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Vor Motorengipfel in Bahrain: Honda äußert Zweifel an der V10-Idee
HRC-Präsident Koji Watanabe unterstreicht, dass die Elektrokomponente bei den Powerunits "sehr wichtig" für Hondas Engagement in der Formel 1 ist
(Motorsport-Total.com) - Am kommenden Freitag findet beim Grand Prix von Bahrain ein Gipfeltreffen statt, bei dem das zukünftige Motorenformat der Formel 1 diskutiert werden soll. Und nach Audi gibt es nun mit Honda einen zweiten großen OEM (Original Equipment Manufacturer), der sich bereits im Vorfeld des von der FIA einberufenen Meetings zumindest tendenziell gegen die Idee positioniert, in Zukunft zu V10-Saugmotoren zurückzukehren und die Elektrokomponente aus den Powerunits zu eliminieren.

© LAT Images
Für Koji Watanabe, Präsident von HRC, ist die Elektrokomponente in der Formel 1 "sehr wichtig" Zoom Download
Koji Watanabe, Präsident der Honda Racing Corporation (HRC), unterstreicht gegenüber der japanischen Edition von Motorsport.com, einer Schwesterplattform von Motorsport-Total.com im Motorsport Network, dass gerade der "elektrische Bereich sehr wichtig" für Hondas Engagement in der Formel 1 sei.
"Der Grund, warum wir beschlossen haben, 2026 in die Formel 1 zurückzukehren, war, dass wir uns mit dem höheren Anteil und der wachsenden Bedeutung der Elektrifizierung identifizieren konnten", sagt er und unterstreicht: Sollte es in Bahrain um eine "Rückkehr zu Verbrennungsmotoren" gehen, "selbst mit CO2-neutralen Kraftstoffen, denke ich nicht, dass wir das zum jetzigen Zeitpunkt uneingeschränkt unterstützen könnten".
Watanabe wird höchstpersönlich am Bahrain-Meeting teilnehmen. Welchen Standpunkt er dort im Namen von Honda vertreten wird, möchte er Stand jetzt aber noch nicht endgültig festlegen: "Ich habe die Tagesordnung erhalten. Ich hatte noch keine Gelegenheit, den Inhalt gründlich durchzugehen. Deshalb werde ich sie mir genau ansehen und dann entscheiden, welche Position wir als Honda einnehmen, bevor ich zum Treffen nach Bahrain fliege."
Was Audi über die V10-Pläne sagt
Bereits vor Honda hatte sich auch Audi skeptisch gezeigt, was die Idee betrifft, in Zukunft mit V10-Saugmotoren zu fahren und diese mit klimaneutralen E-Fuels zu betreiben. Der deutsche Hersteller hatte in einem Statement ausrichten lassen: "Die bevorstehenden Regeländerungen, einschließlich der neuen Hybridmotoren-Vorschriften ab der Saison 2026, waren ein entscheidender Faktor für Audis Einstieg in die Formel 1. Diese Antriebsregelungen spiegeln dieselben technologischen Fortschritte wider, die auch die Innovationen in Audis Straßenfahrzeugen vorantreiben."
Hinter vorgehaltener Hand hört man, dass andere Hersteller die Bedenken von Honda und Audi teilen. In die V6-Hybrid-Turbos mit rund 50 Prozent elektrischer Systemleistung, die ab 2026 in der Formel 1 eingesetzt werden, wurden Entwicklungskosten investiert, die von Branchenkennern auf 300 und mehr Millionen Euro geschätzt werden. Pro Hersteller. Bei Audi, wo in Neuburg erst eine neue Infrastruktur für den Formel-1-Einstieg entstehen musste, lagen diese womöglich sogar noch höher.
Dass vor allem FIA-Präsident Mohammed bin Sulayem und auch Formel-1-CEO Stefano Domenicali zuletzt öffentlich damit geliebäugelt haben, die V10-Ära wiederzubeleben, wird von manchen hinter vorgehaltener Hand als "erratisches Verhalten" bezeichnet. Als aus den zunächst nicht von allen ernst genommenen Kommentaren bei einem Medientermin mit FIA-Einsitzerchef Nikolas Tombazis eine konkrete Agenda wurde, sorgte dies nicht bei allen, aber bei einigen für diskrete Aufregung.
Tatsache ist: Für die Jahre 2026 bis 2030 gibt es bestehende Vereinbarungen. Sollten die bestehenden Pläne verworfen werden - Tombazis hatte nicht ausgeschlossen, das Motorenformat schon vor 2030 neu zu gestalten -, könnte das für Honda, Audi & Co. die Tür zu juristischen Gegenmaßnahmen öffnen. Es sei denn, der Governance-Prozess wird ordnungsgemäß eingehalten. Dafür müssten sich aber wahrscheinlich alle am Verhandlungstisch sitzenden Beteiligten einig sein. Was als unwahrscheinlich gilt.
