Niki Lauda: Darum kann ich mit meiner Entstellung gut leben
Formel-1-Legende Niki Lauda spricht über die sichtbaren folgen seines schweren Unfalls 1976 auf dem Nürburgring und wie sehr ihn Reaktionen darauf verletzten
(Motorsport-Total.com) - Wenn Niki Lauda heutzutage seine Kappe zieht, dann ist das eine große Geste. Dann muss ihn schon jemand sehr beeindruckt haben, denn den dreimaligen Weltmeister kennt man in der Öffentlichkeit nicht ohne seine rote Kappe. Unter seinem Kopfschutz zeigen sich noch deutlich die Folgen seinen Horror-Crashs 1976 auf dem Nürburgring. Mit diesem Umstand hat der Österreicher schnell leben gelernt - sein Umfeld hat noch heute manchmal ein Problem damit.
"Was soll ich tun, wenn ich den Rest meines Lebens so aussehen werden", beschreibt er in der Interviewreihe 'In Depth with Graham Bensinger' seine Gedankengänge, nachdem er sich damals erstmals im Spiegel betrachtet hat. "Dann wurde mir klar: Ich kann nichts dagegen tun - das ist jetzt so. Ich hatte einen Unfall, ich habe mein Ohr verloren, ich sehe so aus - Gott sei Dank bin ich am Leben. Ich habe es akzeptiert."
Auf der legendären Nordschleife war Lauda damals gegen eine Felswand geprallt und minutenlang in seinem in Flammen aufgegangenen Boliden festgesessen. Mit schweren Verbrennungen musste er schmerzhafte Prozeduren über sich ergehen lassen. Nachdem die seine Lunge stabilisiert war, wurde ihm Haut vom Bein auf den Kopf transplantiert.
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Sein erstes Rennen bestritt er als 19-jähriger Nobody in einem Mini Cooper S 1300 bei einem Bergrennen in Oberösterreich, sein letztes als einer der erfolgreichsten Formel-1-Piloten aller Zeiten für McLaren beim Großen Preis von Australien in Adelaide. Eine Eigenschaft war dabei immer typisch Niki Lauda: sein gnadenloser Perfektionismus. Fotostrecke
"Als ich nach dieser Operation aufgewacht bin, waren meine Hände festgebunden. Neben mir saß eine Krankenschwester und ich habe sie gefragt, was hier los ist. Sie erklärte: 'Ich geben Acht, dass sie ihr Gesicht nicht anfassen, ansonsten ist das Operationsergebnis gefährdet.'"
Doch es waren nicht nur die Operationsnarben, die Lauda zu schaffen machten. Wegen der große Hitze, der er ausgeliefert war, hatte sich in seinem Kopf auch Wasser angesammelt. "Ich konnte es nicht glauben", erklärt er, wie sein Kopf beinahe auf doppelte Größe angeschwollen war.
Die Schwellung ging zurück. Trotz Laudas eigener Akzeptanz sah er sich danach wegen seines Aussehens aber anderen Herausforderungen ausgesetzt: der Öffentlichkeit. Schon früh versteckte er seine Narben daher unter der roten Kappe.
"Aber selbst mit der Kappe wollte die Leute immer wissen, was darunter los war. Ich habe dann immer gesagt: 'Kannst du mir auch in die Augen schauen?'. Es gab Vorfälle, die mich wirklich verletzt haben, weil die Leute es nicht verstanden haben, jemand, der bei einem Unfall verletzt wurde, normal zu behandeln."
"Mit mir wurde so schlecht umgegangen, dass irgendwann das einzige Interesse an mir nur noch darin bestand, zu sehen, was unter der Kappe los war. Das hat mich wirklich geärgert."
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Gegipfelt habe das in einem bestimmten Vorfall: "Bei der Pressekonferenz zu meinem Comeback fragte so ein Typ: 'Was sagt ihre Frau zu ihrem Aussehen, wen sie jeden Morgen so neben ihnen aufwacht?'. Nach der Pressekonferenz ist er mir sogar gefolgt und hat noch einmal nachgehakt. Da habe ich ihm gesagt: 'Wenn du nicht aufhörst, so unhöflich zu sein, trete ich dir so in die Eier, dass du es nie mehr vergessen wirst'. Dann ist er abgezogen."
Lauda hat für sich schließlich eine Antwort auf solche Beleidigungen gefunden: "Ich habe einen Unfall als Entschuldigung dafür, hässlich auszusehen. Manche haben diese Entschuldigung nicht - sie sind einfach hässlich."