• 01. September 2024 · 19:55 Uhr

Hat McLaren falsch entschieden? "Hätte definitiv keine Einstopp geschafft!"

McLaren zollt Ferrari Respekt für seine Einstoppstrategie und sieht bei sich keinen taktischen Fehler: Graining war ein zu hohes Risiko für einen Stopp

(Motorsport-Total.com) - Hat McLaren einen taktischen Fehler gemacht oder war für das Team beim Formel-1-Rennen in Monza einfach nicht mehr drin? In Sachen Pace hatten Oscar Piastri und Lando Norris am Sonntag das beste Auto, doch der Sieg ging zur Freude der Tifosi an Ferrari, weil Charles Leclerc nur einmal an die Box kam und McLaren so ausstach.

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McLaren verlor das Strategieduell gegen Ferrari in Monza Zoom Download

McLaren setzte im Gegensatz auf eine Zweistoppstrategie, konnte Leclerc in der Schlussphase aber trotz frischer Reifen nicht mehr einholen, sodass der vermeintlich sichere Sieg doch an die Scuderia fiel. "Charles ist ein tolles Rennen gefahren, um ehrlich zu sein", muss Lando Norris zugeben, der mit Rang drei schwer enttäuscht ist.

"Schwierig zu wissen, ob uns das auch gelungen wäre, was er heute gemacht hat. Sie haben es verdient."

Denn McLaren war von Anfang an auf eine Zweistoppstrategie aus. Den Einstopp habe man laut Oscar Piastri "eindeutig nicht so ernsthaft" in Erwägung gezogen, wie es im Nachhinein nötig gewesen wäre.

"Für mich war es ein großes Risiko", erklärt der Australier, warum er nicht auch nur einen Stopp eingelegt hat. "Graining war schon das gesamte Wochenende über ein Thema. Wenn du im Training Graining bekommen hast, war es im Grunde vorbei", sagt er.

Piastri: Zweiter Stopp war sinnvoll

Schon auf seinem ersten Stint auf Medium-Reifen habe er einige Probleme gehabt. Zu der Zeit waren Piastri, Norris und Leclerc scheinbar noch auf der gleichen Strategie, weil alle innerhalb von zwei Runden auf die Hards gewechselt waren. Norris kam in der 32. von 53 Runden ein weiteres Mal zum Reifenwechsel, Piastri in der 38. - Leclerc blieb draußen.

Den zweiten Stopp einzulegen, sei aus Sicht von Piastri aber sinnvoll gewesen: "Als ich den zweiten Stopp gemacht habe, hatte mein linker Vorderreifen ziemlich starkes Graining und ich bin langsamer und langsamer geworden", sagt er. "Es schien daher eine vernünftige Entscheidung zu sein, noch einmal an die Box zu kommen."

"Rückblickend betrachtet wäre ein Stopp das Richtige gewesen, aber zu dem Zeitpunkt mit allen Informationen, die wir am Wochenende gesammelt hatten, erschien das unglaublich riskant zu sein", so der McLaren-Pilot. Nachsatz: "Aber jeder ist deutlich schlauer, wenn die Zielflagge gefallen ist."

McLaren dachte nicht, dass Leclercs Graining weggeht

Denn zu dem Zeitpunkt hatte das Team auch nicht erwartet, dass Leclerc seine Strategie ins Ziel bringen würde - zumal er seinen ersten Stopp ja auch vor Piastri eingelegt hatte und sich am Funk noch beschwerte, warum man an die Box fährt, wenn man gerade undercuttet wird.

18 Sekunden in 15 Runden musste der Australier nach seinem Stopp auf Ferrari gutmachen und bei McLaren dachte man, dass noch genügend Zeit dafür sein würde, sollte Leclerc wirklich mit einem Stopp durchfahren wollen. Am Ende fehlten ihm aber 2,6 Sekunden.

Piastri war der Überzeugung, dass Leclerc das Tempo nicht würde halten können und er dem Graining Tribut zollen muss. Dass dieser aber das Graining überstehen und nicht einbrechen würde, das stand so nicht auf seinem Plan.

"Man musste durch das Graining durchkommen. Aber im Training konnte man nicht einmal auf das Bremspedal, weil man dann den Reifen zu einer 50-Cent-Münze geformt hätte", sagt Piastri. "Daher schien das sehr riskant zu sein."