Dass die FIA jetzt das Reglement öffentlich in Frage stellt, das sie einst selbst gepusht hat, erscheint von außen betrachtet ungewöhnlich. Und das Argument, dass ein V10-Saugmotor billiger wäre als ein V6-Hybrid-Turbo, wirkt wenig plausibel. Denn die 2026er-Motoren sind praktisch fertig entwickelt. Das hat zwar tatsächlich ein kleines Vermögen gekostet - aber das Geld für die Entwicklung ist ohnehin schon investiert. Wohingegen man bei einem V10 wieder von vorne anfangen müsste.
Hersteller wie Honda gehen aufgeschlossen ins Bahrain-Meeting, auch wenn Stand heute nicht vorstellbar ist, mit welchen Argumenten sie davon überzeugt werden könnten, einer Umkehr in Sachen Powerunit-Formel zuzustimmen. Das Ergebnis werde "davon abhängen, wie sich die Diskussionen entwickeln", sagt Watanabe und ergänzt: "Ich möchte die Inhalte der Tagesordnung besser verstehen und im Austausch mit den anderen Teilnehmern hoffentlich eine klare Richtung für die Zukunft finden."
Mercedes: Keine offizielle Position vor dem Meeting
Ähnlich wie Honda hält auch Mercedes wenig davon, vor den ersten Gesprächen offiziell Position zu beziehen, denn "genau dafür ist das Meeting ja da. Alle möchten, dass das hinter verschlossenen Türen passiert", erklärt etwa Bradley Lord, Mercedes' Chief Comunications Officer und in Suzuka (in Abwesenheit von Toto Wolff) offizieller Repräsentant des Teams. "Wir wollen keine große öffentliche Debatte lostreten, die die unglaubliche Technologie infrage stellt, die derzeit in Brackley, Maranello und den anderen Motorenfabriken entwickelt wird und die das Fundament für das nächste Reglement der Formel 1 bilden soll."
Bei Mercedes sei man zwar prinzipiell "offen für neue Ideen", aber ob damit explizit auch ein V10-Saugmotor gemeint ist, lässt Lord bewusst unbeantwortet. Zumindest beim Blick auf die AMG-Produktpalette wäre wenn, dann ein V8-Hybrid eher vorstellbar als ein V10-Saugmotor. Aber seitens Mercedes wurde in den vergangenen Jahren eigentlich nie Kritik an den V6-Hybrid-Turbos geäußert, auf die man sich für 2026 und die Folgejahre geeinigt hatte.
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Aus Lords Sicht seien die Gespräche beim Bahrain-Meeting "wichtig für den Sport, aber sie sollten auch in einem Rahmen stattfinden, der es uns erlaubt, die Themen intensiv zu diskutieren, ohne dass sie politisiert oder in einem externen Forum verdreht werden. Daher werden wir uns mit öffentlichen Äußerungen zurückhalten, bis das Treffen stattgefunden hat, und dann schauen, was dabei herauskommt."
Was will eigentlich die Mehrheit der Fans?
Einigkeit besteht im Formel-1-Paddock dahingehend, dass letztendlich das Interesse der Fans bei jeder Entscheidung im Vordergrund stehen muss. Was "die Fans" sind, daran scheiden sich jedoch die Geister. Die Rufe nach einem V10-Saugmotor werden vor allem in traditionellen Motorsportmedien publiziert, die von langjährigen Hardcore-Fans gelesen werden. Aber ob auch die 300 Millionen neue Formel-1-Fans, die in den vergangenen fünf Jahren hinzugewonnen werden konnten, mehrheitlich V10-Fans sind, weiß keiner so genau.
Die Befürworter der aktuell eingesetzten Technologie argumentieren, dass die Formel 1 von einer Nischenveranstaltung für Benzinbrüder zu einem kommerziell erfolgreichen Mainstream-Event für die ganze Familie geworden ist. Und laut aktuellen Erhebungen der Formel 1 (Stand: Januar 2025) ist 87 Prozent der Fans wichtig, dass ihr Sport ökologisch nachhaltig ist. In der Altersgruppe der 18- bis 24-Jährigen liegt der Wert sogar bei 95 Prozent.
Die V10-Fans auf der anderen Seite halten dagegen, dass ein Saugmotor, der mit klimaneutralen E-Fuels betrieben wird, ja genauso ökologisch nachhaltig sein kann. Und sie haben ein starkes Argument auf ihrer Seite: Der Sound eines V10-Saugers ist mit dem eines V6-Turbo nicht vergleichbar. Nichts weckt zumindest bei alteingesessenen Formel-1-Traditionalisten so viele Emotionen wie der Klang der zehn (oder zwölf) Zylinder eines klassischen Verbrennungsmotors.