Russell vs. Verstappen: Ein F1-Duell, das 2025 für Feuer sorgen wird
Das Ende der Formel-1-Saison 2024 war von einem heftigen Schlagabtausch zwischen Russell und Verstappen geprägt, und dieser ist - zum Glück - noch nicht vorbei
(Motorsport-Total.com) - Kurz vor dem Formel-1-Saisonfinale 2024: George Russell steht auf dem sonnenverwöhnten Gebäude der Mercedes-Hospitality im Fahrerlager von Abu Dhabi - bereit, 15 Minuten lang Max Verstappen von Red Bull scharf zu attackieren.
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Wird es zwischen Max Verstappen und George Russell auch 2025 krachen? Zoom Download
Russells Anspannung war selbst hinter seinen dunklen Sonnenbrillengläsern zu erkennen. Offensichtlich fühlte er sich auf diesem Weg nicht wohl, es gab holprige Momente in seinen Erklärungen. Doch er war entschlossen, ihn dennoch zu gehen.
"Menschen werden seit Jahren von Max schikaniert", war der zentrale Punkt seiner Argumentation, nachdem er und Verstappen nach dem Qualifying in Katar im Mittelpunkt eines Streits in der Rennleitung gestanden hatten - eine Auseinandersetzung, die sich bis in die Medienberichterstattung nach dem Rennen zog.
"Seine fahrerischen Fähigkeiten sind unbestritten. Aber er kann nicht mit Rückschlägen umgehen. Immer wenn etwas gegen ihn läuft - Dschidda 2021, Brasilien 2021 - schlägt er um sich. Budapest (2024), das erste Rennen, in dem das Auto nicht dominant war, kollidiert er mit Lewis und kritisiert sein Team scharf."
"Für mich waren diese Kommentare völlig respektlos und unnötig. Was auf der Strecke passiert, ist harter Kampf - das ist Teil des Rennsports. Was im Raum der Rennkommissare geschieht, ist auch ein harter Kampf, aber niemals persönlich. Doch er hat jetzt eine Grenze überschritten", stellte Russell fest.
Sie werden sich sicher daran erinnern, was dann geschah: Mercedes-Teamchef Toto Wolff, der einen seltenen Auftritt an der Seite von Russell hatte, um Christian Horner bei einem weiteren Medienbriefing als "kläffenden kleinen Terrier" zu bezeichnen.
Horner konterte: "Ich bin lieber ein Terrier als ein Wolf." Die sozialen Medien explodierten und diskutierten über die Sitzordnung der Fahrervereinigung GPDA.
Doch die Fehde schien mit einem Gruppenfoto der "Class of 2024" der GPDA, auf dem Russell und Verstappen Seite an Seite standen, beendet zu sein. Schließlich haben alle Mitglieder ein gemeinsames Interesse daran, geschlossen genug aufzutreten, um sich der absurden Einschränkung ihrer Meinungsäußerung zu widersetzen, die derzeit von der FIA betrieben wird. Doch die Realität sieht anders aus.
Russell bleibt entschlossen, Verstappen bei jeder Gelegenheit Paroli zu bieten. Zwar mag die Intensität seiner Gefühle mit der winterlichen Vorbereitung auf die neue Saison etwas abgekühlt sein, doch sein Wille ist weiterhin ungebrochen.
Und wenn man Sergio Perez fragt, wie schnell Verstappen eine Sache auf sich beruhen lässt - siehe Brasilien 2022 - dann ist klar: Das ist noch lange nicht vorbei. Doch das ist letztendlich für alle Beteiligten von Vorteil. Zunächst für Verstappen.
Warum der schwelende Konflikt gut für alle ist
Der Weltmeister liebt den Kampf. Deshalb wählte er, als ich ihn beim Rennen in Mexiko 2023 bat, seine ersten 50 Formel-1-Siege zu ranken, Austin 2021 mit dem epischen Duell gegen Lewis Hamilton und nicht einen seiner dominanten Siege, etwa in Österreich. Er kann sich in vielen Situationen zu Höchstleistungen pushen.
Verstappen wird zudem das Gefühl haben, dass dies nur eine weitere Schwäche eines Rivalen ist, die eines Tages ausgenutzt werden könnte. Schließlich erfordern selbst kalkulierte Manöver wie die, die er gegen Lando Norris angewandt hat, unglaubliches Renngeschick. Und Russell könnte ihm dieser Hinsicht nicht gewachsen sein.
