, mit seinem bald 70-jährigen Schwiegervater über das Thema zu sprechen oder ihn gar zu belehren: "Es ist nicht meine Aufgabe, mit meinem Schwiegervater darüber zu reden. Ich werde ihn sicher nicht anrufen und ihm sagen: 'Hey Mann, das ist nicht in Ordnung.' Das weiß er auch selbst."

Verstappen: Kein klärendes Gespräch mit dem Schwiegervater

"Ich glaube nicht, dass er mich dafür braucht, ihm zu erklären, was richtig ist und was nicht. Er hat ja schon in seinem Statement erklärt, dass er realisiert hat, dass er sich falsch ausgedrückt hat. Wer bin ich dann, ihn anzurufen und ihm das nochmal zu sagen? Würde eh nichts ändern. Ich denke, er realisiert, dass es nicht korrekt war, dieses Wort zu verwenden. Das ist es eindeutig nicht."

"Es ist, wie er sagt: Das Wort kann auf zwei Arten gelesen werden, und natürlich greifen die Leute die schlechte Seite auf. Dann wird das alles unverhältnismäßig aufgeblasen. Ich kenne Nelson ja persönlich. Die Menschen stempeln ihn jetzt als einen Rassisten ab. Ich denke nicht, dass er einer ist - auch wenn ich zustimme, dass man das so nicht sagen darf."

Auch mit Hamilton habe er nicht über die Affäre gesprochen: "Ich bin gerade an der Strecke angekommen. Wir haben alle viel zu tun. Wir müssen gar nicht reden. Er hat meinen Respekt, wie jeder andere Fahrer. Er weiß, wie ich über diese Situation denke. Wir stehen alle hinter den Initiativen, die ergriffen werden, und werden diese unterstützen."

Verstappen: Auch Vips verdient zweite Chance

Übrigens: Verstappen findet, dass der kürzlich von Red Bull aus dem Kader gefeuerte Nachwuchsfahrer Jüri Vips ebenfalls eine zweite Chance verdient hat. Vips hatte in einem Livestream beim Spielen eines Videospiels das Wort "Nigger" verwendet und sich danach für die Äußerung entschuldigt.

Die Karriere des 21-Jährigen liegt damit erstmal auf Eis. Verstappen plädiert dafür, dass "Menschen eine zweite Chance verdienen. Vielleicht keine dritte. Aber manchmal rutschen einem unbedacht Dinge heraus, und es ist einem im ersten Moment gar nicht klar, wie sehr das andere verletzen kann."

"Ich kenne Jüri ein bisschen besser als viele andere. Er ist ein supernetter Kerl. Ich glaube, er versteht, was er falsch gemacht hat. Er befindet sich jetzt an einem sehr schwierigen Punkt in seiner Karriere, weil alle mit dem Finger auf ihn zeigen. Okay, was er gesagt hat, war nicht korrekt. Aber ich finde, er verdient eine zweite Chance."

Denn, und das ist der springende Punkt: "Um zu zeigen, dass er versteht, was er falsch gemacht hat, und dass er ein besserer Mensch werden kann", gibt Verstappen dem ehemaligen Red-Bull-Junior als Ratschlag mit auf den Weg.

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