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Warum Rookies in der Formel 1 plötzlich wieder gefragt sind
Nach Jahren relativ konservativer Fahreraufgebote, drängen 2025 mehrere Rookies ins Feld - Warum sind Neulinge in der Formel 1 plötzlich wieder in Mode?
(Motorsport-Total.com) - Zum ersten Mal in der Geschichte startete das Formel-1-Feld der Saison 2024 mit derselben Fahreraufstellung wie im Vorjahr - ganz ohne Rookies. Der Kontrast zu 2025 könnte kaum größer sein, da in Melbourne gleich vier Neulinge - möglicherweise sogar fünf - an den Start gehen werden.
© Motorsport Images
Andrea Kimi Antonelli und Oliver Bearman steigen 2025 in die Formel 1 auf Zoom Download
Nach dem Grand Prix von Singapur bestätigte Red Bull, dass Liam Lawson Daniel Ricciardo für den Rest der Saison ersetzen wird. Obwohl nichts über 2025 offiziell ist, wird der Neuseeländer nächstes Jahr voraussichtlich in einem Red-Bull-unterstützten Auto seine erste vollständige Formel-1-Saison fahren.
Er gesellt sich zu anderen Rookies, darunter Andrea Kimi Antonelli bei Mercedes, Jack Doohan bei Alpine und Oliver Bearman bei Haas. Es besteht auch die Möglichkeit eines fünften Debütanten bei Sauber, da Valtteri Bottas gegen Williams-Juwel Franco Colapinto und McLaren-Talent Gabriel Bortoleto antritt.
Es gibt mehrere Gründe, warum 2025 als das "Jahr der Rookies" bezeichnet werden könnte. Zufall spielt natürlich eine Rolle, da Teams auf den Talentpool beschränkt sind, der aktuell verfügbar und bereit für den nächsten Schritt ist. Ein Talent wie Antonelli, das Mercedes früher als geplant fördert, kommt nicht jedes Jahr vor.
Aber ein Aspekt, der die genannten Nachwuchsfahrer verbindet, ist ihr erstaunliches Maß an Vorbereitung. Sie haben eine Karriere in den FIA-Juniorserien aufgebaut und unzählige Stunden im Simulator und bei privaten Tests verbracht.
Das ist auch eine Erklärung dafür, warum McLarens Oscar Piastri sich im letzten Jahr so schnell an die Formel 1 anpasste, und es hat sich auch bei Bearnmans Ferrari-Einsatz in Saudi-Arabien und Colapintos Performance im Williams ausgezahlt.
Clear: Junge Fahrer sind besser vorbereitet
"Ich denke, das ist ein Beweis für all die Akademien", sagt Jock Clear, Leiter der Ferrari Driver Academy und Coach von Charles Leclerc, im Podcast F1 Nation.
"Wie ist es überhaupt möglich, dass Bearman in ein Auto steigt, das er kaum gefahren ist, und sich bei seinem allerersten Event ohne vorherige Tests auf Platz elf qualifiziert und im Rennen auf Platz sieben fährt? Ich denke, die Simulatoren sind jetzt sehr gut, was eine natürliche Entwicklung der Technologie darstellt."
"Sobald man einem Formel-1-Team sagt: 'Ihr dürft nicht mehr testen', wird das Team ziemlich aggressiv daran arbeiten, eine andere Möglichkeit zu entwickeln, um genau dasselbe zu erreichen. Niemand in der Formel 1 akzeptiert es, weniger vorbereitet zu sein als zuvor. Jeder im Formel-1-Team sagt: 'Wie stellen wir sicher, dass wir genauso gut vorbereitet sind wie zuvor?'", weiß der Ingenieur.
"Die Genauigkeit der Simulatoren ist jetzt auf einem so hohen Niveau, dass das, was wir bei Colapinto und Ollie sehen, das Ergebnis davon ist. Wenn sie ankommen, ist das alles nicht fremd für sie. Sie wissen, was sie mit den Reifen zu tun haben. Die virtuelle Strecke, die sie im Simulator fahren, ist so gut."
