Carlos Sainz: Kein Siegerauto zu haben, ist für mich normal
Carlos Sainz spricht erstmals über seinen Wechsel zu Williams und erklärt, was ihn dabei motiviert hat und wer ihn letzten Endes überzeugt hat
(Motorsport-Total.com) - Carlos Sainz hat sich entschieden! Nach monatelangem Zögern verkündete der Spanier in der Sommerpause seinen Wechsel von Ferrari zu Williams in der Formel-1-Saison 2025. Vor dem Großen Preis der Niederlande spricht Sainz nun erstmals über den Wechsel und seine Gedanken hinter diesem Schritt.
Die Entscheidung selbst fiel laut ihm tatsächlich erst in Spa, doch ihm sei wichtig gewesen, dass es noch vor der Sommerpause passiert, damit er diesen Unsicherheitsfaktor abhaken kann. "Es waren schwierige sieben Monate in meiner Karriere", sagt er. Denn neben dem sportlichen Druck, bei Ferrari liefern zu müssen, kam natürlich noch der Druck der Entscheidung hinzu.
"Ich wollte zu 100 Prozent überzeugt sein, darum habe ich mir so viel Zeit gegeben", betont er. "Ich habe mich für Williams entschieden, weil ich von Beginn an ein sehr gutes Gefühl und sehr gute Gespräche mit ihnen hatte."
Zwar sprach Sainz in den vergangenen Monaten mit vielen potenziellen neuen Arbeitgebern, darunter Audi und Alpine, doch Williams sei dabei immer in seinem Hinterkopf gewesen.
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"Ich spüre, dass sie ein Team sind, das sich der Formel 1 mit einem sehr starken Projekt und einer sehr starken Führung verschrieben hat", so Sainz, "und der Wille, ein historisches Formel-1-Team mit so einem Lebenslauf wie Williams zurück an die Spitze zu bringen, das motiviert mich."
"Das hat mich schon motiviert, als ich zu McLaren gegangen bin, und als ich nach einem schwierigen Jahr 2020 zu Ferrari gegangen bin. Und es motiviert mich jetzt bei einem Projekt wie Williams. Ich kann es kaum abwarten, und ich denke, dass es ein paar interessante Jahre in meiner Karriere werden."
Gutes Bauchgefühl bei James Vowles
Ein gutes Gefühl habe er dabei auch von Eigentümer Dorilton Capital und vor allem Teamchef James Vowles bekommen, der ihn mit seiner Vision überzeugen konnte. "Er hat in der Hinsicht einen guten Job gemacht", lobt Sainz. "Ich denke, wir sind ähnliche Charaktere, weil wir beide sehr analytisch, sehr fair und offen sind. Er hat mich überzeugt, ganz einfach."
Er sagt, dass er in seinen Jahren in der Formel 1 gelernt habe, auf sein Bauchgefühl bei Leuten zu vertrauen, und erinnert dabei an seine frühere Station McLaren: Da habe er bei seinem Abschied das Gefühl gehabt, dass das Team auf dem Weg nach oben sei und in Zukunft erfolgreich sein würde.
"Nachdem ich mit Zak Brown und Andrea Stella gearbeitet habe, habe ich gesagt, dass sie vielleicht nicht nächstes oder übernächstes Jahr gewinnen werden, aber dass das Team mit diesen Leuten bald gewinnen würde", meint er. "Und vier Jahre später performen sie auf einem unheimlich hohen Niveau."
Genau das gleiche Gefühl habe er nun bei den Leuten und der Kultur bei Williams: "Und ich muss diesem Gefühl vertrauen. Und dem habe ich mich verpflichtet."
Kein Siegerauto zu haben, ist normal
Allerdings wird es für Sainz erstmals in seiner Karriere einen deutlichen Schritt nach hinten gehen. Denn ein Topteam wie Ferrari ist Williams schon lange nicht mehr. Auf regelmäßige Podestplätze und Punkteplatzierungen darf er bei seinem neuen Team nicht schauen. Die Realität: Williams holte 2024 bislang vier Punkte und ist Vorletzter.
Wird es für ihn als Fahrer schwer, sich darauf einzustellen? "Nein, nein", winkt er ab. "Denn von den zehn Saisons in der Formel 1 habe ich in acht nicht um Siege gekämpft, sondern nur in zwei oder drei. Ich habe also länger nicht um Siege gekämpft als dass ich um Siege gekämpft habe."
Für ihn gehe es in der Formel 1 vor allem darum, das Maximum aus dem Auto zu holen. "Das Ergebnis hängt nicht nur vom Fahrer ab, sondern auch vom Auto, und es geht darum, wie ich Williams helfen kann, das Projekt nach vorne zu bringen. Und das motiviert mich."
"Ich möchte gehört werden und das Gefühl haben, dass ich helfen kann", betont er. "Und das in einem so historischen Team wie Williams, das eine klare Vision hat und das Team wieder mit einem klaren Investment nach vorne bringen möchte. Das war wichtig für mich."
"Ich weiß, dass wir 2025 vielleicht keine Siege oder Podestplätze holen werden, aber ich denke, dass wir trotzdem einen guten Job machen können."
Damit ist das Thema Williams für ihn aber erst einmal abgehakt. Jetzt möchte sich Sainz auf die letzten zehn Rennen mit Ferrari konzentrieren. "Es wird danach viel Zeit geben, über Williams nachzudenken und zu reden", sagt er. "Ich hoffe, dass ihr mich nicht neun weitere Rennen dazu fragt, denn die Entscheidung ist gefallen."