Weltmeister als Kundenteam: McLaren glaubte immer an Chancengleichheit
McLaren hat 2024 bewiesen, dass man in der Formel 1 heute auch als Kundenteam Weltmeister werden kann - Dafür hätten wichtige Regeländerungen gesorgt
(Motorsport-Total.com) - Es gab eine Zeit in der Formel 1, da galt es als unmöglich, als Kundenteam den WM-Titel zu gewinnen. Vor rund zehn Jahren erklärte der damalige McLaren-Boss Ron Dennis zum Beispiel, "dass man nicht den Titel gewinnen kann, wenn man nicht die besten Antriebsstränge erhält."
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McLaren gewann 2024 zum ersten Mal seit 1998 wieder die Konstrukteurs-WM Zoom Download
2024 war nun ausgerechnet jenes McLaren-Team der erste Kunde eines Formel-1-Motorenherstellers mit eigenem Werksteam, der in der aktuellen Hybridära den Konstrukteurstitel gewann. Bis dahin war es allerdings ein langer Weg.
"Ich denke, die größte Änderung, die zu einer völligen Gleichheit geführt hat, ist, dass das Motor-Mapping das gleiche sein muss. Ich denke, das war das Unterscheidungsmerkmal zwischen einem Werksteam und einem Kundenteam", erklärt McLaren-Boss Zak Brown.
Denn tatsächlich mussten die Kunden nach dem Beginn der Hybridära im Jahr 2014 nicht nur darum kämpfen, die gleiche Hardware wie die Werksteams zu bekommen. Auch bei der Software war zunächst keine Gleichheit zwischen Kunden- und Werksautos garantiert.
Die Aussage von Ron Dennis war damals also nicht per se falsch. Heute hat sie allerdings keine Gültigkeit mehr, denn inzwischen sorgt das Reglement dafür, dass eine Benachteiligung von Kundenteams quasi unmöglich geworden ist, so Brown.
Stella dankt FIA für "gute Arbeit"
Früher habe es "all diese verschiedenen Leistungsmodi" gegeben, erinnert er sich und erklärt, diese hätten beim Kunden- und Werksteam nicht identisch sein müssen. Doch inzwischen habe man ein Reglement, das solche Unterschiede nicht mehr zulasse.
"Sobald diese Regel in Kraft trat, war ich davon überzeugt, dass man den Motor aus Lewis' [Werks-]Auto nehmen und in Landos [Kunden-]Auto einbauen kann und umgekehrt, und es ist die gleiche Antriebseinheit", so Brown.
Auch für Andrea Stella ist es daher "nicht besonders befriedigend", das Werksteam geschlagen zu haben, "denn ich denke, dank des Reglements, dank der guten Arbeit, die die FIA geleistet hat, um Parität zwischen Kunden- und Werksteams herzustellen, sind wir ehrlich gesagt ziemlich entspannt, dass die Leistung des Kundenaggregats genauso gut ist wie die der Werksteams."
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Der Teamchef betont: "Wir haben zudem eine sehr gute Beziehung zu [der Mercedes-Motorenabteilung] HPP und einen sehr offenen Dialog, und obwohl wir es zu schätzen wissen und anerkennen, dass letztendlich immer Mercedes das letzte Wort hat, wenn es um die Gestaltung von Lösungen geht, denke ich, dass der Dialog mit HPP gut ist und wir wissen, dass sie sich unsere Meinungen anhören."
Brown erklärt derweil, dass das Werksteam zwar noch immer den "Vorteil" habe, "dass es ein bisschen mehr Ahnung vom Packaging des Motors hat. Wenn sie also mit der Entwicklung ihres Rennwagens beginnen, haben sie einen kleinen Vorsprung, was das Packaging und das Design ihres Autos angeht."
Wolff: Verliere "viel lieber" gegen eigenes Kundenteam
Dieser natürliche Vorteil lässt sich auch mit keiner Regel unterbinden, "aber ich denke, wir haben in diesem Jahr bewiesen, dass man das überwinden kann, wenn man einen guten Job macht", so Brown, der in diesem Punkt Zustimmung von Toto Wolff bekommt.
"Wenn wir als Werksteam nicht gewinnen können, ist es mir viel lieber, wenn wir von einem Kundenteam geschlagen werden. Damit habe ich kein Problem, denn es zeigt uns, wo die Messlatte liegt", erklärt der Teamchef des Mercedes-Werksteams.
"Es gibt keine Diskussion über das Leistungsniveau des Motors, keine Diskussion über die Fahrbarkeit des Motors, das Energie-Deployment oder die Energierückgewinnung", so Wolff. Wenn man also von einem Kunden geschlagen werde, zeige das, dass man einen besseren Job machen müsse.
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"Wenn sie ein besseres Chassis oder eine bessere Ausführung [der Rennen] oder bessere Fahrer haben, dann ist das für uns völlig in Ordnung. Das ist ein Erfolg für Mercedes-Motorsport, ein Erfolg für Mercedes und ein Erfolg für HPP", stellt der Österreicher klar.
Natürlich sei es "das primäre Ziel", mit dem eigenen Werksteam zu gewinnen, betont er auch. Die Saison 2024 hat allerdings endgültig gezeigt, dass es, anders als noch früher, in der Formel 1 inzwischen kein Selbstläufer mehr ist, vor den eigenen Kundenteams zu landen.