"Vieles, was wir hier mit unseren jungen Fahrern machen, findet im Klassenzimmer statt. Wir geben ihnen Unterricht und erklären, wie das Auto funktioniert, was die Bremsbalance bewirkt und wie man die Reifen richtig einsetzt. Ich hoffe, dass das, was Sie bei Ollie und Franco sehen, das Ergebnis dieser Ausbildung ist."
Wie der erfahrene Fernando Alonso jedoch anmerkt, kann kein Simulator oder altes Auto die wettbewerbsmäßigen Stressbedingungen eines Rennwochenendes ersetzen. Umso deutlich fällt sein Lob für Fahrer wie Colapinto und Bearman aus - für ihre schnelle Anpassung in der anspruchsvollen Formel-1-Welt.
"Ich denke, sie haben einen unglaublichen Job gemacht und verdienen Anerkennung", sagte Alonso nach den reifen Leistungen von Colapinto und Bearman in Singapur.
"Sie sind besser vorbereitet, ja. Sie machen mehr Simulatorarbeit, ja. Sie machen Tests, ja. Aber das ist nicht dasselbe wie Rennen, und sie hatten den Druck des Rennens und die Herausforderung von Straßenkursen und haben das unglaublich gemeistert."
"Aber die Meisterschaft hat 24 Rennen, und sie müssen dieses hohe Niveau zehn Monate lang halten. Das ist wahrscheinlich eine weitere Herausforderung, aber bisher waren sie unglaublich gut, und das ist gut für den Sport und seine Zukunft."
Es muss nicht immer der Formel-2-Champion sein
Um die Leistung eines jungen Fahrers unter Druck besser einschätzen zu können, gibt es immer noch die Nachwuchsserien der Formel 3 und Formel 2. Sie haben sich jedoch in den letzten Jahren nicht als die zuverlässigsten Mittel erwiesen, um die Stars von morgen auszuwählen. Nach Piastri gelang es den nächsten Formel-2-Champions Felipe Drugovich und Theo Pourchaire nicht, aufzusteigen.
Ein Blick auf die diesjährige Meisterschaft zeigt, dass Mercedes und Ferrari mehr Wert auf ihre eigene Formel-1-bezogene Arbeit mit Antonelli und Bearman legen als auf deren Formel-2-Ergebnisse mit Prema. Keiner der Titelanwärter wird 2025 aufsteigen, es sei denn, Bortoleto sichert sich einen Platz bei Sauber.
Clear ist jedoch der Meinung, dass Bearmans beeindruckende Leistung in Dschidda als Katalysator für das zunehmende Vertrauen der Teams gedient hat. "Das Großartige an Ollies Erfahrung in Saudi-Arabien ist, dass sie effektiv das gesamte Formel-2-Feld aufgewertet hat", sagt der Fahrercoach.
"Wir haben immer geglaubt, wenn man die Formel 2 gewinnt, ist es nur fair, dass man die Chance bekommt, in die Formel 1 zu kommen. Nun, ich denke, die Denkweise muss sich dahingehend ändern, dass die gesamte Formel 2 betrachtet werden muss."
Fotostrecke: Die Formel-1-Rookies der vergangenen 20 Jahre
2005: 6 Rookies - 16. Tiago Monteiro (Jordan/7 Punkte), 18. Narain Karthikeyan (Jordan/5), 19. Christijan Albers (Minardi/4), 21. Patrick Friesacher (Minardi/3), 24. Vitantonio Liuzzi (Red Bull/1) und 25. Robert Doornbos (Minardi/0) Fotostrecke
"Man wird nie die Formel-2-Meisterschaft gewinnen, wenn man kein guter Fahrer ist, aber es wird Leute geben, die die Formel-2-Meisterschaft nicht gewonnen haben, nur weil es ein paar Mal nicht so gelaufen ist, wie sie es wollten. Sie sollten wir nicht außer Acht lassen", warnt Clear und nennt prominente Beispiele.
"Lando (Norris; Anm. d. R.) war Zweiter in dem Jahr, in dem George (Russell) den Titel gewann, und Lando hat einen Platz in der Formel 1 genauso verdient wie George."
