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Rapper Hamilton: "Musik ist der Schlüssel zur Seele"
Mit seinem zweiten Standbein Musik macht sich Lewis Hamilton nicht nur Freunde - Warum es für ihn dennoch zentraler Lebensinhalt ist, Kritik an der Formel 1 inklusive
(Motorsport-Total.com) - Lewis Hamilton spaltet die Fangemeinde der Formel 1 wie schon lange kein Fahrer mehr. Für die einen ist mit dem dreimaligen Weltmeister, der es aus dem Armenviertel bis hin zum Jetset gebracht hat, endlich wieder ein dringend benötigter Typ in die Formel 1 zurückgekehrt. Für andere betreibt er eine unerträgliche Selbstinszenierung. Hamilton genießt die Freiheit seines Arbeitgebers Mercedes-Benz in vollen Zügen und trifft sich des Öfteren mit Pharrell Williams im Aufnahmestudio.
Wer mit Lewis Hamilton ins Gespräch kommen möchte, tut dies am besten über Musik und nicht über den Rennsport. Seine Begeisterung ist zu spüren, wenn im Interview das Thema nicht die Formel 1 ist. "Musik ist für mich der Schlüssel zur Seele, es ist so etwas wie eine universelle Sprache, die überall auf der Welt verstanden wird", sagt der 30-Jährige der 'FAZ'. "Musik ist vielleicht das Einzige überhaupt, das Menschen zusammenführen kann. Egal, welcher Abstammung, Ethnie oder Religion sie sind. Musik ist das Leben. Musik ist Liebe."
Wie viele Songs er mittlerweile geschrieben hat, weiß Hamilton selbst nicht so genau: "100, vielleicht 140 oder 150. Aber meine Musik hat sich extrem entwickelt. Meine Stimme ist reifer geworden. Es hat alles sehr poppig begonnen, dann habe ich Balladen über Beziehungskram geschrieben, dann kamen RnB und Hip-Hop dazu." Seine Inspiration dazu nimmt er aus dem Leben selbst, wie er sagt: "Es ist so viel Schönheit um uns herum, wir müssen sie nur entdecken."
Persönliche Entfaltung in der Formel 1 nicht möglich
Der Mercedes-Pilot singt nicht nur, sondern spielt auch Schlagzeug, Gitarre und Klavier. Die Musik ist auch zur Sammelleidenschaft geworden: "Ich habe inzwischen viele Gitarren, es sind bestimmt ein Dutzend. Es sind elektrische und akustische Gitarren. Aber ich mag die akustischen viel mehr. Ich kann mit ihnen spielen, wo und wann ich will. Und ich liebe ihren Sound, der von Holz zu Holz ganz unterschiedlich ist."
Die Selbstentfaltung tut Lewis Hamilton sichtlich gut. Obwohl er Fahrtalent hat wie kaum ein zweiter Fahrer in der Formel 1, fühlt er sich im professionellen Renngeschäft eingeengt und übt deutliche Kritik: "Die Formel 1 ist durch und durch von Regeln bestimmt. Es ist ein Sport, der es nicht zulässt, dass man die wirklichen Persönlichkeiten der Athleten zu sehen bekommt." Erst vor kurzem geißelte er seine Fahrerkollegen, von denen er sich immer deutlicher distanziert, für ihr "spießiges Verhalten" in der Öffentlichkeit.
Das Problem sieht er dabei weniger an den Fahrern als am System. "Wir steigen aus dem Auto und stehen direkt im Scheinwerferlicht der Kameras" beklagt sich der Brite. "Das ist so, als würde ich dich in einen Lastwagenreifen stecken, einen Berg herunterrollen, und unten auf dich warten, um dich zu interviewen. Dein Herz pumpt, du bist voll mit Emotionen, kannst kaum sprechen. So ähnlich fühlen wir uns nach den Rennen. Aber die Leute nehmen unsere Sätze und interpretieren sie, deuten etwas hinein, und schon ist irgendeine Geschichte da."