Bei Mercedes ist die Situation genau umgekehrt. Russell hat bereits die Rolle eines lautstarken Teamleaders übernommen - insbesondere in Vorbereitung auf den Abgang von Lewis Hamilton. Nun setzt er den Kampf entschlossen fort.
Und vielleicht verschafft es Russell auch einen Vorteil im Titelkampf. In Abu Dhabi sagte er: "Ja, Lewis hat nicht nachgegeben", als er darauf angesprochen wurde, dass Hamiltons kompromisslose Herangehensweise ab Silverstone 2021 die Blaupause dafür sei, wie man Verstappen wirklich herausfordert. Russell hat diese Lektion bereits verinnerlicht - Musik in den Ohren vieler bei Mercedes.
Fotostrecke: Alternative Formel 1: So wäre die Saison 2024 ohne Max Verstappen
1. Bahrain: Wie im Vorjahr gelingt Sergio Perez auch 2024 der Sieg beim Formel-1-Auftakt in Sachir. Der Mexikaner gewinnt vor den beiden Ferraris, die mit einem doppelten Podium in das Jahr starten. Stand: 1. Perez (25), 2. Sainz (18), 3. Leclerc (16), 4. Russell (12), 5. Norris (10). Fotostrecke
Dann gibt es da noch die Formel 1 als Veranstalter, ihre unabhängigen Medien und die wunderbar engagierten Fans, die mitfiebern. Sie lieben solche Auseinandersetzungen. In einer Ära, in der Fahrer im Allgmeinen sehr freundlich sind und sich oft gut verstehen, ist es erfrischend, wenn es mal richtig knistert.
Wer als Gladiator wahrgenommen werden will, muss bereit sein, das metaphorische Schwert zu schwingen - den Rest erledigen wir mit der Feder (oder der Tastatur).
2025 verspricht, noch spannender zu werden
Als Russell seine verbale Attacke startete, war sofort klar, dass dies eine Off-Season-Story werden würde, an der man sich erfreuen kann. Er hätte das Thema in seinem Monaco-Apartment still vor sich hin brodeln lassen können - dekoriert mit den Helmen seiner Formel-1-Siege, darunter auch der verlorene von Spa.
Doch indem er sich zum richtigen Zeitpunkt zu Wort meldete, bescherte er den Kolumnisten nicht nur neuen Stoff, sondern machte die Formel-1-Saison 2025 noch spannender. Die Erwartungen sind hoch - vielleicht auf dem Niveau von 2021, wenn es darum geht, dass zwei Fahrer/Teams bis zum Schlus um den Titel kämpfen.
Die Tatsache, dass drei Teams, darunter Russell mit Mercedes, das Potenzial haben könnten, Verstappen und Red Bull zu stürzen, verspricht, 2025 sogar noch besser zu machen.
Und schließlich ist das Schüren des Feuers mit Verstappen auch in anderer Hinsicht gut für Russell. Für manche stärkt er damit sein Image als Formel-1-Vermittler. Er ist GPDA-Direktor, weil er die Dinge für die Fahrer verbessern will - so wie es Jackie Stewart in früheren Zeiten zum Thema Sicherheit getan hat. Und hier setzt er sich für das ein, was er als den moralisch richtigen Weg nach vorn ansieht.
Rein aus rennsportlicher Sicht lässt die Härte seiner Worte darauf schließen, dass Russell sich 2025 nicht von Verstappen einschüchtern lassen wird. Wie Lando Norris in Mexiko 2024 erkannte und Oscar Piastri in Abu Dhabi zeigte: Feuer muss mit Feuer bekämpft werden, wenn man Verstappen besiegen will.
Unter dem richtigen Maß an Druck kann jeder Fahrer Fehler machen - auch Verstappen. Doch das gilt genauso für Russell und seine Kollegen. Manche lieben kompromissloses Racing, andere lehnen es ab. Motorsport ist ein weites Feld.
Zunächst muss Mercedes jedoch seine verbleibenden Probleme mit dem Auto lösen, um sicherzustellen, dass das Team überhaupt in den erhofften Titelkampf eingreifen kann.
Aber wenn Verstappens Philosophie ("Manchmal muss man Grenzen überschreiten, um eine Weltmeister-Mentalität zu zeigen") richtig ist - was sie nicht ist, wie viele vergangene Champions bewiesen haben -, dann scheint Russell entschlossen, 2025 genau das Gleiche zu tun. Die Schwerter sind gezückt, Tastaturen bereit ...