Sebastian Vettel: "Bin mir sicher, dass es einige schwule Fahrer gegeben hat"
Diversität und Toleranz sind Sebastian Vettel ein Herzensanliegen, weshalb er sich für die LGBTQ-Community stark macht - In der Formel 1 sieht er Nachholbedarf
(Motorsport-Total.com) - Nicht erst seit gestern macht sich Formel-1-Pilot Sebastian Vettel für die Rechte von Homosexuellen stark. Immer wieder trägt er die Regenbogenflagge - Zeichen der LGBTQ-Bewegung - auf Kleidung und Helm. Nun setzt der 34-Jährige erneut ein Statement, und zwar auf dem Cover des Schwulen-Magazins 'Attitude'.
Im Interview mit dem Blatt verrät der Deutsche, dass er glaubt, dass ein offen schwuler Fahrer in der Formel 1 heutzutage kein Problem mehr sei: "Ja, das glaube ich. Vielleicht wäre das in der Vergangenheit nicht der Fall gewesen, aber jetzt denke ich, dass ein schwuler Formel-1-Fahrer willkommen wäre - und das zu Recht."
Er selbst habe innerhalb des Sports indirekt des Öfteren Homophobie erlebt. "Ich habe gehört, wie sich Leute negativ über LGBTQ-Menschen und die LGBTQ-Gemeinschaft geäußert haben", erzählt Vettel und gibt zu: "Wenn ich in der Vergangenheit solche Dinge gehört habe, fühlte sich das immer falsch an."
"Aber heute bin ich selbstbewusster, mich dazu zu äußern und dagegen zu halten", sagt er weiter. "Homophobie ist ein Vorurteil, und Vorurteile sind falsch. So einfach ist das."
Vettel: In der Formel geht es um Fortschritt
Ein Fahrer, der sich zu seiner Homosexualität bekennt, würde dazu beitragen, die Beseitigung von Vorurteilen zu beschleunigen und den Sport in eine bessere Richtung zu lenken, glaubt Vettel. Deshalb setzt der 34-Jährige sich für einen offenen Umgang damit ein, den er als Teil des allgemeinen Fortschritts ansieht.
"Die Formel 1 ist ein sehr beliebter Sport in der ganzen Welt. Sie hat mit etwas zu tun, das viele Menschen jeden Tag tun oder, wenn sie nicht selbst fahren, zumindest regelmäßig damit zu tun haben: Auto fahren - oder in einem Auto gefahren werden."
"Obwohl das Autofahren an sich dynamisch ist, muss ich leider feststellen, dass einige Mitglieder der Autofahrergemeinschaft, wenn ich sie so nennen darf, dennoch sehr langsam - fast statisch - sind, wenn es um den Fortschritt geht", erklärt Vettel.
"Doch der Fortschritt ist unvermeidlich. Autos haben sich verändert und werden sich weiter verändern - zum Besseren. Und auch die Fahrer haben sich verändert und werden sich weiter verändern - ebenfalls zum Besseren. Ich habe also Hoffnung, und deshalb würde ich einen schwulen Formel-1-Fahrer absolut begrüßen. Und wie gesagt, ich denke und hoffe, dass unser Sport für einen solchen bereit wäre."
Auf die Frage, ob er ehemalige oder aktuelle Formel-1-Fahrer kenne, die schwul sind oder waren, sich aber nicht geoutet haben, sagt der Deutsche: "Nein, aber ich bin mir ziemlich sicher, dass es einige gegeben hat. Ich denke, ich wüsste nichts von ihnen, weil sie sich nie geoutet haben, was eine Schande ist."
Vorurteile über Männlichkeit sind überholt
Über die Gründe kann Vettel nur spekulieren. "Ich würde hoffen, dass es im Moment keine gibt, aber ich bin wohl nicht der Beste, um das zu beurteilen", gibt der Formel-1-Pilot zu.
"Die Gründe dafür könnten ähnlich sein wie in einer Sportart wie dem Fußball: das alte Image eines Spielers oder Fahrers als 'Held', der bestimmten Kriterien entsprechen muss. Aber die Beurteilungskriterien sind oft einfach falsch. Wer hat sie überhaupt aufgestellt? Wer hat das entschieden?", fragt sich der Deutsche.
Immer wieder bediente Stereotype wie "Männer weinen nicht" oder "zeigen keine Schwäche" hätten nichts mit ihrer Leistung zu tun, betont er. "Warum beschämt unsere Gesellschaft immer noch jemanden, der Schwäche zugibt oder ein Versagen einräumt? Meiner Meinung nach sollte das Gegenteil der Fall sein."
"Es erfordert enormen Mut, sein wahres Ich zu zeigen, anstatt sich hinter einer Fassade zu verstecken, die darauf beruht, was die Leute von einem erwarten. Wir sollten anfangen zu sehen und zu verstehen, dass es die Vielfalt der Menschen ist, die uns weiterentwickelt und zu neuen Höhen geführt hat", so Vettel.