Flavio Briatore: Wie sein Sohn und Krebs sein Leben veränderten
Der ewige Playboy zeigt sich im Nico-Rosberg-Talk nachdenklich: Mit 68 will er viel Zeit mit seinem Sohn verbringen - auch, um ihn auf seine Geschäfte vorzubereiten
(Motorsport-Total.com) - Schillernd, umstritten, erfolgreich: Kaum ein Formel-1-Teamchef hat in den vergangenen Jahrzehnten für mehr Gesprächsstoff gesorgt als Ex-Benetton und -Renault-Boss Flavio Briatore. Auch wenn es um den italienischen Lebemann in den letzten Jahren im Motorsport-Business verhältnismäßig ruhig geworden ist, erinnern sich noch viele Fans an die aufregenden Zeiten mit Briatore am Kommandostand.
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Der skandalumwitterte Ex-Teamchef ist für klare und polarisierende Aussagen bekannt Zoom Download
Er war es, der Michael Schumacher in den 90er Jahren zu den ersten beiden seiner insgesamt sieben WM-Titeln führte. Mit Schumi im Benetton-Cockpit und dem schlitzohrigen Briatore am Kommandostand erwachte die Formel-1-Begeisterung in Deutschland. Anstößigkeiten, Affären und Intrigen umwitterten den italienischen Manager aber schon damals - und so war es auch nicht verwunderlich, dass ein handfester Skandal seine Karriere in der Formel 1 schließlich beendete. Nach der "Crashgate-Affäre" von Singapur 2008 wurde der heute 68-Jährige ein Jahr später für sämtliche FIA-Veranstaltungen gesperrt.
Auch wenn die Sperre von einem Gericht schließlich aufgehoben wurde: An die Boxenmauer kehrte Briatore nie mehr zurück, zog als Berater und Mentor von Fernando Alonso im Hintergrund aber weiter manche Strippen. Mit dem Spanier hatte er 2005 und 2006 zwei weitere Weltmeisterschaften gewonnen und die glorreiche Schumi-Story quasi noch einmal neu aufgelegt. Genauso aufregend wie seine Karriere in der Formel 1 verlief parallel dazu auch sein Privatleben, mit dem er die Spalten der Klatschblätter füllte.
Von Naomi zu Heidi zu Elisabetta: Erst sein Sohn zähmte Flavio
Briatore pflegte sein Image als italienischer "Playboy" genüsslich, zeigte sich an der Seite der schönsten Frauen und datete von 1998 bis 2003 Supermodel Naomi Campbell. Im Anschluss hatte er eine Beziehung mit Heidi Klum, mit der er eine gemeinsame Tochter hat. Noch während Klums Schwangerschaft trennte sich das Paar aber. Im Juni 2008 heiratete Briatore überraschend das 30 Jahre jüngere "Wonderbra"-Model Elisabetta Gregoraci. 2010 kam der gemeinsame Sohn Falco Nathan auf die Welt.
Fotostrecke: Flavio Briatore und seine Frauen
Er war DER Playboy der Formel 1: Flavio Briatore umgab sich gern und oft mit schönen und vor allem jungen Frauen. Und diese ließen sich wiederum gern mit ihm sehen. Nicht immer blieb es bei einem harmlosen Erinnerungsfoto an der Rennstrecke... Fotostrecke
Mit dem Ausscheiden aus der vordersten Front der Königsklasse und der Geburt des Sohns wurde es ruhiger um Briatore. In Nico Rosbergs Podcast "Beyond Victory" spricht der ehemalige Teamchef nun nachdenklich wie selten zuvor über sein Leben und sagt: "Mit meinem Sohn hat sich mein Leben komplett geändert. Du lebst nur noch für dein Kind und erkennst, wie unwichtig alles andere ist." In typischer Flavio-Manier schiebt er hinterher: "Ein Sohn oder eine Tochter sind doch viel wichtiger als die eigene Frau..."
Als Rosberg verdutzt einhakt, erklärt Briatore. "Na ja, zumindest bei mir. Die Frauen habe ich ja öfter gewechselt, aber mein Sohn bleibt immer mein Sohn." Auch von Elisabetta ist der Italiener inzwischen getrennt, stellt aber immerhin klar: "Als die Trennung kam, haben wir im Sinne unseres Sohnes sehr gut zusammengehalten. Wir haben geschaut, dass es kein Drama gibt und meine Frau war sehr stark." Auf den jetzt achtjährigen Falco Nathan hat Briatore aber Argusaugen geworfen, schließlich soll er später einmal die Geschäfte seines Vaters fortführen, wie er Nico Rosberg verrät.