Piastri: Leclerc konnte sich das Risiko leisten

Apropos Risiko: Das war auch ein Grund, der in dem Fall für Ferrari sprach. Weil Leclerc vor dem zweiten Boxenstopp hinter beiden McLaren lag, hatte er nichts zu verlieren und konnte das Risiko eingehen.

"Das ist der Nachteil, wenn du in Führung bist. Die Jungs hinter dir können auf dich reagieren", sagt Piastri. "Wenn Charles zwei Stopps gemacht hätte, wäre er Dritter geworden. Und wenn er nur einen Stopp gemacht hätte und über die Klippe gefallen wäre, dann wäre er immer noch Dritter geworden."

"Aber er hat den Einstopper durchbekommen, und Ferrari sieht heute wie die Helden aus."

"Wenn du Dritter bist, dann ist es deutlich einfacher, etwas zu riskieren", stimmt auch Norris zu. "Es war für uns deutlich riskanter, es zu probieren, als für Charles. Bei ihm hat es geklappt, Hut ab an Ferrari und ihn, denn auch der Fahrteil macht einen großen Unterschied aus."

Der Engländer betont, dass auch McLaren zunächst versucht hatte, mit nur einem Boxenstopp über die Runden zu kommen. "Wir wussten, dass es schneller wäre, aber wir haben einfach die Reifen zu einfach zerstört", sagt er. Heißt: "Wir haben daran gedacht und wollten es auch tun, aber wir konnten es heute nicht."

Abbau an der Vorderachse das Problem

Das Hauptproblem sei laut ihm der zu starke Abbau der Vorderreifen gewesen. "Das ist eine unserer Schwächen", weiß Norris. "Bei den Hinterreifen sind wir sehr stark, und deswegen waren wir bei anderen Rennen so gut, aber heute ging es nicht um Abbau an der Hinterachse, sondern an der Vorderachse."

"Damit hatten wir ein paar Probleme zu viel, und Ferrari hat in der Hinsicht besser funktioniert - und das hat ihnen das Rennen gewonnen."

Das muss auch Teamchef Andrea Stella zugeben: "Wir müssen anerkennen, dass Konkurrenten auch einen guten Job machen können", lobt er Ferrari, sieht aber auch ein starkes Wochenende seines eigenen Teams.


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"Es war zwischen einem und zwei Stopps sehr eng", sagt er gegenüber Sky. "Die meisten haben sich für zwei Stopps entschieden. Für Leclerc war es ein bisschen einfacher, das Risiko von einem Stopp einzugehen, weil er das hintere Auto war."

McLaren habe aber eben Bedenken gehabt, und deswegen sei man auf zwei Stopps gegangen. "Wir dachten, dass wir Zeit hätten, um uns die Führung zurückzuholen, aber Ferrari hat einen sehr guten Job gemacht und Leclerc ist sehr gut gefahren", muss er einräumen.

Muss McLaren höhere Risiken eingehen?

Doch hätte McLaren nicht vielleicht doch mit ein bisschen mehr Risiko den Sieg in Monza und damit auch die WM-Führung bei den Konstrukteuren holen können? "Rückblickend sagt sich das immer leicht", winkt Norris ab.

"Wir machen einen guten Job, aber heute war nicht unser Tag und wir haben es nicht richtig gemacht - aber wir haben es auch nicht falsch gemacht", stellt er klar. "Ich hätte definitiv keine Einstopp geschafft."


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Das sei spätestens mit dem Zurückfallen auf Platz drei am Start klar gewesen, weil er in Folge immer in verwirbelter Luft fuhr und versuchen musste, an Piastri und Leclerc dranzubleiben, und dadurch einen höheren Reifenverschleiß hatte. "Und dadurch musste ich früher an die Box. Diesen Preis habe ich bezahlt, keine freie Fahrt zu haben", hadert er.

"Aber wir haben beide deutlich größere Probleme gehabt als Ferrari. Wir konnten nicht viel machen", gibt er zu. "Wenn wir es gewusst hätten, hätten wir uns besser vorbereiten können, aber wir kannten unsere Einschränkungen und wussten, was wir erwarten können. Ich denke, wir haben heute das Beste herausgeholt, aber wir hatten einfach nicht das, was Ferrari heute hatte."

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