Franco Colapinto & Red Bull: Tut sich da noch was mit dem Perez-Cockpit?
Die Frage, wer bei Red Bull in der Saison 2025 Sergio Perez ersetzen könnte, ist das letzte große Fragezeichen der "Silly Season" in der Formel 1
(Motorsport-Total.com) - Nach der Entscheidung des Schweizer Sauber-Teams, das zweite Cockpit für 2025 mit Gabriel Bortoleto zu besetzen, sind in der Formel 1 erstmal alle Plätze vergeben. Allerdings mit Vorbehalt. Denn Sergio Perez hat bei Red Bull Racing zwar theoretisch einen Vertrag für nächstes Jahr. Praktisch steht er aber teamintern akut unter Beobachtung.
Sky-Experte Timo Glock ist sich sogar "sicher, dass wir ihn nicht mehr lang im Red-Bull-Cockpit sehen werden". Und es ist im Formel-1-Paddock kein Geheimnis, dass Teamchef Christian Horner und Helmut Marko hinter den Kulissen schon drüber nachdenken, wie ein etwaiger Plan B aussehen könnte.
In diesem Zusammenhang scheint Red Bull drüber nachzudenken, Williams-Junior Franco Colapinto freizukaufen. Dass Horner in Brasilien bei Williams-Teamchef James Vowles vorbeigeschaut hat, war sicher kein Zufall - auch wenn Vowles offiziell nur grinst: "Wir haben einen neuen Kaffeesponsor. Christian wollte unbedingt eine Tasse probieren. Hat ihm geschmeckt."
Setzt sich am Ende Horner oder Marko durch?
Auf dem Tisch liegen laut Informationen von Motorsport.com Italien, einer Schwesterpublikation von Motorsport-Total.com im Motorsport Network, zwei Varianten. Erstens: Liam Lawson bekommt den Platz von Perez, Colapinto nimmt dafür Lawsons Cockpit bei den Racing Bulls ein. Und zweitens: Lawson bleibt, wo er ist, und Colapinto wird direkt zu Red Bull Racing geholt.
Letztere Variante soll angeblich vor allem von Horner favorisiert werden, der hinter einem argentinischen Fahrer in einem Formel-1-Siegerauto große kommerzielle Chancen vermutet. In Brasilien, unterstreicht Vowles, seien "zehntausende Fans" gewesen, "um einen Fahrer anzufeuern, der erst seit ein paar Rennen dabei ist".
Colapinto könnte, so die Logik, Perez insofern am besten abfedern, als dieser in Mexiko ein Nationalheld ist und in ganz Lateinamerika mehr Merchandisingartikel verkauft als jeder andere Formel-1-Fahrer. Die Begeisterung rund um Colapinto macht den Anschein, als könne sie eine etwaige Lücke auf dem lateinamerikanischen Markt für Red Bull am besten stopfen.
Die Variante Lawson zu Red Bull und Colapinto zu Racing Bulls soll eher von Marko favorisiert werden. Er findet, Lawson war "in allen Juniorkategorien schneller als Colapinto", und es wäre intern auch ein persönlicher Erfolg für ihn, würde mal wieder ein Fahrer aus "seinem" Juniorteam den Weg zu Red Bull Racing schaffen.
Keine Entscheidung vor dem Young-Driver-Test
Perez kann in den letzten drei Saisonrennen jedenfalls nur noch ein Wunder in Form einer plötzlichen Leistungsexplosion retten. "Der Abfall in der Konstrukteurs-WM auf Platz 3, die 200 Punkte Rückstand auf Max Verstappen, das alles spricht eine klare Sprache", analysiert Marko im Interview mit der Kleinen Zeitung.
Immerhin scheint inzwischen gesichert, dass Perez nicht schon während der laufenden Saison den Hut nehmen muss: "Entscheidungen werden erst nach Abu Dhabi getroffen", kündigt Marko an. Aber Sätze wie "Wir evaluieren momentan alles" klingen eher so, als wäre Red Bulls Vertrauen in den Mexikaner enden wollend.
