Karl Wendlinger: Habe Ende 1995 mit der Formel 1 abgeschlossen
Die Folgen seines schweren Monaco-Unfalls setzten Karl Wendlinger im Jahr danach so sehr zu, dass er Ende 1995 seine Formel-1-Karriere beendete
(Motorsport-Total.com) - Ein schwerer Trainingsunfall beim Monaco-Grand-Prix 1994 ändert alles für Karl Wendlinger. Denn znächst liegt der Österreicher nach dem Crash im Koma, dann kämpft er sich zurück ins Formel-1-Cockpit: Im Dezember 1994 tritt er bei Probefahrten an, um sich erneut für einen Platz bei Sauber zu empfehlen.
"Es gab diese Testfahrten in Barcelona", erklärte Wendlinger im Kanalmitglieder-Stammtisch auf dem YouTube-Kanal von Formel1.de. "Dann hieß es vom Team: 'Heinz-Harald Frentzen ist unser Nummer-1-Fahrer. Und an seinen Zeiten wirst du gemessen.'"
Mit Wendlinger bewarben sich noch zwei weitere Fahrer um das zweite Sauber-Cockpit neben Frentzen, also legte sich Wendlinger ins Zeug - mit Erfolg: "Ich war schneller als die anderen und knapp dran an Heinz-Harald. Wie ernst er die Tests genommen hat, weiß ich nicht, aber ich war knapp dran."
Wendlinger wähnte sich zurück im Spiel: "Ich hatte keinerlei Probleme mit der Konzentration oder der Koordination oder was auch immer. Ich habe mich reingesetzt, habe mich wohlgefühlt und konnte meine Leistung abrufen. Dann habe ich auch den Vertrag bekommen."
Der Unfall holt Wendlinger wieder ein
Wenige Monate nach seinem Monaco-Unfall war Wendlinger zurück im Geschäft. Doch nur wenige Wochen später holte ihn dieser Unfall wieder ein - als er Testfahrten mit dem neuen Sauber-Auto für 1995 absolvierte. Denn plötzlich konnte er sich nicht mehr auf den Punkt konzentrieren.
"Das war vielleicht ein bisschen meine Stärke, von der ich aber erst erfuhr, als ich sie nicht mehr hatte. Es ist nicht mehr gegangen", sagt Wendlinger.
Wendlinger verliert sein Sauber-Cockpit
Das Problem verschärfte sich zu Beginn der Formel-1-Saison 1995: "Es war beim dritten oder vierten Rennen. Da konnte ich mich im Qualifying keine fünf Sekunden konzentrieren", erklärt Wendlinger. "Ich bin immer mit den Gedanken abgeschweift und so weiter. Das hat natürlich auch den großen Rückstand gegenüber Heinz-Harald erklärt." Denn 2,2 Sekunden fehlten auf den Teamkollegen.
Desillusioniert erkannte Wendlinger, "dass ich nicht mehr schnell genug bin", doch Sauber hielt weiter an ihm fest - wenn auch nicht als Stammfahrer: Jean-Christophe Boullion übernahm sein Cockpit.
Fotostrecke: Karl Wendlinger: Formel-1-Karriere mit historischen Momenten
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Ihm gegenüber habe das Team aber stets Solidarität bekundet, sagt Wendlinger. "Es hieß: 'Du kannst weiter testen, vielleicht kommst du wieder auf Touren.'"
Wendlinger schafft es zurück ins Cockpit
Also blieb Wendlinger am Ball. "Und da waren sogar Testfahrten im Oktober in Mugello, wo ich sehr, sehr schnell war. Die Konzentrationsstörungen waren eigentlich fast weg."
Ein letztes Mal versuchte es Wendlinger deshalb ab Ende Oktober in der Formel 1: "Es gab die Möglichkeit, die letzten beiden Rennen zu fahren, Suzuka und Adelaide. Aber das habe ich dann nicht hingekriegt. Und das war das Ende meiner Formel-1-Karriere."
"Vielleicht war es so, dass meine Formel-1-Zeit vorbei war. Das musste ich dann einfach akzeptieren", meint Wendlinger rückblickend.
Wendlingers Erfolge nach der Formel 1
Das galt aber nur für seine Grand-Prix-Karriere: Ab 1996 fuhr Wendlinger wieder Rennen, dann in Touren- und Sportwagen.
Gelang es ihm noch einmal, auf das Niveau von vor dem Unfall zu gelangen? Wendlinger: "Dass ich voll konzentriert bin, alles auf den Punkt bringen und mein Potenzial abrufen kann - das war erst 1997 wieder so. Also drei Jahre danach."
Weitere zwei Jahre später gewann Wendlinger in der FIA-GT-Meisterschaft den Fahrertitel und holte gemeinsam mit seinen Teamkollegen den GT-Klassensieg bei den 24 Stunden von Le Mans. Später war er als Markenbotschafter für Mercedes-AMG und als TV-Experte in Motorsport-Sendungen tätig.