Kolles: Hamilton nicht aus dem gleichen Holz wie Räikkönen
Während Hans-Joachim Stuck Lewis Hamilton als "Glücksfall" für die Formel 1 empfindet, hat Colin Kolles "eine andere Meinung" über den Weltmeister
(Motorsport-Total.com) - Formel-1-Weltmeister Lewis Hamilton lässt keinen kalt: Die einen lieben ihn, die anderen hassen ihn - aber dazwischen gibt es nicht viel. Besonders sein über die sozialen Netzwerke zur Schau gestellter Lebensstil polarisiert. "Lewis ist für die Formel 1 ein Glücksfall", findet zum Beispiel der ehemalige Grand-Prix-Pilot Hans-Joachim Stuck. "Das sind Helden, das sind Figuren, die die Leute brauchen."
"In England lieben sie ihn, weil er eine Show macht, weil er eine coole Socke ist - und nicht ein Reingewaschener, der nur das sagt, was ihm die Pressedame ins Ohr flüstert, sondern er sagt, was er denkt. Das sind die Helden, die wir eigentlich brauchen", so Stuck bei 'ServusTV'. Gleichzeitig bleibe aber das Professionelle nicht auf der Strecke: "Er macht seine Gaudi, treibt sich rum, macht seine Geschichten mit Weibern - aber er bringt es auf den Punkt und wird Weltmeister. Das finde ich toll."
Während Stuck in seiner aktiven Zeit selbst kaum eine Party ausgelassen hat und ihm nicht gerade das Image eines Kindes von Traurigkeit anhaftete, sieht der ehemalige Formel-1-Teamchef Colin Kolles den Lifestyle von Lewis Hamilton differenzierter: "Ich habe eine andere Meinung", sagt er in Bezug auf Stucks Lob für den Weltmeister und ergänzt: "Ich finde, dass das mit den 70er-Jahren nichts zu tun hat."
Kolles übt Kritik an Hamilton
Die Helden der 1970er-Jahre, allen voran Playboys wie James Hunt (von Hollywood verfilmt im Kino-Blockbuster "Rush"), werden von den heutigen Formel-1-Fans oftmals glorifiziert. Aber Kolles findet nicht, dass Hamilton das Format der damaligen Stars hat: "Man kann einen Lewis Hamilton nicht mit James Hunt vergleichen. Man kann ihn auch nicht mit Kimi Räikkönen vergleichen. Das ist ganz einfach so, das ist ein ganz anderes Holz."
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Auf konkrete Nachfrage des 'ServusTV'-Moderators, ob Hamiltons Lebensstil einen positiven Beitrag zum Image der Formel 1 leiste, wie das Bernie Ecclestone einmal dargestellt hat, entgegnet Kolles: "Das ist mir wurscht, um ehrlich zu sein, ob er gut oder schlecht ist für die Formel 1. Wir kennen Kimi ziemlich gut, ich auch ein bisschen. Ich finde, das ist ein anderes Material als Lewis Hamilton - muss ja nicht jeder aus gleichem Holz geschnitzt sein."
David Coulthard, der sich früher selbst zwar nicht so extrem ausgetobt hat wie Stuck und Hunt, aber durchaus auch die Vorzüge des Jetset-Lebens zu schätzen wusste, zeigt Verständnis für Hamilton: "Die Verlockungen des anderen Lebens, das er führt - rund um Promis, Mode und Musik - machen so süchtig, dass es ihm sehr schwer fällt, einfach mit dem Hund Gassi zu gehen, eine Runde auf der Langlauf-Loipe zu drehen oder im Fitnessstudio zu trainieren", so der heutige TV-Experte zur 'BBC'.
Coulthard: Ablenkung kann positiv sein
Aber Hamiltons Lebensstil stelle eine "positive Ablenkung" dar, findet Coulthard: "Es ist nicht gesund, die ganze Zeit nur auf ein Thema fokussiert zu sein. Es kommt nicht darauf an, was du abseits der Strecke machst, solange du voll fokussiert und fit bist, wenn du im Auto sitzt. Erst wenn sich das überschneidet, dann funktioniert es nicht mehr."
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Das sieht Norbert Haug ganz ähnlich: "Lewis hat seinen Lifestyle, aber wer denkt, dass der nur von Party zu Party hüpft, der täuscht sich", verteidigt der ehemalige Mercedes-Sportchef den 30-Jährigen, der von McLaren mit Mercedes-Support gefördert und letztendlich 2007 auch in die Formel 1 gebracht wurde. Haug kann zudem auch verstehen, wie Hamilton mit den sozialen Netzwerken umgeht.
"Er hat sicherlich aus der Not eine Tugend gemacht, vermarktet sich über seine eigene Pressestelle namens Twitter, Instagram und so weiter so, wie er es für richtig hält. Damit hat er jede Menge Follower", sagt er. "Das ist die heutige Kommunikationsform, ob man das will oder nicht. Das macht er ganz authentisch, ganz clever, und er schafft auch Reibungspunkte. Das Ganze würde nicht funktionieren, würde er die Leistung auf der Strecke nicht bringen."