Die große Frage ist, ob Williams Colapinto überhaupt zu vertretbaren Konditionen freigeben würde. Im Internet ist von einer Wunschablösesumme in Höhe von bis zu 20 Millionen US-Dollar die Rede. Wahrscheinlich zu viel für Red Bull. Und vielleicht auch nur eine hoch angesetzte Verhandlungsbasis, weil es auch andere Interessenten am jungen Argentinier geben könnte.
Hat auch Alpine Interesse an Colapinto?
Dem Vernehmen nach soll Flavio Briatore kürzlich unverbindlich bei Williams angeklopft haben. Alpine hat mit Pierre Gasly und Jack Doohan eigentlich beide Fahrer für 2025 fixiert. Aber das neue Management um Briatore hat für die Zukunft vielleicht andere Vorstellungen als das alte um Bruno Famin, das diesen Sommer ausgetauscht wurde.
Unklar ist zum Beispiel, warum Alpine bei einem Test mit dem 2022er-Auto in Katar nicht wie ursprünglich geplant nur mit Doohan und Victor Martins gefahren ist, sondern auch mit Gasly. Skeptiker im Paddock schließen daraus, dass Briatore und Teamchef Oliver Oakes eine belastbare Referenz sehen wollten, wie gut Gasly und Doohan im Vergleich zueinander wirklich sind.
Vowles bestätigt jedenfalls, dass Williams gerade Möglichkeiten "mit mehreren Teams" evaluiere. Und Colapinto selbst hofft: "Wenn mir Williams kein Renncockpit geben kann, wäre es doch ganz normal, dass sie mir erlauben, woanders zu fahren." Andererseits: "Ich habe ursprünglich sowieso nicht damit gerechnet, 2025 Formel 1 zu fahren. Insofern bleibe ich ganz gelassen."
Max Verstappen attestiert Colapinto jedenfalls einen "großartigen Job" in seinen bisherigen Rennen: "Williams kratzt sich jetzt ein bisschen am Kopf, was sie mit Franco tun sollen. Für mich zeigt das, dass die Teams generell mehr Vertrauen in ihre jungen Talente haben sollten. Sie hätten ihn ja auch in ihr eigenes Auto setzen können. Jetzt müssen sie ihm woanders einen Platz suchen."
Brasilien war für Colapinto mit dem Crash hinter dem Safety-Car der erste größere Rückschlag. Timo Glock sagt etwa bei Sky: "Er hat Fehler gemacht. Das war ein teures Wochenende für Williams, das tut weh. Er wurde ein bisschen auf den Boden der Tatsachen zurückgeholt. Auch wenn er bis dahin einen sehr guten Job gemacht hat."
Perez steht bei Red Bull nicht mehr hoch im Kurs
Gleichzeitig bekleckert sich auch Perez nicht mit Ruhm. Während Verstappen in Brasilien von Platz 17 aus gewonnen hat, hat Perez seit Miami nicht mehr zweistellig gepunktet. Das war im Mai. Und auf die Frage, ob es in Brasilien ein technisches Problem gegeben habe, das den Leistungsunterschied zwischen Verstappen und Perez erklären könnte, meint Horner nur: "Nicht dass ich wüsste."
Am Sonntagabend sagte der Red-Bull-Teamchef sogar: "Heute wäre eine gute Gelegenheit gewesen, in der Konstrukteurs-WM gut Punkte auf Ferrari und McLaren aufzuholen. Aber leider ist uns das nicht gelungen. Das ist frustrierend." Perez habe sich zwar bemüht und alles gegeben, "aber es war einfach nicht sein Tag".
Glock ergänzt dazu: "Wir dürfen den Dreher nicht vergessen, den Perez ganz am Anfang des Rennens hatte. Fehler, die ihm nicht passieren dürfen - und in der jetzigen Situation sowieso nicht. Das ist keine gute Visitenkarte. Er ist ganz klar angezählt." Am Ende holte Perez in Brasilien nur einen mickrigen WM-Punkt, für Platz 8 im F1-Sprint am Samstag.
Entscheiden wird sich, wie es bei Red Bull weitergeht, allerdings erst nach dem Young-Driver-Test am 10. Dezember in Abu Dhabi. Beim Saisonfinale am Wochenende davor darf übrigens auch Isack Hadjar ein Freitagstraining bestreiten. Sollte Colapinto nicht kommen, könnte auch der Red-Bull-Junior aus Frankreich noch in der Verlosung sein.