Charles Leclerc: Ferrari wird nicht zur Monaco-Form zurückkehren
Kann Ferrari doch noch einmal in den Formel-1-Titelkampf 2024 eingreifen? Nach den zuletzt fehlgeschlagenen Updates rennt der Scuderia die Zeit davon
(Motorsport-Total.com) - Nach dem lang ersehnten Heimsieg in Monaco schien Ferrari-Pilot Charles Leclerc zu einem echten WM-Gegner für Max Verstappen zu avancieren, doch Ferrari konnte im Entwicklungsrennen nicht mithalten. McLaren und Mercedes sind vorbeigezogen und Red Bull ist in etwa noch so weit entfernt wie zu Saisonbeginn.
Am Mediendonnerstag in Zandvoort erklärt der Monegasse, dass er nicht glaubt, dass sein Team bald wieder in der Form von Monaco auftreten wird. Trotzdem sind sich Experten einig, dass nach dem Rennen in den Niederlanden drei gute Strecken mit Monza, Baku und Singapur für Ferrari kommen könnten.
"Wir sind einfach nicht schnell genug", so die Analyse von Leclerc nach der Sommerpause. "Denn wenn man sich Budapest oder Spa anschaut, ist unser Auto an sich in einer guten Position. Es ist nicht so, dass wir ein spezielles Problem haben."
"Das Auto ist vielleicht ein bisschen schwammig und wir haben immer noch Bouncing an einigen Stellen. Dadurch müssen wir Kompromisse eingehen und diese kleinen Dinge machen uns langsamer. Es geht um all diese kleinen Details. Es ist nicht so, dass es ein bestimmtes Problem gibt. Wir sind einfach nicht schnell genug", so Leclerc.
Probleme wiederholen sich: Kann Ferrari kein Auto weiterentwickeln?
Wenn man sich das Entwicklungsrennen der Saison 2024 ansieht, so kann man schon Parallelen mit der Vergangenheit ziehen, wo Ferrari oft stark in die Saison starten konnte, jedoch nach und nach an Boden verloren hat. Zuletzt war dies 2022 der Fall, wo der F1-75 zu Saisonbeginn wahrscheinlich das kompletteste Auto war, doch in der zweiten Saisonhälfte sah man gegen Red Bull kein Land mehr.
Und auch 2017 oder 2018 kam Ferrari stark aus den Startlöchern mit vielen Siegen von Sebastian Vettel zu Saisonbeginn, doch Mercedes konnte die WM-Titel mit Lewis Hamilton gewinnen, weil man vor allem in der zweiten Saisonhälfte das klar bessere Auto hatte. Leclerc glaubt aber nicht, dass Ferrari ein Problem mit der Weiterentwicklung hat.
"Ich glaube nicht, dass es eine Tendenz ist, dass wir mit der Entwicklung zu kämpfen haben", so der 26-Jährige. "Allerdings sind wir in letzter Zeit auf einige Probleme gestoßen. Bei einigen Rennen hatten wir mit dem Bouncing zu kämpfen, das wir jetzt langsam in den Griff bekommen. Die neuen Upgrades werden aber hoffentlich ein wenig helfen."
"Ich erwarte aber nicht, dass wir in diesem Rennen zu der Form zurückfinden, die wir vor Monaco gesehen haben, denn vor Monaco hatten wir die Pace im Auto. Jetzt haben wir sie nicht mehr. Nach Monaco hatten wir fünf oder sechs Rennen, in denen wir extreme Dinge mit dem Set-up gemacht haben, was nicht optimal war, um unsere Rennwochenenden zu optimieren."
"Aber in den letzten beiden Rennen vor der Pause haben wir die Punkte, die wir mit unserem Auto holen konnten, optimiert. Das ist also das Ziel, bis wir die Pace wiedergefunden haben. Wir müssen uns einfach darauf konzentrieren, unsere Wochenenden zu maximieren und unseren Konkurrenten Punkte wegzunehmen. Und dann, wenn wir unsere Upgrades haben, wird das hoffentlich genug sein, um uns wieder in den Kampf zu bringen."