Von Rap bis Katy Perry
Hamilton konnte sich von der Wirkung seiner Stimme selbst überzeugen, als er einen Liveauftritt in einem New Yorker Club wagte. "Es war ein großartiges Gefühl", erinnert er sich. "Auf eine Art war es sogar ähnlich wie die Gefühle, die ich im Auto habe. Der Spaß ist der Gleiche, aber der Unterschied ist, dass du sofort eine Reaktion für das erhältst, was du machst. Im Auto bin ich ganz allein, manchmal nehme ich die Zuschauer auf den Tribünen wahr. Aber auf der Bühne gehst du eine richtige Beziehung mit dem Publikum ein."
Fotostrecke:
Einst waren sie dicke Kumpels, gemeinsam im Urlaub, beim Hamburger auf der Couch vereint und gemeinsam fröhlich tanzende Podiumsbesucher. Mittlerweile herrscht zwischen Lewis Hamilton und Nico Rosberg Eiszeit. Die Saison 2015 markierte neue Höhepunkte einer Teamfehde, die die Formel 1 zuvor so nicht gekannt hat. Zwar bekämpften sich Erzfeinde wie Ayrton Senna und Alain Prost oder Nigel Mansell und Nelson Piquet mit unlautereren Mitteln - jedoch waren sie keine Sandkastenfreunde. 'Motorsport-Total.com' zeigt den Titelfight in der Chronologie. Fotostrecke
Identifizieren kann sich der umtriebige Weltmeister mit einer Reihe von Songs. "Backseat Freestyle" von Kendrick Lamar nennt er als Erstes, dem kämpferischen "Roar" von Katy Perry kann er ebenso viel abgewinnen. Natürlich darf "We are the Champions" in der Sammlung nicht fehlen. "Und: 2Pac, 'Changes'; das Lied behandelt die Diskriminierung und Bedeutungslosigkeit von Schwarzen und den darauf folgenden Kampf für Veränderungen."
Brundle übt Kritik
"Was ich tue, ist wichtig für mich", so Lewis Hamiton weiter. "In diesem Jahr habe ich es so exzessiv betrieben wie nie zuvor - und ich habe fast alle Rennen und dazu meinen dritten Titel gewonnen. Letzte Woche bin ich zu einer Veranstaltung nach Washington geflogen, ich saß dort nicht weit entfernt vom Präsidenten. Am nächsten Morgen bin ich nach Kanada geflogen, habe ein bisschen Musik gemacht und trainiert. Dann ging es nach Los Angeles, dann nach Deutschland, weiter nach Monaco, London, von dort flog ich nach Colorado und habe auf dem Weg noch ein paar Freunde in New York besucht. Es ist ordentlich Rock 'n' Roll."
Trotz des Lebensstils, der stellenweise an Rockstars des 20. Jahrhunderts erinnert, sieht sich Lewis Hamilton nicht als künftiger Musikstar nach der Formel 1. "Die Musik ist die einzige Sache, die wirklich mein Herz berührt", begründet er. "Deshalb mache ich es. Aber ich will damit kein Geld verdienen. Ich würde die Musik nur irgendwann gern einmal mit meinen Fans teilen."
Während Hamilton die Ausschweifungen in der Saison 2015 durch Leistung auf der Rennstrecke rechtfertigen konnte, gibt es auch Kritiker dieses Lebensstils. Die teaminternen Niederlagen nach der gewonnenen Weltmeisterschaft gegen Nico Rosberg ließ bereits manche Experten aufhorchen, wie etwa Martin Brundle: "Der eigentliche Lewis Hamilton, den ich seit vielen Jahren kenne, ist eine aufmerksame, unterhaltsame und hingebungsvolle Persönlichkeit. Diese Abspaltung [von den anderen Fahrern; Anm. d. Red.) kann ich nicht nachvollziehen. Ich denke, das Kind aus Stevenage ist schneller als der Rapper aus L.A."