"Der Punkt bei Ollie ist, dass er in diesem Jahr nur ein Formel-2-Rennen bestritten hatte, als Fred (Vasseur) zu mir sagte: 'Carlos (Sainz) geht es nicht sehr gut - wir müssen Ollie ins Auto setzen. Ich hoffe, er ist bereit.' Ich sagte, dass ich keinen Zweifel daran habe, dass er bereit ist. Wir brauchten nicht zu sehen, was er in der Formel 2 erreicht, um zu wissen, dass er es in der Formel 1 schaffen würde."
Wie sich Red Bull bezüglich Hadjar entscheiden?
Sander Dorsman, Bortoletos Formel-2-Teamchef, begrüßt die Tatsache, dass Formel-1-Teams vermehrt auf die Jugend setzen. "Natürlich verstehe ich, dass die Leute in der Formel 1 an etablierten Fahrern festhalten, die sich bewährt haben", sagt er.
"Aber irgendwann ist es Zeit für Veränderung. Ich denke, das alles zeigt, dass die Formel 2 eine fantastische Ausbildung für die Formel 1 ist und dass es sich ab und zu lohnt, ein Risiko einzugehen, das sich sofort auszahlt", erklärt Dorsman.
Das wirft auch einige interessante Fragen für Red Bull auf, deren Schützling Isack Hadjar derzeit gegen Bortoleto um die Meisterschaftstitel in der Formel 2 kämpft.
"Ich finde es heutzutage sehr schwer, die Form in der Formel 2 zu beurteilen", sagt Red-Bull-Teamchef Christian Horner nachdenklich. "Wenn man sich anschaut, was Bearman geleistet hat, als er für Ferrari auf einer der härtesten Strecken des Kalenders in Saudi-Arabien antrat - er sah fast aus wie ein Veteran."
"Zuletzt hat er sich gegen einen harten Teamkollegen wie Nico Hülkenberg behauptet. Und dann entpuppte sich Colapinto als eine völlige Überraschung. Er blieb in der Formel 2 weitgehend unbeachtet, niemand sprach über ihn, und dann stieg er in den Williams und war außergewöhnlich, sehr beeindruckend."
Fotostrecke: Red-Bull-Junioren in der Formel 1
Christian Klien (2004-2010): Mit Unterstützung von Red Bull debütiert der Österreicher 2004 bei Jaguar in der Formel 1. Nach der Übernahme des Rennstalls durch den Engergy-Drink-Hersteller fährt Klien auch 2005 und 2006 bei den meisten Grands Prix für das nun Red-Bull-Racing genannte Team an der Seite von David Coulthard. Ende 2006 scheidet Klien nach Streitigkeiten über einen Wechsel in die ChampCar-Serie aus dem Red-Bull-Kader aus. Später ist der Österreicher Testfahrer für Honda und BMW-Sauber und fährt 2010 drei Rennen für HRT. Fotostrecke
"Es ist also sehr, sehr schwer zu sagen. Heißt das, dass der Sieg von Hadjar gegen all diese Fahrer ein weiterer Schritt nach oben ist? Das werden wir erst wissen, wenn wir diesen Jungs eine Chance geben", räumt der Red-Bull-Teamchef ein.
Da die Teams dazu tendieren, zwischen 2025 und dem neuen Reglement ab 2026 ein stabiles Fahreraufgebot beizubehalten, könnte das kommende Jahr vielleicht die beste Gelegenheit sein, um einem jungen Fahrer die Chance zu geben.
Angesichts der anhaltenden Fragezeichen hinter Red Bulls langfristigem Fahrerkader sollte man also nicht allzu überrascht sein, wenn jemand wie Hadjar doch noch zur "Klasse von 2025" stößt. Und falls Bortoleto und Colapinto 2025 noch nicht zum Zug kommen, könnte es nicht länger als bis 2026 dauern, bis die nächste Generation junger Talente ihren Platz in der Formel-1-Startaufstellung einnimmt.