63 Punkte hinter Red Bull: Ferrari noch mit WM-Chancen?
Wenn man sich den WM-Stand ansieht, so ist eigentlich alles im Lot. Ferrari hat nach 14 Rennen im Vergleich zur Vorsaison 117 Zähler mehr auf dem Konto. Zudem liegt man nur 63 Punkte hinter Spitzenreiter Red Bull. Angesichts der Form des Weltmeisterteams ist dies auch kein unaufholbarer Rückstand, doch Ferrari fehlt schlicht die Form, um ein ernster WM-Kandidat zu sein.
"Ich denke, das Team hat die Saison und die erste Hälfte gut analysiert", sagt Leclercs Teamkollege Carlos Sainz. "Ich denke, es ist wichtig für uns, nach den Problemen, die wir mit unseren Upgrades hatten, diese vollständig zu verstehen und sicherzustellen, dass unsere nächsten Upgrades in die Richtung gehen, die wir wirklich brauchen."
"Denn es ist ganz klar, dass unsere Konkurrenten in dieser Hinsicht einen sehr guten Job gemacht haben. Sowohl Mercedes als auch McLaren haben uns und Red Bull in gewisser Weise überholt. Wenn wir wieder in den Kampf einsteigen wollen, müssen wir verstehen, warum wir nicht die Leistung gefunden haben, die wir uns von den Upgrades erhofft haben."
"Zwei bis vier Zehntel": Läuft Ferrari die Zeit davon?
Jedoch kann gerade die McLaren-Entwicklung Ferrari Mut machen. Zu Beginn des letzten Jahres fehlten dem Team aus Woking laut den Daten unseres Technologiepartners PACETEQ ganze 1,3 Sekunden pro Runde auf Spitzenreiter Red Bull. Seit Miami in dieser Saison ist den Daten nach zu urteilen im Schnitt kein Auto schneller als der MCL38.
"Die Dinge können sich sehr schnell ändern", weiß auch Leclerc, der im Vorjahr jedoch noch sagte, dass bis zum Ende der Regelperiode im Jahr 2025 wohl kein Team zu Red Bull aufschließen werde. "Das ist ziemlich ungewöhnlich, denn wenn man in der Formel 1 eine Lücke hat, dauert es normalerweise sehr lange, bis ein Team wieder zurückkommt."
"Aber in diesem Jahr hat McLaren große Schritte nach vorne gemacht, und das sehr schnell, was mich überrascht hat. Wir haben Mercedes, die in den letzten Rennen auch einige Schritte nach vorne gemacht haben. Unglücklicherweise sind wir das Team, das etwas mehr zu kämpfen hat, aber wir arbeiten daran. Ich bin sehr zuversichtlich, dass die Upgrades, uns einen Schritt nach vorne bringen."
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Wann genau das nächste große Ferrari-Update kommt, lässt Leclerc jedoch offen. Teamkollege Sainz fragt sich jedoch, ob es dann schon zu spät sein wird, um noch einmal voll in den Titelkampf einzusteigen: "Wir haben genau verstanden, was bei den wenigen Teilen, die nicht wie erwartet funktionierten, schiefgelaufen ist. Ob wir in der Lage sind oder genug Zeit haben, um diesen Zeitverlust rückgängig zu machen, muss sich erst noch zeigen."
"Das weiß ich nicht, denn ich weiß nicht, wie sehr sich die anderen entwickeln werden. Jetzt ist es eine Frage der reinen Logistik, ob wir die Zeit haben und die Kapazität, das Auto in den nächsten zehn Rennen um zwei bis vier Zehntel zu verbessern, um so schnell wie McLaren zu sein, denn ich denke, das ist mehr oder weniger der Unterschied, je nach Strecke", so der Spanier.