In zehn Jahren soll sein Sohn in seine Fußstapfen treten
"In zehn Jahren wird er volljährig. Ich bereite ihn darauf vor, dass er mit 18 übernehmen kann. Er soll direkt einsteigen und nicht auf eine Universität gehen. Ich brauche ja schließlich keinen Doktor oder Anwalt. Wenn ich einen Anwalt bräuchte, hole ich mir einen und zahle ihm die Rechnung. Ich brauche jemanden, der sich um meine Geschäfte kümmert. Mit 20 können wir dann beurteilen, wie er sich macht. Als ich 18 war, habe ich 20 Stunden am Tag gearbeitet." Eine klassische Briatore-Aussage...
Dass er im stolzen Alter von 60 Jahren überhaupt noch mal Vater werden konnte, hat der Lebemann einer Routine-Untersuchung in den USA im Jahr 2006 zu verdanken. In der renommierten Mayo-Klinik in Minnesota wurde bei ihm ein bösartiger Nierentumor festgestellt.
Briatore wirbt eindringlich: Geht zur Krebsvorsorge!
Ein Einschnitt, der seine Sicht der Dinge radikal änderte. Briatore, der mit Alonso im Cockpit damals auf einer Welle des Erfolgs ritt, erzählt: "Wir flogen zum USA-Grand-Prix nach Indianapolis. Jahr für Jahr habe ich diese Tage dazu genutzt, um im Vorfeld meinen Routine-Check in der Klinik machen zu lassen. Da haben sie es entdeckt. Ich hatte Glück, hätte ich die Untersuchung in Rom oder anderswo machen lassen, hätte niemand den Tumor gesehen. Er war winzig und nur weil sie ein Verfahren hatten, bei dem die Aufnahmen am Computer übereinandergelegt werden, wurde er überhaupt erkannt."
Es begannen bange Tage und Wochen für den Lebemann. "Ich saß schon im Flieger in Richtung Indianapolis, als mein Telefon klingelte. Dort ruft mich nie jemand an, keiner hat die Nummer. Aber es war der Arzt und er sagte, ich solle zurückkommen, weil sie einen bösartigen Tumor in meiner Niere entdeckt hätten." Kurz darauf lag der Teamboss bereits auf dem OP-Tisch, das Geschwür wurde entfernt. "Das war fantastisch, weil ich im Anschluss nie eine Chemotherapie oder ähnliches machen musste. Drei, vier Wochen später hätte es böse für mich ausgesehen. Der Tumor war wie eine sehr kleine Münze. Wäre er aufgebrochen, hätte er in alle möglichen Richtungen gestreut."
Fotostrecke: Michael Schumachers zweiter Titel
Alles neu bei Michael Schumachers Benetton-Team im Jahr 1995: Startnummer 1 des amtierenden Weltmeisters auf dem B195, leistungsstarke Renault- statt Ford-Motoren im Heck und Johnny Herbert als permanenter Stallkollege. Außerdem arbeitet Technikchef Tom Walkinshaw nicht mehr für Benetton, sondern für Ligier - weil FIA-Präsident Max Mosley nach der Benzinfilter-Affäre samt Boxenfeuer in Hockenheim 1994 ein Köpferollen verlangt hat. Fotostrecke
Seit jener Zeit engagiert sich Briatore in der Gesundheitsaufklärung und ist das Gesicht der italienischen Kampagne, die zu regelmäßigen Vorsorgeuntersuchungen aufruft. "Ich sage allen: Hört auf uns - macht den Vorsorgecheck jedes Jahr. Jedes Jahr! Und wenn ihr schon über 60 seid, zweimal im Jahr, alle sechs Monate." Auch jüngeren Menschen wie Rosberg rät er zum regelmäßigen Gang zu Arzt: "Investiere diese zwei, drei Tage im Jahr für diese Untersuchung. Anstatt ein Skiwochenende zu machen, lass dich durchchecken. Wirklich! Wenn man Krebs rechtzeitig entdeckt, kann dein Leben gerettet werden."
Der ewige Playboy scheint altersweise geworden zu sein, auch wenn er dafür einiges durchmachen musste: "Wer einmal Krebs hatte, wird dir das bestätigen: Es ändert dein Leben komplett. Zwei Tage nach der Operation lag ich im Bett und habe erkannt, was wirklich zählt. Geld? Nichts wert! Damals hatte ich keine Frau und noch keine Kinder. Ich erkannte: Gesundheit ist das wichtigste im Leben." Und so will er sich weiter fit halten, seine Geschäfte vorantreiben und sich um seinen Sohn kümmern: "Ich will mindestens noch 15 Jahre mit ihm haben. Ich will ja wissen, ob er sich um meine Angelegenheiten kümmern kann, oder nicht..."