Vater & Sohn Palmer: Was Jolyon dem Papa voraus hat
Jonathan und Jolyon Palmer philosophieren darüber, wer mehr Talent oder Fleiß hat: Der Rennsport hat sich zwischen den Generationen stark verändert
(Motorsport-Total.com) - Söhne berühmter Rennfahrer bekommen häufig das Talent ihres Vaters bereits mit in die Wiege gelegt. So war es auch bei Renault-Pilot Jolyon Palmer, der in dieser Saison sein Debüt in der Formel 1 gibt. Auch Papa Jonathan war einst Rennfahrer in der Königsklasse und bringt es zwischen 1983 und 1989 auf insgesamt 83 Starts. Zum großen Wurf hat es beim Briten leider nie gereicht, sodass er eher für seine Verdienste um den britischen Nachwuchssport bekannt ist, wo er mit seiner Organisation MotorSport Vision (MSV) für viele Serien verantwortlich ist.
Mittlerweile kümmert er sich auch vornehmlich um die Karriere seines Sohnes Jolyon. Vergleicht er ihn mit seiner eigenen Karriere, dann kann der 59-Jährige viele Unterschiede entdecken. "Ich hatte pure Entschlossenheit und war an technischen Details interessiert. Aber ich denke, dass du mehr natürliches Gespür besitzt", erzählt er in einem Vater-Sohn-Interview bei 'Sky Sports F1'. Das lasse sich vor allem beim Überholen sehen.
Als Beispiel holt er ein Wochenende der GP2-Serie von 2014 hervor. Damals musste der heutige Renault-Pilot in Monza von ganz hinten starten, fuhr aber noch auf Rang acht, was ihm die Pole-Position für das Sprintrennen am nächsten Tag bescherte, das er gewann. "Das war etwas, das ich nicht hinbekommen hätte", muss Palmer sen. anerkennen. "Ich würde dem nicht wiedersprechen. Das klingt gut", lacht der Sohnemann.
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Die Karriere des Vaters hat Jolyon Palmer nicht mehr mitbekommen, denn dieser beendete seine Laufbahn 1991 - im Jahr der Geburt seines Sohnes. "Ich kann nur auf altes Zeug schauen und auf das hören, was du mir erzählt hast", sagt er und kann es nur mit seinen eigenen Erfahrungen vergleichen: "Ich weiß, dass du ein ziemlich akribischer Mensch bist, von daher kann ich verstehen, dass du der absolute Albtraum einiger Ingenieure bist - einfach, weil du bei allem Wert auf Details legst", lacht der Sohn. "Ich kann mir schon vorstellen, wie du bis spät in die Nacht arbeitest, um sicherzustellen, dass alles perfekt ist."
Diese Detailversessenheit hatte Jonathan Palmer einst ausgezeichnet, doch der 59-Jährige muss zugeben, dass er damit heute an seine Grenzen stoßen würde. "Das Niveau an Verständnis und Komplexität des Ganzen ist so hoch, und ich habe ehrlich gesagt wenig Ahnung von den Details, um irgendwelche hilfreichen Kommentare abgeben zu können", mischt er sich daher lieber nicht in die Angelegenheiten seines Sohnes ein.
Zu seiner aktiven Zeit waren die Boliden noch nicht so komplex, und Datenaufzeichnung war in der Formel 1 auch ein Fremdwort. "Wenn wir rausgefahren sind und ein anderer drei Zehntel schneller war, dann haben wir einfach versucht, überall härter zu fahren", erinnert er sich. "Man ist einfach eingestiegen und hat versucht, so gut wie möglich rumzukommen, und hat dann geschaut, was dabei herauskommt", stimmt auch Sohn Jolyon zu.
Heutzutage ist der Formel-1-Pilot allerdings gläsern, und jede noch so kleine Bewegung wird am Kommandostand erfasst. "Wenn ich jetzt im Auto sitze, könnte ich niesen und der Ingenieur an den Daten fragt sofort: 'Was ist passiert? Ich habe hier einen kleinen Ausschlag gesehen.'", lacht Palmer. "Man kann sich nicht mehr verstecken." Die Zeiten haben sich geändert, die Piloten auch - auch innerhalb einer Familie.